Hamburg. Nach Millionen-Minus sucht der Aufsichtsrat einen neuen Gesellschafter. „So gäbe es eine große Chance, die Einrichtung in Hamburg zu halten“.

Seit sechs Jahren versucht die Stadt Hamburg, ihr traditionsreiches Berufsförderungswerk (BFW) in Farmsen am Leben zu erhalten. Doch alle Sparmaßnahmen, Schrumpfkuren, Immobilienverkäufe und die Umstrukturierung des BFW in die Perspektiv-Kontor Hamburg GmbH (PepKo) haben die bekannte Einrichtung, in der Zehntausende Menschen eine berufliche Qualifizierungs- oder Reha-Maßnahme durchlaufen haben, nicht in die schwarzen Zahlen gebracht.

Im Gegenteil: Von 2015 bis 2017 hat sich das Minus der PepKo auf 1,7 Millionen Euro verdreifacht.

Chance, Einrichtung in Hamburg zu halten

Daher geht die Stadt nun einen anderen Weg. Nach Abendblatt-Informationen hat der PepKo-Aufsichtsrat unter Führung der neuen Sozialstaatsrätin Petra Lotzkat am Freitag grünes Licht für den Verkauf der Gesellschaft gegeben. Die Hoffnung ist, dass einer der großen Betreiber von Berufsförderungswerken in Deutschland zugreift und sich dadurch Zugang zum norddeutschen Markt verschafft. Dort gilt die PepKo mit ihren Tochtergesellschaften Berufsförderungswerk, Berufsbildungswerk, Berufliches Trainingszen­trum und Ausblick Hamburg und ihren insgesamt gut 500 Mitarbeitern noch als Platzhirsch.

„Mit einem neuen Gesellschafter gäbe es eine große Chance, diese wichtige Einrichtung und ihre Mitarbeiter am Standort Hamburg zu halten“, bestätigte Marcel Schweitzer, Sprecher der Sozialbehörde, gegenüber dem Hamburger Abendblatt die Verkaufspläne. Zu den Gründen für die Schieflage sagte er: „Als Stadt haben wir keinen Einfluss auf die Nutzung der Angebote des BFW und der gesamten Unternehmensgruppe. Diese aus Kostengründen weiter auszudünnen macht aber wirtschaftlich auch keinen Sinn.“

Schwerpunkt des BFW und seiner Tochtergesellschaften ist die berufliche Rehabilitation kranker, behinderter und von Behinderung bedrohter Menschen – durch Ausbildung, Qualifizierung, Beratung und Vermittlung.

Die Einrichtung in Farmsen gehört zwar der Stadt, doch über die Nutzung der Angebote – und damit die Finanzierung der PepKo – entscheiden andere, etwa die Bundesagentur für Arbeit, die Rentenversicherungen oder die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung und ihre jeweiligen Berufsgenossenschaften.

Und bei denen hat in den vergangenen Jahren ein Sinneswandel stattgefunden: Statt psychisch oder körperlich Kranke außerhalb ihres Berufs in jahrelangen Maßnahmen zu rehabilitieren oder umzuqualifizieren, geht man verstärkt zu kürzeren Maßnahmen über – mit dem Ziel, die Betroffenen möglichst rasch wieder ins Berufsleben integrieren zu können. Daher gingen die Belegung und damit die Umsätze der PepKo-Unternehmen immer weiter zurück.

Und das liegt auch an der Eigen­tümerstruktur: Während nur in Hamburg das Land alleiniger Gesellschafter des BFW ist, sind es bei den Wettbewerbern in der Regel Stiftungen oder kirchennahe Organisationen – und fast immer ist auch eine Rentenversicherung oder eine Berufsgenossenschaft unter den Gesellschaftern und sorgt daher schon aus Eigeninteresse für eine Belegung der Einrichtung.

Im Jahr 2013 musste das BFW Hamburg daher schon einmal Insolvenz anmelden, die jedoch 2014 beendet wurde. Von den knapp 50 Millionen Euro Schulden wurde ein Teil durch Verkauf von Grundstücken in Farmsen für den Wohnungsbau abgebaut – zudem wurde massiv Personal abgebaut und alle Gesellschaften unter dem Dach der PepKo zusammengefasst. An dem Grund­problem änderte sich jedoch nichts. Die Wende zum Guten soll nun der Eigentümerwechsel bewirken.