Hamburg. Schon 715 Fahrzeuge aus dem Verkehr gezogen. Kontrollgruppe der Polizei zieht nach erstem Jahr Bilanz – und erweitert ihre Aufgaben.
Ein bisschen schadenfroh sei er ja schon, gab Hamburgs Polizeipräsident Ralf Martin Meyer zu. Und zwar dann, wenn PS-Protzer mit einem manipulierten und zu lauten Ferrari kommen und dann den Ort der Kontrolle zu Fuß verlassen müssen. Die Gelegenheit dazu gab es reichlich. Ein Jahr nach Einrichtung der Kontrollgruppe „Autoposer“ wurde fast jeden Tag ein illegal aufgemotztes Auto von Hamburgs Straßen geholt.
Mittlerweile hat die 13-köpfige Gruppe um Hauptkommissar Tobias Hänsch neue Aufgaben übernommen. Neben Autos werden auch Motorräder unter die Lupe genommen. Dazu sollen die Beamten als Multiplikatoren ihr Fachwissen bei der Polizei verbreiten.
Kontrollgruppe ist sehr beliebt
„Es ist schon bemerkenswert, was eine kleine Gruppe an Kollegen und Kolleginnen für Erfolge vorweisen kann“, sagte Polizeipräsident Meyer. In Zahlen: 2835 zielgerichtete Fahrzeugkontrollen wurden durchgeführt. Bei 715 Fahrzeugen wurden Manipulationen gefunden, die zum Erlöschen der Betriebserlaubnis führten. 340 Fahrzeuge kamen gleich auf den Haken und wurden zum Verwahrplatz der Polizei geschleppt. Als „Beifang“ ahndete die Truppe 164 Tempo- und 314 Lärmverstöße. Außerdem wurden 33 Fahrer gestoppt, die unter Drogen- und 16 die unter Alkoholeinfluss am Steuer saßen.
Die Kontrollgruppe erfreut sich großer Beliebtheit bei den Hamburgern. Dass spontan applaudiert wird, wenn an stark frequentierten Orte wie der Reeperbahn ein lauter PS-Protzer gestoppt wird, das sind die Beamten gewohnt. „Mir wurde mal von einer Frau ein Zettel zugesteckt, auf dem einfach Danke stand. Da war ich schon überrascht“, sagt Oberkommissarin Janina von Keßinger, die seit März als einzige Frau unter ihren oft seit Jugendjahren PS-affinen Kollegen bei den „Autoposern“ arbeitet. Im Gegensatz zu den Männern aus der Truppe hatte sie in der Vergangenheit kein Faible für besondere Autos. „Bei mir muss ein Wagen einfach praktisch sein“, sagt sie. Zwar war sie früher bei der Verkehrsdirektion der Polizei. Das war aber auch schon alles, was sie mit Autos über das Normalmaß hinaus verband.
Ganz besonderer Männertyp
Den Wechsel zur Kontrollgruppe „Autoposer“ hat sie nicht bereut. „Das ist eine extrem motivierte Truppe“, sagt sie über ihre Kollegen. In die Thematik habe sie sich „reingefuchst“. Jetzt hat sie den Kennerblick und das richtige Ohr für ihre „Kundschaft“, die in der Regel aus Männern besteht. Aus ganz besonderen dazu.
„Bei Autoposern sind es im Gegensatz zu den Tunern die Fahrer selbst, die im Mittelpunkt stehen und bewundert werden wollen“, charakterisiert der Geschäftsführer des Verbandes der niedersächsischen Verkehrspsychologen, Rüdiger Born diesen ganz besonderen Männertyp. Frauen sind bei der Kontrollgruppe (fast) kein Thema. „Wir haben bislang nur zwei Frauen gehabt, deren Fahrzeuge eingezogen wurden“, sagt ein Beamter.
Gute Ohren sind Voraussetzung
Eine fuhr den Wagen ihres Freundes. Die andere kam aus dem Motorsport. Für ihre Arbeit brauchen die Beamten der Kontrollgruppe erst einmal gute Ohren. In der Regel stellen sie sich in ihren Fahrzeugen mit runtergekurbelten Seitenfenstern an den Einfallstraßen, am Jungfernstieg oder auf dem Kiez auf und horchen in die Dunkelheit, bis sie auffallend lautes Röhren von Motoren hören. Diese Fahrzeuge werden dann gestoppt.
Danach laufen die Emotionen schon einmal aus dem Ruder, wenn klar wird, dass das Auto weg ist. Dann können, so sagt Tobias Hänsch, die Betroffenen auch aggressiv werden. Manchmal ist es einfach nur komisch. So wie kürzlich, als ein PS-Protzer sich als Tourismusmagnet ausgab: Seinetwegen würden viele Besucher nach Hamburg kommen. Die Stadt müsse ihm dankbar sein.
Polizeipräsident ist überzeugt von dem Konzept
Das war sie nicht. Sein Wagen kam, wie alle von der Kontrollgruppe aus dem Verkehr gezogenen Fahrzeuge, zum Verwahrplatz an der Halskestraße in Billbrook. Das ist mit Kosten verbunden. Bestätigen sich die Mängel, muss der Halter das Abschleppen und die Begutachtung durch Sachverständige der Dekra bezahlen. Dazu kommt eine zweite Fahrt auf dem Abschleppwagen zur Werkstatt, wo das Fahrzeug in einen legalen Zustand zurückgebaut werden muss. Fahren darf es ja nicht mehr. Am Ende muss noch der TÜV das Auto abnehmen. 1000 Euro sind schnell weg.
Polizeipräsident Meyer ist überzeugt von dem Konzept und kündigt an, dass man nicht nur weitermacht, sondern die Beamten der Kontrollgruppe an die Dienststellen gehen, um ihr Fachwissen an möglichst viele Polizisten weiterzugeben. So soll der Kontrolldruck erhöht werden. „Die Maßnahmen müssen dazu führen, dass bei den Autoposern ein Umdenken stattfindet“, sagt Meyer. „Führerscheinentzug, empfindliche Geldstrafen bis hin zu Haftstrafen“ seien ebenfalls nötig, um bei dieser Gruppe die nötige Wirkung zu erzielen.