Hamburg. Der Verlag will 2021 umziehen. In direkter Nachbarschaft entstehen gleichzeitig günstige Wohnungen.

Neben dem Lohsepark in der HafenCity werden voraussichtlich 2019 die Bagger rollen. Auf dem 15.200 Quadratmeter großen Grundstück entstehen das neue Verlagshaus von Gruner + Jahr sowie etwa 200 Wohnungen. Das Londoner Architekturbüro Caruso St John hat den vom Investor Warburg-HIH Invest Real Estate ausgelobten Architekturwettbewerb für das Verlagsgebäude für sich entschieden. Die Jury aus Vertretern der Stadt, des Investors, des Projektentwicklers HIH Real Estate, des Verlags und Architekten hatte einstimmig für den Entwurf mit den drei teils überdachten Innenhöfen votiert.

Markante Streben aus grün glasierter Keramik, die sich schrittweise verjüngen, gliedern die Fassade. Neben dem Verlagssitz sind weitere Büroflächen, gastronomische Angebote und Ausstellungsflächen im Erdgeschoss geplant. Caruso St John setzte sich gegen zwölf international renommierte Büros durch. Die Jury attestierte dem Entwurf einen „hohen ästhetischen Anspruch“, es erinnere an ein „zurückhaltendes Hamburger Kontorhaus“.

„Die Reaktion der Mitarbeiter war herausragend, einfach super“, sagte Julia Jäkel, CEO von Gruner + Jahr. Den Verlagsmitarbeitern waren die Pläne bereits am Donnerstagvormittag vorgestellt worden – vor der öffentlichen Präsentation.

Wohnen ab 6,50 Euro Miete direkt am Lohsepark

„Der Umzug ist eine der bedeutendsten Entscheidungen, die wir in den letzten Jahren getroffen haben“, sagte Jäkel. „Wir spüren, dass hier ein Kreativzentrum entsteht.“ Der Verlag ziehe um, weil er sich gewandelt habe, er wachse digital sehr stark, auch die Art des Arbeitens habe sich geändert. „Wir brauchen ein Haus, das technologisch fortschrittlich ist und räumlich mithalten kann.“

Neben dem Verlagsgebäude entsteht ein weiterer Komplex mit etwa 200 Wohnungen. Uwe Wirries, Vorstandsvorsitzender der Adlershorst Baugenossenschaft eG mit Sitz in Norderstedt, freut sich, dass sein Unternehmen künftig auch den Mitgliedern in Hamburg Wohnungen anbieten könne. Von den etwa 9000 Mitgliedern lebten etwa 550 in Hamburg. „Insbesondere junge Mitglieder gehen nach Hamburg“, so Wirries. „Wir können jetzt Wohnungen zum bezahlbaren Preis in der HafenCity anbieten.“

Spektakulärer Standort

Etwa 110 öffentlich geförderte Wohnungen seien geplant, davon etwa ein Drittel im ersten Förderweg für 6,50 Euro Nettokaltmiete, zwei Drittel im Zweiten Förderweg für 8,60 Euro. „Wir halten den Standort für einen der gefragtesten Deutschlands, um nicht zu sagen Europas“, so Wirries. Vor allem Zwei- bis Zweieinhalbzimmerwohnungen mit 50 bis 55 Quadratmetern sollen entstehen.

Das Gebäude von Gruner + Jahr Am Baumwall 11 erfüllt nach Angaben des Verlags nicht mehr die aktuellen Anforderungen des Verlags
Das Gebäude von Gruner + Jahr Am Baumwall 11 erfüllt nach Angaben des Verlags nicht mehr die aktuellen Anforderungen des Verlags © HA | Michael Rauhe

Beim Entwurf setzte sich hier das Architekturbüro Baumschlager Eberle aus Berlin gegen sechs Konkurrenten durch. Der nördliche, zum Verlagsgebäude ausgerichtete Gebäudeteil wird die öffentlich geförderten Wohnungen beherbergen, im südlichen Bereich werden die 80 bis 90 Eigentumswohnungen untergebracht. „Uns war wichtig, dass alle Wohnungen zum Lohsepark zentriert sind“, sagte Gerd Jäger vom Architekturbüro Baumschlager Eberle, „alle Wohnungen haben den Blick nach Südwesten in den Park.“

Hamburgs Oberbaudirektor Franz-Josef Höing erinnerte sich bei der Präsentation im bestehenden Verlagsgebäude, er sei als Student zum Gruner + Jahr-Gebäude am Baumwall „gepilgert“. Aber auch der neue Standort in der HafenCity sei spektakulär: „Es ist ein unglaublich schöner Ort, und er hat ein unglaublich schönes Haus verdient.“ Das neue Gebäude sei „selbstbewusst, aber drängt sich nicht nach vorn. Es ist ein Haus wie ein guter Anzug, der mit dem Tragen immer besser wird“.

„Essenziell ist die Materialität“

Man habe den Architekten eine Menge abverlangt, sagte Verlagschefin Jäkel und bescheinigte dem Neubau, in den man 2021 mit einem langfristigen Mietvertrag einziehen wolle, „nachhaltige Eleganz“. Auf die kritische Nachfrage eines Journalisten, das Gebäude am Baumwall sei zwar Haute Couture, der Neubau in der HafenCity aber bestenfalls Pret-à-porter, reagierte sie äußerst pikiert. „Essenziell ist die Materialität“, sagte Jäkel. Das Haus werde wirken, „wenn man es sieht“.

Giselher Schultz-Berndt, Geschäftsführer der HafenCity Hamburg GmbH, hob die Bedeutung des noch jungen Stadtteils als Wirtschaftsstandort hervor. Inzwischen gebe es mehr als 14.000 Arbeitsplätze bei mehr als 730 Unternehmen, darunter auch große. Nun komme ein weiteres mit etwa 2000 Mitarbeitern dazu.

Der Londoner Architekt Peter St John (v.l.), Julia Jäkel, Architekt Gerd Jäger (Baumschlager Eberle) und Hamburgs Oberbaudirektor Franz-Josef Höing mit den Modellen der Bauprojekte
Der Londoner Architekt Peter St John (v.l.), Julia Jäkel, Architekt Gerd Jäger (Baumschlager Eberle) und Hamburgs Oberbaudirektor Franz-Josef Höing mit den Modellen der Bauprojekte © HA | Michael Rauhe

Wie hoch die Investition am Lohsepark ausfallen wird, damit hielten alle Beteiligten hinter dem Berg. Jens Nietner, Geschäftsführer beim Projektentwickler HIH Real Estate, sprach von einem mittleren dreistelligen Millionenbetrag für das Gesamtensemble.

Und wie steht es um die Zukunft des Verlagshauses am Baumwall, das die Stadt laut Finanzbehörde im Dezember 2016 erworben hat? Gerüchten, das Gebäude würde abgerissen, erteilte Oberbaudirektor Höing eine Absage: „Es würde mich sehr wundern, wenn es infrage gestellt würde.“

Die Wettbewerbsarbeiten werden vom 6. bis 21. Oktober im HafenCity InfoCenter (Am Sandtorkai 30) ausgestellt, Di–So 10–18 Uhr.