Buenos Aires. Nach der Auszeichnung als Global Active City sieht sich die Stadt in einer Vorreiterrolle. Bis 2020 wird ein Masterplan umgesetzt.

Es war eine Stadtrundfahrt der sportlichen Art, die Innen- und Sportsenator Andy Grote (50, SPD) am Sonntagmorgen in Buenos Aires mit seinem Büroleiter Björn Domroese und Jonas Leder (beide 37) vom Sportamt antrat. Vier Stunden lang zeigten die Gastgeber der dritten Olympischen Sommerjugendspiele, warum die argentinische Hauptstadt als eine von sechs Standorten der Welt als Global Active City ausgezeichnet worden war.

Argumente dafür hatten die vielen breiten Fahrradwege geliefert, ein 7,5 Hektar großer BMX- und Inline-Skaterpark, zahlreiche frei zugängliche Kletterwände, die Fußballstadien, Südamerikas einziger innerstädtischer Golfplatz, dazu weiträumige Anlagen für Tennis, Polo und Rugby. „Das war schon beeindruckend“, sagte Grote. In Buenos Aires wird zudem jährlich Südamerikas größter Marathon gelaufen.

Zertifizierung gilt für vier Jahre

Sportsenator Andy Grote (SPD)
Sportsenator Andy Grote (SPD) © Andreas Laible | Andreas Laible

Hamburg muss sich hinter diesem umfangreichen Angebot an die Bevölkerung keinesfalls verstecken, und der Stadt war deshalb vom Weltbreitensportverband Tafisa (Trim and Fitness International Sport for all Association) ebenfalls mit Urkunde bescheinigt worden, eine Global Active City zu sein – wie auch Liverpool (England), Richmond (Kanada), Ljubljana (Slowenien) und dem Olympiaort Lillehammer (Norwegen). „Es freut mich, dass mit Hamburg eine deutsche Stadt unter den ersten ausgezeichneten Orten ist“, sagte Thomas Bach, Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), dem Abendblatt.

„Das Active-City-Programm ist vom IOC von Beginn an unterstützt worden. Allen Menschen Sport und Bewegung ohne Diskriminierung zu ermöglichen, ist ein Grundrecht.“ Bach hatte am Freitagabend den hochrangigen Vertretern der sechs Städte im Convention Center von Buenos Aires persönlich gratuliert. Die Zertifizierung gilt für vier Jahre, kann aber beliebig oft verlängert werden, wenn der umfangreiche Kriterienkatalog weiterhin erfüllt wird.

Regelmäßige Treffen der sechs Global Active Cities

„Die sechs Städte haben Pionierarbeit geleistet. Ihnen kommt jetzt die Aufgabe zu, die Idee der Global Active City rund um den Globus zu verbreiten und für sie zu werben“, sagte Wolfgang Baumann. Hamburg, glaubt der Generalsekretär der Tafisa, werde „dadurch weltweit noch bekannter und anerkannter, als es bereits ist“. Der erste Termin der Promotion-Tour steht fest. Im November werden voraussichtlich Sportstaatsrat Christoph Holstein und Fachreferent Leder auf Einladung des chinesischen Sportministeriums Repräsentanten von 25 Städten Hamburgs Programm und Pläne näherbringen.

Am Sonnabend hatten die sechs Global Active Cities verabredet, sich künftig regelmäßig zu treffen, ihre Erfahrungen auszutauschen, gemeinsam weitere Standards zu entwickeln. Grote bot an, das erste Treffen 2019 in Hamburg auszurichten. „Was uns allen allerdings noch fehlt, ist eine Matrix, wie wir den Erfolg unserer Maßnahmen überprüfen, ob die Menschen wirklich aktiver werden und länger gesund bleiben“, sagte der Senator zu diesem Thema.

Vorstellen könne er sich, das vorhandene Screening an den Grundschulen umfangreicher auszuwerten. Seit einigen Jahren absolvieren Hamburger Zweit- oder Drittklässler einen kurzen Hindernisparcours, der Beweglichkeit, Schnelligkeit und Koordination testet. Diese Aktion später im Schulleben zu wiederholen, könnte eine mögliche Erfolgs­­kontrolle sein.

Bewegungsmangel Grund für viele Krankheiten

Die Ausgangslage der Städte ist allerdings unterschiedlich. Liverpool zum Beispiel verordnete sich mehr Sport, als Mediziner die stark wachsende Zahl sogenannter Zivilisationserkrankungen wie Herz-Kreislauf-Beschwerden und Diabetes in der Stadt beklagten, die auf Bewegungsmangel zurückzuführen sind. Lillehammer wiederum beherbergt die Leistungszentren des norwegischen Winter- sports.

Bei allem Lob für Hamburgs Infrastruktur, die Aktivitäten und die sport­liche Begeisterung seiner Einwohner wünschte sich die Tafisa eine stärkere Einbindung des Gesundheitswesens in die Active-City-Strategie. Das Netzwerk des Sports zu vergrößern, neue Partner zu finden, sei aber ohnehin eines der Ziele der nächsten Jahre, sagte Grote. Jürgen Mantell, der Präsident des Hamburger Sportbundes (HSB), pflichtete ihm in seiner Glückwunschadresse bei: „Die hohe Auszeichnung Global Active City sollte als Auftrag an alle Akteure des Sports in Hamburg begriffen werden, weiter für den Sport zu kämpfen.“

Hamburg versteht seinen Masterplan Active City umfassender als andere Städte. Neben Schul-, Breiten- und Gesundheitssport sowie der Verbesserung der Infrastruktur, wofür die Stadt zwischen 2011 und 2020 fast eine halbe Milliarde Euro ausgegeben haben wird, bleiben Spitzensportveranstaltungen ein zentraler Baustein des Gesamtkonzepts.

Grote will Bewerbung für European Championships

In Buenos Aires diskutierten Vertreter ehemaliger und künftiger Olympia-Ausrichter über Nutzen und Risiken dieser Megaevents. Mit dem US-Amerikaner Chris Dempsey, Mitbegründer der No-Boston-Olympics, kam dabei auch ein Olympiagegner zu Wort. Grote, der die Diskussion im Saal verfolgte, schlug danach vor: „Künftig sollten sich nur Städte beim IOC um Olympia bewerben dürfen, die zuvor als Active City zertifiziert worden sind.“

Der Senator wollte damit keineswegs einer neuen Olympiabewerbung das Wort reden. Auch Olympischen Jugendspielen, die am Sonnabend in Buenos Aires feierlich und fröhlich eröffnet wurden, erteilte er eine Absage. „Die öffentliche Aufmerksamkeit ist leider zu gering“, sagte Grote. Die aus städtischer Sicht dafür notwendige mediale Aufmerksamkeit sei nicht gegeben. Vielmehr könne er sich mit dem Gedanken anfreunden, dass Hamburg 2022 Teil der European Championships wird, die im August dieses Jahres in Glasgow und Berlin (Leichtathletik-EM) erfolgreich Premiere feierten.

Grote: „Wir werden dafür sicherlich kein neues Leichtathletikstadion bauen, aber für fast alle anderen Sportarten hätten wir Wettkampfstätten, die hohen Anforderungen genügen.“ Berlin und Rom hatten zuletzt ebenfalls Interesse an der Zweitauflage bekundet. Beide Städte wären in der Lage, das komplette Programm auszurichten.