Hamburg. Die Bundesregierung will die Mietpreisbremse stärken. Aber was ändert sich jetzt wirklich? Und wie ist die Situation in Hamburg?
Nach monatelangen Diskussionen hat sich die Bundesregierung auf eine neue Mietpreisbremse verständigt. Am Mittwoch verabschiedete das Kabinett dazu einen Gesetzentwurf, den der Bundestag nun beraten wird. Nach dem Willen von Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) soll das Gesetz Anfang 2019 in Kraft treten.
Dabei geht es um die Mietpreisbremse. Bereits 2015 hatte die damalige schwarz-rote Koalition den Bundesländern erlaubt, die Steigerung in besonders angespannten Wohnlagen zu begrenzen. Demnach darf die Miete bei Abschluss eines neuen Mietvertrags nicht mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen.
Wie intensiv in Hamburg über Wohnungspolitik gestritten wird, zeigt sich in den Reaktionen der rot-grünen Koalition. Während aufseiten der SPD Senatorin Dorothee Stapelfeldt und Fraktionschef Dirk Kienscherf das Vorhaben begrüßen, äußert Olaf Duge (Grüne) Kritik: „Die Absenkung der Modernisierungsumlage auf acht Prozent ist ein Tropfen auf dem heißen Stein. Ein wichtiger Schritt wäre unter anderem, den Mietwucher im Wirtschaftsstrafgesetzbuch wieder gerichtsfest zu machen.“
Der Mieterverein zu Hamburg sieht zwar „positive Ansätze“, das Ergebnis sei aber unzureichend: „Die Mietpreisbremse enthält nach wie vor zu viele Ausnahmen.“ Der Hamburger Grundeigentümer-Verband moniert, dass modernisierungswillige Vermieter unter Generalverdacht gestellt würden.
Doch was bringt die modifizierte Regelung? Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen.
Was ist die Mietpreisbremse?
Die Bundesregierung hatte im Juni 2015 den Bundesländern gestattet, in angespannten Gebieten den Mietanstieg zu deckeln. Dort darf die Miete bei Abschluss eines neuen Mietvertrags nicht mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Es gibt Ausnahmen: Wenn die Vormiete schon höher lag, wenn modernisiert oder wenn ganz neu gebaut wurde.
Wie ist die Situation in Hamburg?
Der Senat beschloss im Juli 2015 als zweites Bundesland nach Berlin die Mietpreisbremse. Es gab jedoch einen handwerklichen Fehler. Die Begründung, warum die Lage auf dem Wohnungsmarkt besonders schwierig sei, wurde erst nachträglich veröffentlicht. Das Landgericht Hamburg erklärte daher in einem Verfahren, in dem ein Mieter geklagt hatte, die Mietpreisbremse für unwirksam. Inzwischen hat der Senat eine neue Fassung beschlossen. Der Mieterverein zu Hamburg schätzt, dass bei 60 bis 70 Prozent der Neuvermietungen gegen die Mietpreisbremse verstoßen wird.
Was ändert sich jetzt?
Bislang hat das Instrument aus Sicht der Mieterorganisationen eine entscheidende Schwäche: die mangelnde Transparenz bei den oben genannten Ausnahmeregelungen. Um einschätzen zu können, ob der Vormieter bereits zu viel gezahlt hatte, muss man wissen, wie hoch die Miete früher war. Künftig muss der Vermieter seinen Mieter schon vor Vertragsabschluss darüber informieren, wenn die Vormiete über der Preisschwelle der Mietpreisbremse gelegen hat, also mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete. Der Vermieter muss dann die genaue Höhe der Miete, die vor einem Jahr galt, offenlegen. Das Transparenzgebot gilt auch für andere Ausnahmeregelungen, etwa wenn modernisiert wurde. Der Vermieter muss diese Modernisierungsmaßnahmen benennen. Die Mietpreisbremse gilt weiter nicht für Wohnungen, die erst nach dem 1. Oktober 2014 erstmals vermietet wurden.
Wie ändert sich die Position der Mieter?
Noch muss der Mieter dem Vermieter eine sogenannte qualifizierte Rüge erteilen, damit er aus seiner Sicht zu viel gezahlte Miete zurückbekommt. Mieterorganisationen hatten dies kritisiert. Mieter würden zum Gang zum Gericht quasi gezwungen, damit der Vermieter endlich alles offenlegt. Künftig liegt die Beweislast viel stärker beim Vermieter.
Was ändert sich noch juristisch?
Die Regierung will das „Herausmodernisieren“ verhindern. Damit ist gemeint, dass der Vermieter nur modernisiert, um einen Mieter loszuwerden. Dies trifft zum Beispiel künftig zu, wenn der Vermieter die Miete verdoppeln will oder die Bauarbeiten unnötig belastend für den Mieter sind. „Herausmodernisieren“ soll als Ordnungswidrigkeit gelten, die mit einer Geldbuße von bis zu 100.000 Euro geahndet werden kann.
Was ändert sich bei den Modernisierungskosten?
Bislang durften Vermieter in angespannten Wohnungsmärkten elf Prozent der Kosten umlegen, zukünftig nur noch acht Prozent. Zudem darf die Miete nach einer Modernisierung innerhalb von sechs Jahren um höchstens drei Euro pro Quadratmeter steigen.
Wie bewertet Rot-Grün in Hamburg die neue Regelung?
Unterschiedlich! Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) sagt: „Die Änderungen sind wichtig für die Mieterinnen und Mieter. Wohnen muss bezahlbar bleiben, deshalb nutzen wir in Hamburg alle gesetzgeberischen Möglichkeiten.“ Auch Fraktionschef Dirk Kienscherf lobt: „Es ist gut, dass sich die Bundes-SPD durchgesetzt hat und nun die Mietpreisbremse endlich verschärft wird.“ Olaf Duge, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der Grünen, kritisiert dagegen: „Die Gesetzesänderung ist zu kurz gesprungen. Die Einigung bei der Mietpreisbremse sowie der Umlage der Modernisierungskosten sind der Arithmetik der Großen Koalition beziehungsweise der Halsstarrigkeit der CDU geschuldet. Die Dynamik der Mietpreissteigerungen kann so nur bedingt eingegrenzt werden.“ Die Linke wird den Wahlkampf für die Bürgerschaftswahl 2020 ohnehin stark auf das Thema Wohnen ausrichten. „Mit diesen Reförmchen bremst die Bundesregierung bestimmt nicht den Mietenwahnsinn. Vorhandene Wuchermieten bleiben bei Neuvermietung bestehen“, moniert Heike Sudmann, Sprecherin für Wohnungspolitik.
Und was wird die Reform der Reform nun wirklich bringen?
Abwarten. In Hamburg gilt die Mietpreisbremse zunächst bis zum 30. Juni 2020, dann soll eine erste Bilanz gezogen werden. Bislang fallen die Urteile von Experten unterschiedlich aus. „Was die preisdämpfende Wirkung der Mietpreisbremse bei neu vermieteten Bestandswohnungen betrifft, ist sie aus empirischer Sicht besser als ihr Ruf“, urteilten Wissenschaftler des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung im Februar . Der Wissenschaftliche Beirat beim Wirtschaftsministerium warb dagegen noch im August für eine ersatzlose Streichung der Mietpreisbremse.
(Mit Material von dpa)