Altstadt. Streit um vorzeitiges Ende des Vertrags. Szene-Gastronom Tim Seidel erhebt schwere Vorwürfe gegen den Vermieter

Das Thalia Theater am Gerhart-Hauptmann-Platz hat dem Szene-Restaurant Weltbühne nach Abendblatt-Informationen gekündigt. Das stadteigene Theater sucht auf seiner Internetseite schon nach einem neuen Betreiber zum ­1. August.

Die Weltbühne steht für gehobene Küche, hat viele auch prominente Stammgäste und wurde erst vor sieben Jahren von Tim Seidel eröffnet. Der erfahrene Gastronom, der auch das Restaurant Rialto an der Michaelisbrücke führt, will das Ende für seine Weltbühne allerdings noch nicht akzeptieren. Seidel betreibt auch die Kantine und die Bars in dem Theater: „Ich habe einen Mietvertrag bis 2021, und den wollte ich eigentlich erfüllen. Ich habe meinen Anwalt eingeschaltet und suche das Gespräch mit den Verantwortlichen. Aber leider gibt es bislang keine einvernehmliche Lösung.“ Die Weltbühne bleibt vorerst geöffnet. Nach Abendblatt-Informationen war Seidel mit zwei Monatsmieten im Rückstand, daraufhin kam im Februar die Kündigung.

Was sind die Hintergründe? Dem Abendblatt sagte Seidel auf Anfrage: „Wir hatten im vergangenen Jahr einen schwachen Sommer. Das lag unter anderem am G-20-Gipfel. Aber auch daran, dass die Stücke im Thalia Theater grundsätzlich schlecht ausgelastet sind und wir dadurch natürlich auch weniger Gäste haben.“ Das Fass zum Überlaufen habe schließlich ein Schabenbefall im Dezember gebracht. Deshalb habe das Restaurant eine Woche lang schließen müssen, und es habe dadurch Umsatzeinbußen gegeben. Die Beseitigung der Schaben sei extrem teuer gewesen, aber positiv abgeschlossen worden. Seidel sagte weiter, er warte immer noch auf die Belege der Kontrolluntersuchungen seitens des Theaters. Der Gastronom erhebt noch einen weiteren Vorwurf gegen den Vermieter: „Außerdem schuldete das Thalia Theater der Weltbühne zum Zeitpunkt der Kündigung aus Bewirtungen eine Summe in etwa der Höhe der Mietschulden. Diese Forderungen hat das Theater teilweise bis heute nicht beglichen. Ein Aufrechnungsverbot im Mietvertrag macht es jedoch unmöglich, diese Forderungen gegenein­ander aufzurechnen.“ Nachdem es zu den Mietrückständen kam, suchte Seidel nach eigenen Angaben das Gespräch mit seinem Vermieter: „Obwohl die Theaterleitung positive Signale sendete und auch vor Zeugen sagte, eine Kündigung nicht zu beabsichtigen, sondern in weitere Gespräche gehen zu wollen, hielt man sich am Ende nicht an sein Wort. Ein Zeuge war Ludwig von Otting (ehemaliger kaufmännischer Geschäftsführer des Thalia Theaters, Anm. d. Red.), der hier versuchte zu schlichten.“

Bis Ende Juli habe ihm das Theater eine Frist gesetzt, die Fläche zu räumen. 40 Mitarbeiter wären laut Seidel davon betroffen. In die Einrichtung des Lokals hat Seidel nach eigenen Angaben mehr als eine halbe Million Euro investiert: „Wir haben einen national beachteten, zeitlosen und stilvollen Ort geschaffen, dessen Einbauten bei einem unfried­lichen Ende für niemanden mehr von Wert wären“, erläutert Seidel.

Das Theater hofft auf einen „geordneten Übergang“

Die größte Sorge von Seidel sei, was aus der Fläche wird, wenn die Weltbühne schließen müsste: „Bei der aktuellen gesellschaftlichen Strömung ist an diesem Ort voller Geschichte am Ende mit Holzkisten aus dem Alten Land und Glühfadenlampen zu rechnen, die am Kabel von der Decke baumeln und Burger oder Tacos beleuchten.“

Tom Till, Geschäftsführer des Thalia Theaters, sagt: „Wir haben uns die Kündigung nicht leicht gemacht.“ Aber der Pächter habe mehrmals die Miete nicht bezahlt. „Auch Mitarbeiter der Kantine und offenbar auch des Restaurants haben sich beschwert, dass sie ihre Löhne nicht bekommen haben“, sagt Till. Der Gastronom sei darüber hinaus auch anderen Verpflichtungen nicht nachgekommen. So habe z. B. die Foyerbewirtschaftung wiederholt schlecht funktioniert. „Die Theatergäste fragen natürlich uns, was das soll, dabei hat der Pächter dafür Sorge zu tragen. Die Zufriedenheit unserer Besucher hat für uns höchste Priorität“, sagt der Geschäftsführer. Es sei den Mitarbeitern, die fortgesetzt ihre Löhne nicht bekommen hätten auch nicht zu verdenken, dass sie nicht mehr zur Arbeit kommen.

Deshalb habe man nun Konsequenzen gezogen. Theater und Betreiber verhandeln über eine übergangsweise weitere Nutzung der Fläche durch den bisherigen Betreiber, um einen geordneten Übergang auf einen Nachfolger zu ermöglichen. „Dem Thalia Theater liegt ein geordneter Übergang für alle Beteiligten sehr am Herzen.“, sagt Till.