Boston. Senatorin wirbt um die Hansestadt als Wissenschaftsstandort. Nachwuchsforscher schauen allerdings sehr genau hin.

Es ist schon etwas kurios: An der amerikanischen Ostküste, rund 6000 Kilometer von Deutschland entfernt, hat sich in den vergangenen drei Tagen alles versammelt, was in der deutschen Wissenschaft Rang und Namen hat. Die GAIN-Tagung (German Academic International Network), dieses Jahr im amerikanischen Boston, gilt als „Klassentreffen der deutschen Wissenschaft“ mit mehr als 700 Teilnehmern. Offizielles Ziel ist es, talentierte Nachwuchswissenschaftler für deutsche Hochschulen und Forschungseinrichtungen zu werben. Doch vor allem geht es um Kontaktpflege.

Hamburgs Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) sah die Tagung vor allem als Gelegenheit, um die Ambitionen der Hansestadt als aufstrebende Wissenschaftsmetropole in Deutschland bekannter zu machen. So richtete sich die Botschaft in Boston vor allem nach Hause, denn versammelt waren nicht nur viele Forscher und Hochschulchefs, sondern auch die Spitzen der gastgebenden Alexander-von-Humboldt-Stiftung, des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DfG).

Medizinerin Feliz Özkan will von Ohio nach Deutschland zurückkehren
Medizinerin Feliz Özkan will von Ohio nach Deutschland zurückkehren © Insa Gall | Insa Gall

Hamburg ist in diesem Jahr Partnerland der Tagung, darum hatte sich die Wissenschaftsbehörde aktiv bemüht – schließlich gilt es, auch mit Blick auf die laufende Exzellenzstrategie von Bund und Ländern, Flagge zu zeigen. Am 27. September wird bekannt gegeben, wie viele Hamburger Exzellenzcluster gefördert werden. Bisher sind es zwei; jetzt haben es vier Forschungsbereiche in die Endrunde geschafft. Die Hochschulpräsidenten, vor allem aber Fegebank selbst nutzt die GAIN deshalb auch als Werbeveranstaltung für den Wissenschaftsstandort Hamburg.

Schwächeanfall der Senatorin

In ihrer Rede zum Auftakt der Tagung sprach sie die Exzellenzinitiative direkt an und erzählte, mit welchem Engagement die Forscher dort präsentiert hatten. Wegen eines Schwächeanfalls musste Fegebank die Rede abbrechen.

Am nächsten Tag ging es ihr jedoch wieder gut, und sie traf sich am Rande der Tagung mit Georg Schütte, Staats­sekretär im Bundesforschungsministerium, den Präsidenten der wichtigen Humboldt-Stiftung und der Leibniz-Gemeinschaft sowie der Generalsekretärin der DfG. Ihr Ziel: „Wir müssen die Qualitäten des Wissenschaftsstandorts Hamburg bekannter machen.“

Das sieht Desy-Chef Prof. Helmut Dosch ähnlich. Auf ihrer einwöchigen USA-Reise hat die Hamburger Delegation viel von dem Druck gehört, unter dem die amerikanische Wissenschaft in Zeiten von Präsident Donald Trump steht. Für viele Entwicklungen brauche man aber einen langen Atem, langfristige finanzielle Sicherheit und eine politische Ebene, die die Bedeutung von Forschung und Entwicklung erkenne, so Dosch. „Für die Wissenschaft war der Standort Deutschland nie so attraktiv wie heute, das müsste man viel stärker kommunizieren“, ist er überzeugt.

Hamburger Meile aufgebaut

Diese Botschaft sollte auf der GAIN-Tagung insbesondere jungen Wissenschaftstalenten vermittelt werden – und Hamburgs Wissenschaft war sehr präsent, um rückkehrinteressierten Nachwuchsforschern in den USA Karrierechancen in der Hansestadt schmackhaft zu machen. Praktisch alle Hochschulen der Hansestadt sowie das Deutsche Elektronen-Synchrotron Desy hatten ihre Stände auf der Talent-Messe in einer Art Hamburger Meile aufgebaut. Hier kamen die jungen Wissenschaftler mit den Hochschulchefs, Dekanen und Forschungsleitern persönlich ins Gespräch.

Zum Beispiel Feliz Özkan. Die junge Fachärztin an der Ohio State University überlegt, in eineinhalb Jahren nach Deutschland zurückzukehren. Wie sieht sie Hamburg? „Eine schöne, internationale Stadt – in Deutschland eine meiner liebsten“, sagte sie. „Es scheint auch forschungsmäßig ein interessanter Standort zu sein, das war mir vorher gar nicht so klar.“ Bei ihr ist die Überzeugungsarbeit schon gelungen.

Allerdings schauen hochkarätige Nachwuchsforscher sehr genau auf den Ruf und die Qualität der einzelnen Fächer. Hamburg sei schön, sagt auch ein 33 Jahre alter Kardiologe, der derzeit in Baltimore arbeitet. Die Kardiologie allerdings sei zwar ganz gut, aber nicht unter den Top 3 in Deutschland.

Tobias Niederwieser, Ingenieur für Luft- und Raumfahrttechnik an der University of Colorado in Boulder, kommt beim Mittagessen mit Hamburger Hochschulpräsidenten ins Gespräch. Er sieht für sich interessante Perspektiven in der Hansestadt, dank Airbus, Lufthansa Technik und der Verbindung zu den Hochschulen. „Die Fokussierung auf Luftfahrt ist in Hamburg gut“, sagt er.