Hamburg. Prof. Karl-Heinz Kuck geht gegen den Entzug seiner Zulassung juristisch vor – prominente Ärzte solidarisieren sich.

Das Verfahren zum Entzug der Approbation von Prof. Karl-Heinz Kuck (Asklepios-Klinik St. Georg) hat für einen Aufschrei unter prominenten Hamburger Krankenhausärzten gesorgt. In einem Brief an Gesundheits­senatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) beklagen Top-Mediziner von As­klepios, dem UKE und anderen Kliniken, dass man „so mit einem herausragenden Mediziner“ nicht umgehen könne.

Der Kardiologe behandelte unter anderem Helmut Schmidt und David Bowie. Er gilt als einer der führenden Herzexperten weltweit. Die wissenschaftlichen Verdienste und die praktische Arbeit Kucks, so die Ärzte, würden jetzt in ein schlechtes Licht gerückt.

"Da wird eine Lebensleistung in den Dreck gezogen"

Kuck habe einen Fehler gemacht, den man nicht bagatellisieren wolle. Aber der stehe in keinem Verhältnis zur angedrohten Strafe. Kuck habe das zu Unrecht erhaltene Honorar komplett zurückgezahlt. Patienten seien nicht gefährdet gewesen. Ein Unterzeichner sagte dem Abendblatt, es sei ein Skandal, dass sich die Behörde so viel Zeit lasse mit dem Verfahren. „Da wird eine Lebensleistung durch den Dreck gezogen. Da wird eine Existenz vernichtet.“ Eine Antwort aus der Behörde haben die Ärzte nach eigenen Angaben nie erhalten.

Karl-Heinz Kuck fühle sich von seinem Arbeitgeber Asklepios und der Behörde ungerecht behandelt, heißt es aus dem Umfeld des bekannten Kardiologen. Die beanstandeten Abrechnungen seien jeweils Vordrucke der Klinik gewesen, die er quartalsweise unterzeichnet habe. Dass er die Behandlung der Betroffenen überhaupt an andere Ärzte delegiert habe, sei in der Regel nur deshalb geschehen, weil Kuck als Chefarzt bei Notfalloperationen gebraucht worden sei.

„Man kann den wartenden Patienten dann ja nicht sagen, sie sollten fünf Stunden warten, bis Herr Kuck wieder verfügbar ist“, sagt ein Vertrauter. „Es ist niemand zu Schaden gekommen, und Herr Kuck hat sich nicht bereichert.“

Abrechnungsbetrug: Eine "rote Linie" überschritten?

Aus dem Umfeld des Arztes sind jedoch auch Stimmen zu hören, nach denen Kuck in seiner Karriere zwar „mehrere kleine medizinische Wunder“ geschafft, aber mit dem Abrechnungsbetrug auch eine „rote Linie überschritten“ habe. Auch wenn es medizinisch keine Zweifel an seiner Kompetenz gebe, sei der Entzug der Approbation vertretbar.

Ein Sprecher von Asklepios wollte sich zu dem Entzug der Approbation nicht äußern, betonte aber, dass der Klinikkonzern an dem Vorgang nicht beteiligt sei. In einer Stellungnahme von Kuck und seinen Anwälten wird auf das Verfahren verwiesen. Kuck gehe weiterhin seinem Beruf nach – das kann er, weil sein Widerspruch aufschiebende Wirkung hat. „Für ihn steht an erster Stelle, seinen Patienten auch weiterhin die bestmögliche medizinische Versorgung zukommen zu lassen“, heißt es weiter.

Prof. Kuck: Was die Ärztekammer sagt

Nach Abendblatt-Informationen gab es nach dem Strafbefehl vor zwei Jahren gegen Kuck wiederholt Spannungen zwischen dem Arzt und Asklepios. Sein Vertrag war vorher noch über das Rentenalter hinaus verlängert worden. Nun einigte man sich darauf, dass sein Vertrag zur Mitte 2019 aufgelöst wird. Man habe bereits einen „ausgesprochen renommierten Nachfolger“ gefunden, hieß es in einer Mitteilung des AK St. Georg an die Mitarbeiter, die dem Abendblatt vorliegt. Der Anwalt von Kuck, Matthias Prinz, sagte, sein Mandant prüfe derzeit „mehrere Optionen“ für seine berufliche Zukunft.

Ärztekammer-Präsident Prof. Frank Ulrich Montgomery berichtete dem Abendblatt über eine Delegiertenversammlung, bei der die einhellige Meinung geherrscht habe: Mit Kuck werde ein übles Spiel gespielt. Die Ärzte wollen den Abrechnungsbetrug nicht kleinreden, für den Kuck einen Strafbefehl akzeptiert hat (ein Jahr auf Bewährung, 100.000 Euro Geldstrafe). Doch ein Entzug der Approbation und das über zwei Jahre hingezogene Verfahren seien „unwürdig“, so die Ärzte. Einige sagten, sein Arbeitgeber hätte Kuck schützen müssen.

Kuck hat wegen seiner selbstbewussten Art nicht nur Freunde in der Hamburger Ärzte-Szene. Aber: „Wenn Helmut Schmidt noch leben würde oder Henning Voscherau und Günter Grass – das gäbe einen Aufschrei in der Stadt“, sagte ein Unterzeichner des Briefes an die Senatorin. Kuck hatte neben „normalen“ Patienten zahlreiche Prominente behandelt, darunter auch David Bowie, der bei einem Konzert in Scheeßel auf der Bühne zusammengesackt und nach St. Georg gebracht worden war.

Öffentlich äußern wollte sich nur Prof. Thomas Meinertz (ehemals UKE), der wie Kuck zu den Kardiologie-Koryphäen zählt. „Nach meinem Kenntnisstand rechtfertigen die Vorwürfe überhaupt nicht, dass man ihm die Approbation entzieht.“