Hamburg. Asklepios-Kardiologe klagt gegen Entzug der Approbation wegen Abrechnungsbetrugs. Was für ihn spricht – und was gegen ihn.
Wenn ein renommierter Arzt des tausendfachen Betrugs überführt ist, schwindet das Vertrauen in ihn. Wie stehen seine medizinischen Verdienste dagegen? Der brisante Fall des Hamburger Herz-Professors Karl-Heinz Kuck (Asklepios St. Georg) bewegt die Patienten und die Experten. Fast jeder achte Job in der Stadt hat mit dem Gesundheitswesen zu tun. Asklepios ist der größte Arbeitgeber Hamburgs und hat eine Verantwortung für Patienten und Mitarbeiter. Gleichzeitig ist die Stadt mit 25,1 Prozent beteiligt und sitzt im Aufsichtsrat.
Nun hat die Behörde von Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) dem international angesehenen Arzt Kuck die Approbation entzogen – wogegen er nicht nur vor dem Verwaltungsgericht klagt. Auch formiert sich hinter dem Mann, der Helmut Schmidt und David Bowie sowie Tausende Kassenpatienten behandelte, eine Phalanx von prominenten Unterstützern.
Auf die Causa Kuck schaut ganz Hamburg
Viele kommen aus dem UKE wie Prof. Hermann Reichenspurner. Dort arbeitete Kuck viele Jahre. Und in Eppendorf war auch viele Jahre ein Mann tätig, der heute an der Senatsspitze sitzt: Peter Tschentscher, habilitierter Arzt. Man könnte sagen: Auf die Causa Kuck schaut Hamburg.
Das fängt bei den Patienten an. In Dutzenden Zuschriften an das Abendblatt fragen sich Leserinnen und Leser, ob das Berufsverbot für Prof. Kuck gerechtfertigt ist, weil er seine Schuld beim Abrechnungsbetrug eingestanden, das Urteil akzeptiert (ein Jahr Gefängnis auf zwei Jahre Bewährung, 100.000 Euro Geldstrafe) und das Honorar zurückgezahlt hat.
Patientin Donna G. schreibt: „Dieser begnadete Arzt hat mir zu einem Leben ohne gravierende Herzbeschwerden verholfen. Es ist ein Skandal ersten Ranges, diese Koryphäe mit dem Entzug seiner Approbation zu bestrafen. Dieser Mann hat Tausenden Kranken ein besseres Sein ermöglicht. Das wiegt auf jeden Fall erheblich schwerer als sein Abrechnungsbetrug, den er bereits ausgeräumt hat.“
Kuck wird vorgeworfen, dass er Behandlungen von Ärzten seines Teams machen ließ, sie aber über seine „persönliche Ermächtigung“ der Kassenärztlichen Vereinigung abrechnete. Patienten wie Sylvia R. schreiben, sie seien in einem anderen Krankenhaus gegen die Vereinbarung auch nicht vom Professor behandelt worden. „Den habe ich nie gesehen. Aber mit seiner Oberärztin war ich sehr zufrieden. Ich hoffe nur, dass er sein Honorar an sie abgeführt hat.“ Leser Vanja M. schreibt mit Verweis auf eine unglücklich verlaufene Krankengeschichte: „Darf man aufgrund solcher Verdienste ein Auge zudrücken, wenn dieser Mann immer mal wieder ein bisschen mehr abkassiert als ihm zusteht?“
Hat Senatorin Prüfer-Storcks die Wirkung des Approbationsentzuges unterschätzt?
Ärzte wundern sich, wie es sein könne, dass sich Kuck neben seinem Gehalt große Summen an privaten Honoraren erarbeitete, während beispielsweise die Honorare der Niedergelassenen stagnierten. Soll an Kuck ein Exempel statuiert werden?
Senatorin Prüfer-Storcks will einerseits Härte zeigen. Hamburg sieht sich seit Jahren als Vorreiter bei der Bekämpfung von Fehlverhalten in der Gesundheitsbranche. Andererseits hat sie die Wirkung des Approbationsentzuges möglicherweise unterschätzt. Aus ihrer Behörde kam wiederholt der Hinweis, man äußere sich nicht „zu konkreten Approbationsverfahren“. Mit dem Fall betraute Menschen sprechen von „Maulkorb“. Jetzt heißt es, die Behörde lege bei ihren Entscheidungen Maßstäbe an, die „durch Gerichtsurteile vorgegeben sind“. Heißt: Kuck musste die Zulassung verlieren.
Kuck äußerte sich in einer Mail an seine Unterstützer voller Dank
Wie schwer wiegt die Verurteilung Kucks vor zwei Jahren, die durch die Veröffentlichung des Abendblattes publik wurde? Aus Justizkreisen ist zu hören, es gehe um eine enorme Zahl an Fällen – mehrere Tausend binnen drei Jahren. Die rechnete der Kardiologe ab, ohne sie gemacht zu haben.
Für gewöhnlich wird am Ende des Quartals unterschrieben. Ärzte sagen, Asklepios habe eine Verantwortung gegenüber Kuck gehabt. Offiziell heißt es aus dem Krankenhaus-Konzern: „Der Entzug der Approbation von Prof. Kuck ist ein persönlicher Vorgang zwischen ihm und der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz, ohne Beteiligung von Asklepios. Er ist die Folge seines Strafbefehls und ist als solches unabhängig von seiner unbestritten hervorragenden medizinischen Leistung, welche vollkommen außer Frage steht.“ In einer internen Mail aus der Klinikleitung des AK St. Georg heißt es: Kuck werde zwar zum 30. Juni 2019 ausscheiden. Er habe aber „nicht wenigen in scheinbar ausweglosen Situationen das Leben gerettet“. Kuck habe sich „zu jedem Zeitpunkt“ für seine Patienten eingesetzt. Ein Mega-Lob für einen strafrechtlich Verurteilten.
Kuck äußerte sich in einer Mail an seine Unterstützer voller Dank: Der Protestbrief der Professoren an Prüfer-Storcks habe „Mut und Zivilcourage gezeigt“. Er bedauere den Abrechnungsfehler. „Es war nie meine Absicht, mich persönlich zu bereichern.“