Differenzierte Ausbildungsmodelle sollen die Lehrberufe in den Rathäusern attraktiver machen. Auch ältere Menschen bewerben sich.

In einigen Rathäusern in Stormarn machen sich die Personalverantwortlichen in Bezug auf den Fachkräftebedarf Sorgen. Einer, der von diesem Problem ein Lied singen kann, ist Stefan Teich. Er ist Ausbildungsleiter bei der Stadt Bad Oldesloe: „In den nächsten Jahren werden viele Kollegen gehen, das Durchschnittsalter liegt bei 48 Jahren.“ Und in der Kreisstadt wie anderenorts fehlt es an geeigneten Bewerbern für freie Stellen. Nun reagieren die Verwaltungen, erweitern ihr Ausbildungsangebot. Die Oldesloer bieten, wie Jahre zuvor, wieder einen Dualen Studiengang an.

Verwaltungsfachkräfte fehlen im gesamten Bundesgebiet

Ähnliche Probleme hat auch die Kreisverwaltung. Dort müssen bis 2025 rund zwei Drittel der Belegschaft ersetzt werden. Denn nach einer internen Prognose gehen von 679 Mitarbeitern, die zu Jahresbeginn beschäftigt waren, 223 in den Ruhestand. Bedingt durch Fluktuation wird sogar damit gerechnet, dass 426 Stellen neu besetzt werden müssen. Solche Sorgen haben viele Verwaltungen in Deutschland. In einer aktuellen Studie kommt die Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers zu dem Schluss, dass im Jahr 2030 rund 231.000 Verwaltungsfachkräfte fehlen werden.

Was tun? „Wir versuchen, mehr auf die Wünsche unserer Bewerber einzugehen“, sagt Larissa Bebensee. Die Fachdienstleiterin Personal des Kreises sagt, dass sie im mittleren Dienst sowohl Verwaltungsfachangestellte ausbilden, aber auch Kreissekretäranwärterinnen ernennen. Kreissekretäranwärter schlagen eine Beamtenlaufbahn ein und benötigen zwei Jahre bis zum Abschluss, während Verwaltungsfachangestellte im Angestelltenverhältnis arbeiten und drei Jahre lernen. „Personalwirtschaftlich ist es für uns als Verwaltung vorteilhaft, wenn wir beide Möglichkeiten für den mittleren Dienst anbieten: Die Absolventen sind zu unterschiedlichen Zeiten für uns verfügbar. Insbesondere, wenn die Ausbildung auf zweieinhalb Jahre verkürzt wird“, so Bebensee.

Bei der Ausbildung steht Qualität vor Quantität

Für 2017 stellte der Kreis für den mittleren Dienst vier Plätze zur Verfügung. Die Zahl der Kreisinspektoranwärter, die Laufbahn für den gehobenen Dienst, wurde um zwei Stellen auf sechs angehoben. Bebensee sagt: „Wir wollen im Bereich der Auszubildenden aufstocken. So wollen wir dem Fachkräftemangel entgegenwirken.“

Das zahlt Bad Oldesloe seinen Angestellten

Verwaltungsfachangestellte im Bürgerbüro verdienen anfangs 2343 Euro. Nach 15 Jahren erhalten sie 2864 Euro. Im Ordnungsamt bekommt ein Berufsanfänger 2711 Euro und 3865 Euro nach 15 Jahren im Job.

Bachelor-Absolventen verdienen als Sachbearbeiter im Bereich Finanzen schon 2798 Euro im Monat und nach 15 Jahren sind es 3500 Euro. Ein Sachbereichsleiter verdient zunächst 3542 Euro, nach 15 Jahren Beruf sind es 4800 Euro.

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Auch Doris Bahr, Ausbildungsleiterin der Stadt Glinde, weiß um die Pro­bleme: „Es gab mal mehr Verwaltungsfachangestellte als Stellen, das hat sich gewandelt.“ Glinde bildet dieses Jahr einen Lehrling aus. Auf die Frage, ob die Stadt künftig mehr Plätze anbietet, sagt Bahr: „Uns fehlen die räumlichen Kapazitäten. Die Ausbildungen müssen koordiniert werden. Wir hatten aber auch schon zwei Auszubildende pro Lehrjahr.“ Bahr setze mehr auf Qualität als auf Quantität. Miriam Benkert (17) ist eine dieser Azubis. Sie sagt: „Ich habe zwei Wochen ein Praktikum in der Reinbeker Verwaltung absolviert. Da wusste ich, das will ich machen.“

Ähnlich geht es auch den Lehrlingen in Bad Oldesloe. Die vier Azubis sind deutlich älter als Miriam Benkert. „Man kann fast von einem Trend sprechen. In den vergangenen Jahren haben sich vermehrt ältere Bewerber an uns gewandt, die sich besser präsentieren konnten“, sagt Stefan Teich, Ausbildungsleiter der Stadt. 15 bis 20 Prozent seien keine klassischen Schulabgänger mehr. Zu ihnen zählt Christiane Sukowski (45). Sie sagt: „Ich bin eine ausgebildete Versicherungskauffrau.“ Nach einer Elternpause sei der Wiedereinstieg in diesen Job schwer gewesen.

Bad Oldesloe präsentiert sich „modern und sozial“

Als „modern und sozial“ bezeichnet sie das Angebot der Stadt an sie, eine Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten in Teilzeit zu absolvieren. Das bedeutet: 25 Wochenstunden, die Ausbildungszeit liegt bei den üblichen drei Jahren. „Ich freue mich auf die neuen Aufgaben. Die Vielfältigkeit macht diesen Beruf sehr attraktiv“, sagt die einzige Frau unter den Oldesloer Azubis. Sukowski ist mittlerweile die siebte Teilzeit-Auszubildende der Verwaltung. Ein Projekt, das sich offenbar rentiert. Ausbildungsleiter Teich sagt, bis jetzt hätten alle Teilnehmer sehr gute Ergebnisse erzielt und seien hoch motiviert.

Die Auszubildenden der Stadt Bad Oldesloe (v. l.): Julian Albrecht, Christiane Sukowski, Lars Bergmann und Ausbildungsleiter Stefan Teich
Die Auszubildenden der Stadt Bad Oldesloe (v. l.): Julian Albrecht, Christiane Sukowski, Lars Bergmann und Ausbildungsleiter Stefan Teich © HA | Chiara Schmitz

Zu den neuen Auszubildenden der Kreisstadt zählt auch Lars Bergmann. Der 31-Jährige macht eine Umschulung zum Verwaltungsfachangestellten. Er erzählt: „Ich war Kaufmann für Versicherungen und Finanzen, musste meine Stelle im Außendienst aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. Jetzt mache ich über die Deutsche Rentenversicherung und das Berufsförderungswerk Hamburg die Umschulung.“ Sie dauert nur zwei Jahre. Stefan Teich ist begeistert: „Für uns als Stadt ist das Neuland.“

Nach zwei Jahren zurück in den Berufsalltag

Julian Albrecht (27) absolvierte eine Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten bei der Stadt Bad Oldesloe. Er hat nun ein Duales Studium zum Bachelor der Allgemeinen Verwaltung angefangen. Dabei wird er nach einem zweiwöchigen Einführungspraktikum für ein Jahr zum Studium an die Fachhochschule für Verwaltung und Dienstleistung nach Altenholz gehen. „Wir haben diese Alternative nach Jahren wieder angeboten. Wir bekommen kein ausreichend ausgebildetes Personal mehr“, sagt Ausbildungsleiter Teich. Ein Problem sei, junge Leute für Verwaltungsberufe zu begeistern. „Viele schließen an ihren Abschluss weitere Schulbesuche oder ein Studium an. Sie haben Ausbildungen zum Teil nicht im Kopf.“ Deswegen versuche die Stadt Bad Oldesloe, eng mit den Schulen zusammenzuarbeiten. Stefan Teich sagt: „Ein Problem, Ausbildungsplätze zu besetzen, haben wir aber nicht.“

Verena Barg, Kreissekretäranwärterin bei der Oldesloer Verwaltung, nennt weitere Anreize, sich für diese Ausbildung zu entscheiden: „Die kurze Dauer von zwei Jahren hat mich überzeugt. Man kann schnell wieder in den Berufsalltag starten.“ Auch die 23-Jährige hat schon eine abgeschlossenen Berufsausbildung als Bankkauffrau.

Familienplanung mit Teilzeitausbildung vereinbaren

Der Kreisinspektoranwärter Nikolas Bialek (26) wird nach Abschluss in den gehobenen Dienst starten. Er studierte schon Germanistik und polnische Philologie. Doch er erkannte für sich keine ausreichenden Zukunftsperspektiven. Bialek sagt: „Ich hatte schon immer ein Interesse dafür, wie Gesellschaft funktioniert.“

Die Auszubildenden der Kreisverwaltung Stormarn (v. l.): Lisa Hinrichsen, Nikolas Bialek und Verena Borg
Die Auszubildenden der Kreisverwaltung Stormarn (v. l.): Lisa Hinrichsen, Nikolas Bialek und Verena Borg © Klaus Bodig / HA | Klaus Bodig

Auch der Kreis Stormarn bietet einen Ausbildungsplatz zum Verwaltungsfachangestellten in Teilzeit an. Den hat Lisa Hinrichsen (28) bekommen. Obwohl sie sich eigentlich als Kreissekretäranwärterin beworben hatte. „Im Gespräch schlug man mir vor, eine Teilzeitausbildung in Betracht zu ziehen. Ich habe eine kleine Tochter, das lässt sich so besser vereinbaren.“