Hamburg. Schiffbauer veranstalten im Oktober eine eigene Verkaufsschau als Ersatz für die Hanseboot – und erwarten 30.000 Besucher.
Es ist die Auferstehung einer bereits totgesagten Messe in Hamburg: Nur ein Jahr nach dem Aus für die Hanseboot ist sie wieder da. Sie heißt jetzt Hamburg Boat Show und hat ein etwas anderes Format. Aber die neue Messe will auch das werden, was ihre Vorgängerin war: ein überregional attraktiver Anziehungspunkt für Wassersport-Enthusiasten aller Art. „Hamburg ohne Bootsmesse, das ist wie die Alster ohne Boote“, sagt Torsten Conradi, Präsident des Deutschen Boots- und Schiffbauerverbands (DBSV) mit Sitz in Hamburg. „Das kann man sich vorstellen, will man aber nicht.“
Verband springt ein
Nachdem die Hamburger Messegesellschaft sich als Veranstalter zurückgezogen hat, richtet nun Conradis Verband die Bootsschau aus. Und da die Bootsbauer vom Messewesen nicht so viel verstehen, haben sie sich mit der Messe Friedrichshafen einen professionellen Partner dazugeholt. Die Messegesellschaft vom Bodensee gehört zu den führenden Veranstaltern in Sachen Freizeitmessen. Stattfinden wird die Hamburg Boat Show vom 17. bis 21. Oktober und zwar – wie bereits die Hanseboot – in den Messehallen. Die neuen Veranstalter haben angemietet.
Der Grund, warum die Messe wieder auflebt, ist rein wirtschaftlich und damit derselbe, warum sie vor einem Jahr eingestellt worden war. Damals wurden rückläufige Aussteller- und Besucherzahlen und Verluste für die städtische Messegesellschaft geltend gemacht. „Es war ein Zuschussgeschäft“, sagte Messechef Bernd Aufderheide damals. Für die Bootsbauer war die Hanseboot aber ein wesentliches Standbein ihres Vertriebs.
Wichtige Verkaufsshow
„Die Bestürzung in der Branche war groß, als das Aus für die Hanseboot verkündet wurde“, sagt DBSV-Präsident Conradi. „Anders als andere Messen war sie nämlich kein reiner Branchentreff, sondern eine wichtige Verkaufsshow.“ Schätzungsweise 50 Prozent ihrer Produkte verkaufen die Werften bei Messen oder aufgrund von Messekontakten. „Also wussten wir, dass wir jetzt selbst einspringen müssen.“
Und diese Form einer Messe ist in Deutschland einzigartig. „Dass Branchenverbände selbst eine Messe veranstalten, gibt es im europäischen Ausland häufiger, hierzulande ist das völlig neu“, sagt Dirk Kreidenweiß von der Messe Friedrichshafen, der für den operativen Ablauf verantwortlich ist. „Es soll keine Eintagsfliege werden.“ So habe man mit dem DBSV einen Vertrag für drei Jahre geschlossen. „Auch 2019 und 2020 wird es die Hamburg Boat Show also geben. Die Messehallen sind dafür angemietet“, sagt Kreidenweiß. Internationale Aussteller stünden ebenfalls bereit.
Event soll sich rechnen
Insgesamt rund 300 Aussteller seien es in diesem Jahr und damit etwa 220 weniger als bei der letzten Hanseboot. Aber genau das ist der Grund, warum die Messeplaner glauben, dass die Neuauflage kein Minusgeschäft wird und sich die Hamburg Boat Show in der Branche und bei ihren Kunden etabliert: Die neue Messe ist kompakter und kleiner als die Hanseboot. „Wir haben die Veranstaltung von neun auf fünf Tage verkürzt, was zum einen schon einmal die Kosten senkt“, sagt Kreidenweiß.
Außerdem komme der Antrieb zur Messe von den Bootswerften selbst. „Die stellen vieles mit eigenem Engagement auf die Beine, sodass wir Kosten für externe Services oder Fachreferenten einsparen.“ Schließlich würden Wassersportverbände und -vereine, die bei der Hanseboot noch unentgeltlich ausstellen durften, vorerst nicht mehr berücksichtigt. „Wir müssen auch an die Wirtschaftlichkeit denken“, sagt der Chef des Bootsbauverbands.
Von der Jolle bis zur großen Yacht
Was sich aber nicht ändern soll, ist das breite Angebot: „Von der Jolle bis zur großen Yacht wird alles vertreten sein“, verspricht Conradi. Neu ist, dass die Besucher die Motor- und Segelboote direkt vom Steg aus in Augenschein nehmen können. Dazu werden in der Halle B 6 zwei große Promenadenstege aufgebaut, an denen 20 Motor- und Segelboote festmachen können. In Halle B 7 wird es ein Wasserbecken mit einer künstlich erzeugten Welle geben, an der Surfer neue Boards ausprobieren können.
Höhepunkt wird zudem ein Wettbewerb für Stand-up-Paddler. Zweierteams treten in einem Hindernisparcours gegeneinander an. Die Sieger fliegen im Februar 2019 in die Karibik und nehmen dort an Weltmeisterschaften im Stand-up-Paddling teil. In Halle B 5 gibt es zudem ein Familienangebot zum Selbstbau von Booten.
„Es werden weniger Hallen als bei der Hanseboot, aber dafür können Besucher gezielter das finden, was sie interessiert“, sagt Kreidenweiß. 30.000 Quadratmeter misst die Ausstellungsfläche. 56.000 Quadratmeter waren es zuletzt bei der Hanseboot. Die Veranstalter erwarten an den fünf Tagen mindestens 30.000 Besucher. Mit der „Boot Düsseldorf“, der Weltleitmesse in der Rheinmetropole, möchten sie sich nicht vergleichen: „Die Boot hat ein Alleinstellungsmerkmal. Unser Einzugsgebiet umfasst einen Umkreis von 300 Kilometern – nicht bei den Ausstellern, aber bei den Besuchern“, sagt Conradi.
Nachfrage steigt
Und die werden nach seiner Meinung auch Boote kaufen. Von einem Rückgang des Marktes, den die Hanseboot noch als einen Grund ihres Scheiterns ansah, will Conradi nämlich nichts wissen. „Es werden noch Boote gekauft, eigentlich sogar mehr als früher.“ Es habe aber ein Konzentrationsprozess bei den Herstellern eingesetzt, sodass die Zahl der Anbieter gesunken ist. Die deutsche HanseGroup etwa vertreibt neben der eigenen Marke mittlerweile sechs weitere Marken. Untermauert wird Conradis Einschätzung von der jüngsten Branchenumfrage. Demnach erwarten nur 8,7 Prozent der Firmen einen Geschäftsrückgang.