Hamburg. Das Sozialprojekt unter dem Rathausmarkt wird für 4,4 Millionen Euro modernisiert. Künftig auch Programm für Kinder und Senioren.

Schon heute ist sie einer der zentralsten Orte der Stadt – bald könnte sie auch zu einer besonders attraktiven Location werden: die Hamburger Rathauspassage.

Die zwischen Rathausmarkt und Jungfernstieg gelegene unterirdische Anlage mit Antiquariat, Fair-Trade-Laden, Hamburg-Info, öffentlichen Toiletten und Bistro soll nicht nur Fenster zu Kleiner Alster und Alsterarkaden und damit endlich auch Tageslicht bekommen. Das gesamte Areal wird demnächst für 4,4 Millionen Euro umgebaut.

Mit den Schwänen auf Augenhöhe

Bei ihrer nächsten Sitzung am 26. September soll die Bürgerschaft die Mittel bewilligen und das in einer 13-seitigen Senatsdrucksache zusammengefasste Konzept absegnen, das fast alle Fraktionen unterstützen. Kernstück der gemeinnützigen, von Kirche und Diakonie geführten Passage soll dabei künftig das neue Bistro werden, in dem man „auf der Höhe der vorbeischwimmenden Schwäne und mit einzigartigem Blick auf die Alsterarkaden seinen Kaffee trinken kann“, wie Geschäftsführerin Gudrun Stefaniak schwärmt.

In den warmen Monaten sollen die Gäste ihren Cappuccino dabei auch auf den Alstertreppen trinken können. In der Anlage werden nach der Modernisierung zudem in einem „Shop in Shop“-System auch externe Anbieter das bisherige Angebot erweitern.

Es soll freies WLAN und Ladestationen für Handys geben. Zugleich denkt Stefaniak darüber nach, künftig auch Programme für Kinder und Senioren anzubieten. So sei eine Art Kinderbetreuung denkbar, bei der Eltern ihren Nachwuchs stundenweise in der Rathauspassage abgeben, während sie in der Stadt einkaufen oder im Rathaus ihre politischen Geschäfte erledigen.

Angebot für Senioren ist angedacht

Dabei sollten die Kinder aber nicht nur im Bällebad verwahrt, sondern aktiv bespaßt werden, etwa durch Vorlesestunden oder Höhlenbau, erzählt Stefaniak. Auch ein Angebot für Senioren ist angedacht. Viele ältere Hamburgerinnen und Hamburger würden gerne häufiger mal in die Innenstadt fahren, fühlten sich aber durch die Menschenmassen bisweilen überfordert, so die Passagen-Geschäftsführerin.

Deswegen könne sie sich vorstellen, eine Art Einkaufs-Begleitservice einzurichten, bei dem Betreuer aus der Passage mit Senioren deren Besorgungen erledigten. Auch alternative Stadtführungen seien eine Idee. Mit diesen Angeboten will die von Diakonie und Nordkirche getragene Passage-Gesellschaft auch Teile der nötigen Mittel für Betrieb und Erhalt erwirtschaften.

Außenansicht der Rathauspassage in Richtung Jungfernstieg
Außenansicht der Rathauspassage in Richtung Jungfernstieg © medium Architekten Roloff Ruffing + Partner

„Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass es notwendig ist, die einzelnen Geschäftsbereiche der Rathauspassage (Bistro, Antiquariat, Shop) künftig von internem oder externem Fachpersonal führen zu lassen, um das soziale Beschäftigungsprojekt auch finanziell gut abzusichern“, heißt es in der aktuellen Senatsdrucksache.

Deutlich vergünstigte Miete

„Dieses ist dann für die Wirtschaftlichkeit des Angebotes verantwortlich und bestimmt über Sortiment, Warenpräsentation, Preise etc.“ Dabei steht allerdings nicht der Gewinn im Vordergrund. Denn das Projekt Rathauspassage ist seit seiner Eröffnung 1998 vor allem darauf angelegt, „im Zentrum der Stadt gemeinwohlorientiertes Wirtschaften möglich und sichtbar zu machen und sozialer Arbeit einen angemessenen Raum zu geben und zukunftsfähig zu gestalten“, wie es jetzt erneut die aktuelle Senatsdrucksache deutlich macht.

Deswegen wird die Stadt auch eine deutlich vergünstigte Miete von drei Euro pro Quadratmeter nehmen. Das ist zwar mehr als die Passagenbetreiber bisher zahlen mussten – aber immer noch weit unter Marktpreisen für dieses Areal mitten in der Stadt. Künftig sollen hier „15 bis 20 öffentlich geförderte Beschäftigungen für verschiedene Zielgruppen“ angeboten werden. Es sollen also Langzeitarbeitslose oder Menschen mit Behinderung eine Anstellung finden.

Zugleich legt die kirchliche Betreibergesellschaft laut Drucksache Wert darauf, dass das Konzept auf den christlichen Grundüberzeugungen zu „Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung ergäben“ basiert. Dabei sollten alle angebotenen Produkte mindestens eines der Kriterien „sozial, fair, nachhaltig und regional“ erfüllen. „Schon beim Betreten der Rathauspassage sollen die Besucherinnen und Besucher dies spüren können.“

Toilettenanlage zur Adventszeit fertig

Der Umbau der Toilettenanlage hat bereits begonnen und soll gegen Jahresende abgeschlossen werden. Die umfangreiche Modernisierung der restlichen Anlagen soll laut Stefaniak im kommenden Frühjahr starten und etwa zehn Monate dauern.

Von den 4,4 Millionen Euro Umbaukosten trägt die Stadt 2,6 Millionen Euro. 1,8 Millionen muss der Träger, also die Passagen-Gesellschaft, selbst beitragen. Um das Geld aufzubringen, soll demnächst eine große Spendenkampagne starten.

Im Vergleich zur Vorstellung der Projektidee 2016 sind die Gesamtkosten damit angestiegen. Damals war noch von 3,5 Millionen Euro die Rede – und die Modernisierung sollte bereits im Frühjahr 2018 abgeschlossen sein. Kostensteigerung und Verzögerung hätten sich aus „weiteren Erfordernisse für den Umbau der Tunnelanlage mit gutachterlichen Betrachtungen zum Hochwasserschutz und zur Abdichtung des Ingenieurbauwerkes“ ergeben, so die für das Projekt federführend zuständige Sozialbehörde.

Rathauspassage sei „gelebte Vielfalt“

In der Politik stößt das Vorhaben dennoch weiterhin auf viel Wohlwollen. „Die Rathauspassage ist ein wichtiges soziales Projekt und Ort der Begegnung im Herzen unserer Stadt“, sagte SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf. „Mir ist wichtig, dass neben Kommerz und prächtigen Einkaufspassagen auch soziale Projekte im Herzen unserer Stadt ihren Platz haben.“

Grünen-Fraktionschef Anjes Tjarks sagte, es freue ihn, dass das Projekt „erhalten bleibt und mit neuem Glanz versehen“ werde. „Mir persönlich ist es eine ganz besondere Freude, dass das Geschäftsmodell weiterhin nach den Kriterien Fair, Sozial, Regional und Nachhaltig betrieben wird und es Beschäftigungsverhältnisse für Menschen bietet, die es auf dem freien Arbeitsmarkt nicht so einfach haben.“ Die Rathauspassage sei „gelebte Vielfalt an einem zentralen Hamburger Ort“.