Hamburg. Wer sein Auto auf dem Kiez abstellen will, braucht seit Anfang September ein Ticket. Doch viele halten sich nicht daran.
Ein brandneuer Parkautomat mit modernem Solarmodul steht betriebsbereit an der Ecke Detlev-Bremer-Straße/Seilerstraße auf dem Kiez. Zum Aufkleben von Stickern wird der grüne Kasten schon genutzt, ansonsten machen viele Autofahrer noch einen Bogen um ihn. Der Automat ist einer von rund 100 Exemplaren, die die Stadt Anfang September im Zuge der Einrichtung einer neuen Bewohner-Parkzone im Stadtteil aufgestellt hat (wir berichteten). Mit der neuen Regelung soll die Parkplatzsituation verbessert werden. Anwohner klagen aber, die neue Regelung habe noch keine große Wirkung gezeigt. Grund dafür seien zu wenige Kontrollen durch das Parkraum-Management des Landesbetriebs Verkehr sowie der Davidwache.
„Es stehen schon seit Wochen dieselben Autos ohne Parkschein in der Straße. Sie erhalten keinen Strafzettel“, sagt Kiez-Bewohner Sven Goldbach und zeigt auf mehrere Wagen in der Seilerstraße. „Wenn die Stadt die Situation hier verbessern möchte, muss das Parkplatz-Management konsequenter durchgreifen – besonders jetzt am Anfang.“ In den Seitenstraßen der Reeperbahn stehen zahlreiche Autos ohne Parkschein – allein in der Seilerstraße hat rund eines von zehn Autos ohne Anwohnerparkausweis auch keinen anderen Parkschein hinter der Windschutzscheibe liegen. „Neulich hat ein Benziner auf der Haltefläche für Elektroautos geparkt und wurde abgeschleppt“, sagt Goldbach. „Ich verstehe nicht, warum die Stadt nicht auch beim Rest der Falschparker so konsequent ist.“
Abschreckungs-Taktik funktioniert nicht
Wie viele seiner Nachbarn hat Goldbach zum Beginn der Parkzone am 3. September einen Ausweis beantragt. Er betreibt einen mobilen Pflegedienst in der Jessenstraße und verfügt daher auch über einen gewerblichen Halteausweis. Insgesamt zahlt er dafür 280 Euro pro Jahr. „Regelmäßige Halteflächen bekomme ich für die Gebühr nicht“, sagt er. „Eher das Gefühl, von der Stadt über den Tisch gezogen zu werden.“
Eine weitere Anwohnerin der Seilerstraße verweist ebenfalls auf den wichtigen Lerneffekt für die Parkenden in den ersten Wochen der neuen Parkregelung. „Gerade jetzt ist es wichtig, regelmäßig zu kontrollieren“, betont sie. „Meist stellen Arbeitstätige und Feiernde ihre Autos hier ab. Sie erhalten einen Strafzettel, lernen daraus und holen sich das nächste Mal einen Parkschein. Wenn die Kontrollen auch regelmäßig stattfänden, würde diese Abschreckungs-Taktik funktionieren. Die Stadt scheint sich aber nicht groß für diesen Bereich zu interessieren.“ In der Innenstadt sei das dagegen anders, meint sie. „In der City ist das Parkraum-Management hervorragend organisiert und man erhält innerhalb von 20 Minuten ohne Parkschein ein Knöllchen. Diese Konsequenz wünsche ich mir für unseren Stadtteil auch.“
Mangelnde Kapazitäten
Für die Kontrolle der Parkzonen ist unter anderen die Davidwache zuständig. Auf Abendblatt-Anfrage verweist sie auf mangelnde Kapazitäten für die flächendeckende Überwachung der Haltezonen. „Wir schicken, je nachdem wie viele gerade im Betrieb sind, jeden Tag Leute auf die Straße“, sagt ein Beamter der Wache. „Die Hauptverantwortung liegt allerdings beim Landesbetrieb Verkehr und ihrem Parkplatz-Management.“
Der Landesbetrieb Verkehr weist die Vorwürfe der Anwohner jedoch zurück und betont, dass es intensive und regelmäßige Kontrollen in den neuen Parkgebieten gebe: „In den neuen Bewohnerparkzonen in St. Pauli und Altona werden zusammen zwei bis sechs Mitarbeiter von Montag bis Sonnabend eingesetzt“, sagt Sprecherin Ciydem Pfeiffer. „Alle vier Gebiete werden gleichmäßig kontrolliert. Wenn Gebiete wie jetzt in St. Pauli neu hinzukommen, erfolgen die Kontrollen intensiver.“
Mehr Personal
Im Zuge wachsender Aufgaben bei der Überwachung von Parkzonen stocke der Landesbetrieb Verkehr nach eigenen Angaben auch das Personal auf. „Aufgrund der insgesamt anwachsenden Aufgaben im Stadtgebiet läuft derzeit eine Ausschreibung des Landesbetriebs Verkehr“, so die Sprecherin. „Speziell für die Parkzonen-Kontrolle auf St. Pauli wurden bislang aber keine neuen Mitarbeiter eingestellt.“
Sven Goldbach, der seit 15 Jahren auf St. Pauli lebt, ist Parkplatzmangel zwar schon lange gewöhnt. Trotzdem sagt er: „So problematisch wie es jetzt ist, muss es aber nicht sein.“