Hamburg/Washington. Museum soll Teil der Leibniz-Gemeinschaft werden. Senat will damit in die erste Liga der großen Forschungsmuseen aufsteigen.
Hamburg könnte dem Ziel eines größeren, der Sammlung angemessenen Naturkundemuseums schon bald ein gutes Stück näherkommen. Der Senat will die Sammlung der Universität mit dem Zoologischen Forschungsmuseum Alexander Koenig in Bonn unter einem gemeinsamen institutionellen Dach vereinen und so zu einem Teil der renommierten Leibniz Gemeinschaft machen. Einen entsprechenden Antrag hat die Wissenschaftsbehörde jetzt bei der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) von Bund und Ländern gestellt, wie das Abendblatt am Rande des Besuchs von Senatorin Katharina Fegebank in Washington erfuhr.
„Dies bietet uns die Chance, in die erste Liga der großen Forschungsmuseen in Deutschland aufzusteigen“, sagte die Grünen-Politikerin. „Das ist das Ziel.“ Die Hamburger Naturkundesammlung fristet seit langem ein Schattendasein in einem maroden Gebäude zwischen Martin-Luther-King-Platz und Bundesstraße. Ein Besuchermagnet ist sie trotz eines neu gestalteten Eingangsbereichs nicht, dabei umfasst sie zehn Millionen Exponate. Bereits 2009 hatte der Wissenschaftsrat angemahnt, die Naturkunde in Hamburg besser zu entwickeln, und diese Forderung vor zwei Jahren noch einmal wiederholt. Immer wieder war über einen Mäzen spekuliert worden, der den Bau eines neuen Museums unterstützen könnte.
Jetzt will die Wissenschaftsbehörde das Problem von einer anderen Seite angehen: Über einen wissenschaftlichen Ausbau der Naturkunde in Hamburg durch die Kooperation mit den Bonner Partnern, die sehr professionell aufgestellt und bereits Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft sind. Für das Forschungsmuseum Alexander Koenig, das wie Hamburg über rund zehn Millionen Exponate verfügt, böte die Zusammenlegung den Vorteil, schnell zu wachsen und Anschluss zu finden an die großen Museen in Berlin, München und Frankfurt.
Entscheidung Ende 2019
Für die Hamburger Naturkunde, so sieht man es in der Wissenschaftsbehörde, könnte die Kooperation mit den kompetenten Partnern den Weg zu einer raschen Professionalisierung ebnen. „Im Vordergrund steht die wertvolle Sammlung“, sagt Katharina Fegebank. „Wir wollen sie ertüchtigen und zugänglich machen für Forscher aus aller Welt.“ Die Idee ist, dass die Wissenschaftler die benötigten Stücke bestellen können wie in einem „digital warehouse“. Zum Dreiklang Wissenschaft und Sammlung gehört aber auch die Ausstellung.
Im zweiten Schritt würde im Zuge des Wachstums auch ein neues Gebäude notwendig. „Als Stadt sind wir verpflichtet, bei einer erfolgreichen Bewerbung einen geeigneten Ausstellungsort zu schaffen“, so Fegebank. Bis Ende des Jahres soll die GWK über den gemeinsamen Antrag von Hamburg und Nordrhein-Westfalen entscheiden, an dem in den vergangenen Monaten „mit Hochdruck“ in der Wissenschaftsbehörde gearbeitet wurde. Ende 2019/Anfang 2020 dürfte die Entscheidung über die Aufnahme in die Leibniz-Gemeinschaft fallen.
So weit waren die Planungen noch nie
Fegebank ist zuversichtlich. „So weit wie Jetzt sind wir noch nie gewesen.“ Die Finanzierung von Forschung und Betrieb der Stiftung Naturkunde Hamburg, die zur Universität gehört, übernähme zur Hälfte der Bund. Weitere 12,5 Prozent würden die Bundesländer in ihrer Gesamtheit bezahlen; die restlichen 37,5 Prozent müsste Hamburg tragen. Der Bau eines Museums allerdings wäre allein Sache der Hansestadt.
Die CDU hatte erst im Frühjahr gefordert, die Naturkunde aufzuwerten und zu einem „neuen touristischen Highlight für Hamburg“ zu machen. Nachdem sich die Wissenschaftsenatorin in der vergangenen Woche bereits das Naturkundemuseum in London angesehen hat, holte sie sich jetzt auf ihrer USA-Reise bei ausgewiesenen Experten Rat, wie naturkundliche Ausstelllungen erfolgreich zu gestalten sind. Fegebank besuchte mit ihrer Delegation in Washington das National Museum of Natural History der Smithsonian Institution, das in einem prächtigen Gebäude an der „ Mall“ in Sichtweite des Kapitols äußerst standesgemäß untergebracht ist.
Scott E. Miller, stellvertretender Untersekretär für Wissenschaft und Sammlungen bei der Smithsonian Institution, führte sie durch die Hallen, zeigte gewaltige Exponate wie einen von der Decke hängenden Wal und erläuterte, welchen Weg das Museum geht, um den Besuchern das naturkundliches Wissen unterhaltsam und anregend näherzubringen, ohne aber zu einem Disneyland der Wissenschaft zu werden. Tiere in nachgebildeten Szenen ihrer natürlichen Umgebung zu zeigen, ist out, erfuhr Fegebank, digitale Angebote hingegen in. An den Ruf des Washingtoner Museums wird Hamburgs Naturkundesammlung wohl nie herankommen; hier arbeiten laut Miller allein etwa 120 Wissenschaftler. Dafür steht das Haus in der amerikanischen Hauptstadt vor anderen Herausforderungen: Streift die Ausstellung die Themen Klimawandel und Evolution, regt sich regelmäßig Kritik. Denn an beides glauben viele Amerikaner nicht.