Hamburg. Die mögliche Spitzenkandidatin der Hamburger CDU ist eine erfolgreiche Juristin und hat in der Politik schnell Karriere gemacht.

„Es war eine spannende, arbeitsreiche und zugleich auch aufschlussreiche, intensive Zeit in der Politik. Ich habe in den letzten zehn Jahren gerne aktiv Politik mitgestaltet.“ Das schieb Aygül Özkan, als sie nach ihrem Ausscheiden als niedersächsische Sozialministerin im Sommer 2014 auch ihr Mandat im Landtag niederlegte und die Geschäftsführung der DB Kredit Service GmbH in Berlin, einer Tochterfirma der Deutschen Bank, übernahm. Nachdem die Hamburger Juristin früher schon bei der Deutschen Telekom, T-Mobile und dem Logistikunternehmen TNT Karriere gemacht hatte, war es quasi eine Rückkehr in ihr „altes“ Berufsleben in der Wirtschaft.

Doch jetzt könnte es eine erneute Wendung geben – zurück in die Politik. Denn Aygül Özkan soll die Spitzenkandidatin der Hamburger CDU für die Bürgerschaftswahl Anfang 2020 werden. Eine schwere Krankheit lässt derzeit zwar noch offen, ob die 46-Jährige diese „tolle Herausforderung“, wie sie selbst es nennt, auch annehmen kann. Doch wenn es so kommt, wofür ihr nicht nur Christdemokraten die Daumen drücken, wäre es das I-Tüpfelchen auf eine beeindruckende Biografie.

Sie passte perfekt ins Anforderungsprofil

Özkans Familie war in den 1960er-Jahren als Gastarbeiter aus der Türkei nach Deutschland gekommen. Ihr Vater hatte zunächst bei der Post gearbeitet und sich später als Schneider selbstständig gemacht. 1971 kam Tochter Aygül in Hamburg zur Welt. Sie machte am Gymnasium Allee in Altona Abitur, entschied sich für die deutsche Staatsbürgerschaft und trat 2004 der CDU bei.

Leitartikel: Union in Not

Bürgermeister Ole von Beust und der CDU-Landesvorsitzende Dirk Fischer wurden schnell auf sie aufmerksam: eine junge Frau mit Migrationshintergrund, bestens integriert, verheiratet und Mutter eines Sohnes, in der Wirtschaft erfolgreiche Juristin – Aygül Özkan passte perfekt ins Anforderungsprofil der „modernen Großstadtpartei“, als die Hamburger CDU sich damals gab. 2008 zog sie in die Bürgerschaft ein und wurde kurz darauf sogar stellvertretende Parteivorsitzende.

Sturm der Entrüstung

Im April 2010 holte der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) sie als Ministerin für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration nach Hannover – was ihr als erste Ministerin mit Migrationshintergrund und muslimischen Glaubens bundesweit Aufmerksamkeit bescherte.

Tatsächlich machte sie schnell Schlagzeilen, aber nicht so, wie die CDU sich das erhofft hatte: „Christliche Symbole gehören nicht an staatliche Schulen“, verkündete Özkan noch vor Amtsantritt – und löste einen Sturm der Entrüstung in der Union aus. Wulff distanzierte sich von ihr, und auch sie selbst ruderte zurück. Immerhin: Dass sie die Schule generell als religiös neutralen Ort beschrieb, an dem auch Kopftücher „nichts zu suchen“ haben, dürfte heute ihre Hamburger Parteifreunde erfreuen – die haben erst im Frühjahr 2018 ein Kopftuchverbot beschlossen.

Plan für eine „Mediencharta“

Auch mit ihrem Plan für eine „Mediencharta“, die Grundregeln für die Berichterstattung über Integration setzen sollte, stieß die Ministerin auf Protest. Wulffs Nachfolger David McAllister räumte das Thema schließlich ab, indem er klarstellte, dass Medienpolitik in sein Ressort falle. Nach der Wahlniederlage ihrer Partei schied Özkan Anfang 2013 als Ministerin aus.

Wer aktuell ihre Homepage aufruft, findet dort nur ein Schwarz-Weiß-Foto von ihr vor der Elbphilharmonie – immerhin ein Hinweis auf ihre Rückkehr nach Hamburg – und den Satz: „Wir bauen meine Website um!“