Hamburg. Der Bürgermeister als Lokführer: Beim Besuch des S-Bahn-Werks darf Peter Tschentscher ans Steuer. Personalmangel bleibt Problem.

„Gut gemacht“, lobte Chef-Ausbilder Jörg Runge den Mann, der soeben an seiner Seite erstmals eine S-Bahn gesteuert hatte. Natürlich nicht bei einer richtigen Fahrt, dies wäre bei einem Anfänger zu gefährlich gewesen. Aber Peter Tschentscher durfte bei seinem Besuch am Freitag im S-Bahn-Werk Ohlsdorf im Simulator Platz nehmen – genau wie die 66 Frauen und Männer, die in diesem Jahr in Hamburg zu Triebfahrzeugführern, so der offizieller Titel, ausgebildet werden.

Den Termin des Bürgermeisters kann man durchaus als politisches Signal werten. Bereits im Juli hatte Tschentscher (SPD) angekündigt, dass der Senat den öffentlichen Nahverkehr massiv ausbauen werde. Auch im S-Bahn-Werk Ohlsdorf bekräftigte der Bürgermeister diesen Plan: „Wir brauchen mehr Züge, wir brauchen längere Züge, die rund um die Uhr fahren. Wir müssen gute Angebote für die Autofahrer schaffen, freiwillig auf den öffentlichen Nahverkehr umzusteigen.“

Mit Kay Uwe Arnecke, Geschäftsführer der S-Bahn Hamburg, inspizierte Tschentscher die neue Generation der S-Bahn-Züge, den ET 490, der bereits auf der Linie S 21 fährt, die Bergedorf und das Umland mit dem Hauptbahnhof verbindet. „Das ist wirklich High-End“, lobte der Bürgermeister die Ausstattung mit Klimaanlage, Flachbildschirmen und beweglichen Armlehnen.

S-Bahn steckt 500 Millionen in Modernisierung

Für den hohen Besuch hatten S-Bahn-Mitarbeiter den Zug auf Hochglanz poliert, das Cockpit wirkte steril wie ein OP. Auch hier nahm Tschen­tscher auf dem Fahrersitz Platz. „Der Schlüssel steckt, Sie könnten losfahren“, sagte ein Techniker. „Besser nicht“, antwortete Tschentscher mit Blick auf das Cockpit mit zahlreichen Schaltern und Displays.

72 Züge mit je drei Wagen hat die S-Bahn Hamburg bestellt, in der Regel werden zwei oder gar drei Züge zusammengekoppelt. Mit den acht bereits ausgelieferten Zügen läuft seit Juni der Testbetrieb. Insgesamt steckt die S-Bahn 500 Millionen Euro in die Modernisierung ihres Fuhrparks.

S-Bahn setzt auf Quereinsteiger

Nur: Wer steuert die Züge künftig? Die Gewerkschaft der Lokführer (GdL) warnt vor einem dramatischen Personalengpass. Schon jetzt würden regelmäßig Fahrten ausfallen, die Bahn würde dies mit „betrieblichen Gründen“ kommunzieren. Die S-Bahn spricht dagegen von „absoluten Ausnahmefällen“, die nur bei plötzlichen Krankheitsmeldungen entstehen würden.

Zunehmend setzt die S-Bahn auf Quereinsteiger als Lokführer. Tschen­tscher lernte am Freitag drei kennen. Zwei Mechaniker und ein Einzelhandelskaufmann paukten im Schulungsraum Verkehrsvorschriften, acht Monate dauert die Ausbildung. „Wer es schafft, könnte auch zur S-Bahn nach München wechseln“, sagte Arnecke. „Das machen Sie aber bitte nicht“, appellierte Tschentscher. Die drei Herren nickten geflissentlich.