In Buenos Aires trifft sich in den nächsten zwei Wochen die Jugend der Welt. Die Veranstaltung ist umstritten
Ein Sportverband, der etwas auf sich hält, erfindet heutzutage neue Wettbewerbe. Am kreativsten sind dabei, wie sollte es anders sein, die Fußballer. In dieser Saison beglücken sie uns mit der Nation League, demnächst mit einer weiteren Europa League. Eine Werbeplattform mehr kann ja nicht schaden. Das Produkt Fußball scheint den multimedialen Overkill bislang jedoch gut verkraften zu können.
Auch das Internationale Olympische Komitee (IOC) war in der Vergangenheit nicht träge. Am Sonnabend werden im Zentrum der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires nach 2010 in Singapur und 2014 im chinesischen Nanjing zum dritten Mal Olympische Jugendspiele eröffnet, die der Sommer-Wettbewerbe. Im Winter traf sich die Jugend der Welt bisher in Innsbruck (2012) und Lillehammer (2016/Norwegen). Für das Jahr 2020 lädt Lausanne (Schweiz) ein. Mitmachen dürfen 14- bis 18-Jährige.
Das Projekt ist nicht unumstritten. Ingrid Unkelbach, Leiterin des Olympiastützpunkts Hamburg/Schleswig-Holstein, fällt es schwer, sich mit diesen Weltspielen anzufreunden. Wer am Anfang der Karrieren junger Sportler solche emotionalen Höhepunkte setzt, laufe Gefahr, langfristige Laufbahnplanungen zu konterkarieren, zu früh zu viel Druck aufzubauen. Zwar gibt es längst kontinentale und globale Jugendmeisterschaften – das Zauberwort Olympia indes entfacht eine ganz andere Bedeutung. Da nützt der Hinweis wenig, dass es sich um Jugendspiele handelt. Und weil wir wissen, was ehrgeizige Sportler für Olympische Spiele alles (unter)nehmen, gesellen sich auch diese Bedenken hinzu. Bislang erwiesen sich Letztere aber als unbegründet.
Fragt man die Sportler, erhält man ganz andere Antworten. Für sie sind Olympische Jugendspiele ein erstes Highlight, Motivation und Belohnung zugleich, sich der täglichen Trainingsfron zu unterwerfen. Entsprechend groß ist die Freude, in Deutschland zu den 75 Nominierten zu gehören. Vier Hamburger, zwei Schwimmer und zwei Segler, sind unter ihnen.
Das IOC, das ist zu loben, ist sich seiner Verantwortung für den Nachwuchs sehr bewusst. Bei Jugendspielen werden keine Nationalflaggen gehisst, keine Nationalhymnen gespielt, bei Siegerehrungen wird die olympische Flagge hochgezogen und die olympische Hymne intoniert. Medaillenspiegel entfallen, die oft schändliche nationale Aufladung des Ereignisses soll vermieden werden. 3500 Sportler und 875 Betreuer sind zugelassen, ein Drittel des Kontingents Olympischer Sommerspiele.
Eine Stätte der Begegnung, eine Spielwiese möchten die Jugendspiele sein – ein Experimentierfeld des IOC. In Buenos Aires zum Beispiel werden Handball und Fußball durch Beachhandball und Futsal ersetzt. Neu sind Breakdance, Inline-Speedskating, Sportklettern, Karate und Akrobatik. Was davon gefällt, darf auf Aufnahme ins olympische Programm hoffen. Ein bei Jugendspielen getestetes Format hat es bereits geschafft – die Mixed-Wettkämpfe, Staffeln, Mannschaftswettbewerbe mit Frauen und Männern. Das kommt überall gut an. Und ein weiteres Experiment steht 2022 an. Das IOC traut sich das erste Mal auf den afrikanischen Kontinent, hat die Jugendspiele in den Senegal vergeben.
Olympische Spiele, auch der Jugend, bleiben ein Schaufenster der Stadt und des Landes. Weil diese Art der Darstellung in der Vergangenheit meist Kostenexplosionen verursachte, diese Veranstaltungen deshalb westlichen Gesellschaften nur noch schwer zu vermitteln sind – siehe den Hamburger Volksentscheid 2015 –, wünscht sich das IOC gerade bei den Jugendspielen bauliche Zurückhaltung, betont den Wunsch, keine neue Sportstätten zu errichten. Buenos Aires hat sich nicht daran gehalten, sein Budget gnadenlos überzogen.
Und weil die ambitionierten Argentinier 2013 alles auf Dollarbasis kalkulierten, der Peso gegenüber der US-Währung aber inzwischen dramatisch an Wert verloren hat, ist genau jene Diskussion vorgezeichnet, die das IOC mit seinen Maßnahmen tunlichst vermeiden wollte – eine über Finanzen, Geltungsdrang und Gigantismus.
Olympia scheint diesem Teufelskreis irgendwie nicht entfliehen zu können.