Hamburg. Björn Meyer, seit 2017 Ensemblemitglied am Thalia Theater, spielt dort in „Orpheus“. Am Freitag eröffnet das Stück die Theatersaison.
Es gibt Schauspieler, die zwar auf der Bühne eher eine Nebenrolle spielen, denen es aber dennoch gelingt, große Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Björn Meyer ist so einer, den man nicht übersieht, egal was er spielt. In seinen bisherigen Rollen hat Meyer, Absolvent der Hochschule für Musik und Theater Hamburg und seit der Spielzeit 2017/18 fest im Thalia-Ensemble, maximale Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Sei es als schrille Hexe im Transenkostüm in „Hänsel & Gretel“ oder als feminin aufgemachte Elektra im Fummel und mit Langhaarperücke in Ersan Mondtags „Orestie“.
„Es ist schon so, dass ich in vielen Stücken in Frauenkleidern oder extravaganteren Klamotten auf der Bühne stehe“, sagt Björn Meyer und grinst. „Mir macht es Spaß, alles zu spielen, was irgendwie von der Norm abweicht, spezieller ist, was eine Reibung erzeugt, wo es verrückter wird und nicht sofort Sinn ergibt.“
Teuflische Wette
Teilweise werde ihm das natürlich von den Regisseuren so zugedacht, vieles komme aber von ihm selbst. Er kaufe jedenfalls auch mal die schrillen Schuhe für ein Stück mit ein. Am Freitag ist Björn Meyer nun in Antú Romero Nunes’ Uraufführung von „Orpheus. Eine musische Bastardtragödie“ auf der Bühne zu erleben. Als Amor. Den muss man sich hier nicht als Romantiker mit Pfeil und Bogen vorstellen. „Amor bringt Orpheus dazu, in den Hades zu gehen, um Eurydike aus der Unterwelt zurückzuholen“, so Björn Meyer. „Er hat einfach eine Aufgabe, für die er gebraucht wird.“
Nunes inszeniert den Mythos sehr frei mit viel selbst komponierter Musik von Anna Bauer und Johannes Hofmann als „Roadtrip in den Hades“. Eine Textgrundlage gibt es erst einmal nicht. Nur eine lange Tradition der Beschäftigung mit dem Stoff, in dem es um große Gefühle, eine teuflische Wette zwischen Göttern zulasten der Liebe von Orpheus und Eurydike, aber auch um Vergänglichkeit geht.
Schauspiel hat ihn früh fasziniert
Meyer hat Freude an der Probenarbeit. „Das ist ein Ensemblestück, in dem wir, also Zeus, Amor, Apollon, Dionysos und Hermes, als Götterkollektiv zusammen agieren.“ Der Stoff sei zeitlos und faszinierend. „Orpheus soll sich in der Unterwelt nicht umdrehen, hält das aber nicht aus.“ Es gehe darum, an etwas zu glauben, das man nicht sehen kann, um Vertrauen. Meyer schätzt an dieser Theaterarbeit das Assoziative, Musikalische, auch das Tänzerische, denn Choreograf Eyal Dadon sorgt für viel Bewegung auf der Bühne.
Das Schauspiel hat Meyer, 1989 in Lüdenscheid geboren, früh fasziniert, und das, obwohl es in seiner Heimat kein Stadttheater gibt. Doch sein Vater, von Beruf Schreiner, unterhielt eine Hobby-Theatertruppe, mit der er volkstümliche Schwänke aufführte. Hier wirkte Meyer schon im Alter von fünf Jahren mit. Später wurde ihm klar, dass er nicht in einem Bürojob „versauern“ wollte, sprach an Schauspielschulen vor und zog nach Hamburg. Seine Barmbeker Wohnung behielt er auch, als er nach dem Diplom für ein Jahr ans Schauspiel Frankfurt ging. Dort kam es zu ersten wichtigen Begegnungen, etwa mit dem Regisseur Ersan Mondtag.
Meyer hat bereits im „Tatortreiniger“ gespielt
Auch beim Film und Fernsehen ist man bereits auf Björn Meyer aufmerksam geworden. 2016 wirkte er in der „Tatortreiniger“-Folge „Pfirsich Melba“ als autistischer Eisdielenbesucher mit. Für seine berührende und zugleich überaus komische Interpretation der Rolle erhielt Meyer den Preis der Deutschen Akademie für Fernsehen. Viel Zeit bleibt ihm normalerweise für solche Exkurse nicht. „Wenn man sich in den Dienst eines Ensembles stellt, macht man bewusst Abstriche“, sagt er. „Ich mag diesen Teamgedanken.“
Björn Meyer ist keiner, der unbedingt Hauptrollen übernehmen muss. „Ich bin nicht erpicht auf viel Text, nur weil der viel Bühnenzeit bedeutet.“ Auch kleinere Rollen seien oft sehr interessant. Zwar wirkte er bisher eher in freieren Projekten mit, träumt aber durchaus auch von einem klassischen Shakespeare-Stück. Georg Büchners „Woyzeck“ wäre eine Traumrolle für ihn. „Der wird häufig so naiv gespielt“, sagt Meyer und meint damit: Er würde es anders angehen.
Die Zuschauer dürfen gespannt sein wie Nunes seinen „Orpheus“ auf die Bühne bringt. Meyer jedenfalls übt sich in Gelassenheit in Hinblick auf die Premiere. „Da muss man vertrauen können“, sagt er. Eines steht jetzt schon fest: Meyer wird in mindestens einer Szene erneut ein Damenkleid und eine Langhaarperücke tragen. Nicht nur damit dürfte er abermals viel Aufmerksamkeit auf sich lenken.
„Orpheus“ Uraufführung Fr 7.9., 20.00, Thalia Theater, Karten unter T. 32 81 33 33; www.thalia-theater.de