Hamburg. Elbphilharmonie-Chef Christoph Lieben-Seutter kennt und mag beide Städte. Eine Aussage zieht er aber doch wieder zurück.

Vor mehr als zehn Jahren kam Christoph Lieben-Seutter, Generalintendant der Elbphilharmonie und der Laeiszhalle, nach Hamburg – aus Wien, wo er geboren ist und wo er zuletzt als Generalsekretär die künstlerische und kaufmännische Leitung der Konzerthausgesellschaft und des Festivals Wien Modern hatte. Lieben-Seutter, dem man das Wienerische natürlich sofort anhört, lebt mit seiner Familie in Harvestehude an der Grenze zu Eppendorf. Und er ist der beste Ansprechpartner, wenn es um die Lebensqualität von Wien und Hamburg geht.

Wien ist lebenswerter als Hamburg – wie konnte das denn passieren?

Christoph Lieben-Seutter: Ich habe mich vor ein paar Jahren mal aus Spaß mit diesem Ranking beschäftigt, als Hamburg noch in den Top Ten war – und ich glaube, es liegt gar nicht an Hamburg, es hat sich hier gar nicht so viel verändert. Andere haben halt aufgeholt. Im Prinzip spielen alle Städte in den Top Twenty in derselben Liga.

Sie leben nun seit vielen Jahren hier und nicht dort – was fehlt Ihnen am meisten?

Lieben-Seutter: Gar nichts! Ich lebe gern in Hamburg, es ist eine wunderbare Stadt. Am Anfang war mir aufgefallen, wieviel dichter Wien ist, da ist alles viel enger beieinander. Mittlerweile liebe ich die Breite und die Weite von Hamburg sehr. Wien hat ja ungefähr dieselbe Bevölkerung, aber auf viel geringerer Fläche. Das ist schon ein anderes Stadtgefühl.

Überträgt sich diese Enge auf der einen und die Offenheit auf der anderen Seite auf die Menschen?

Lieben-Seutter: Die Wiener bilden sich jedenfalls mehr auf ihre Stadt ein. Andere Österreicher halten die Wiener für präpotent und arrogant. Wahrscheinlich nicht ganz zu Unrecht. Die Hamburger sind da viel maßvoller.

Ach, tatsächlich?

Lieben-Seutter: Na ja, „schönste Stadt der Welt“ und so, stimmt. Gut, also das „maßvoll“ ziehe ich zurück.

Was kann Hamburg von Wien lernen? Und was hat Hamburg, was Wien nicht hat?

Lieben-Seutter: Beide Städte sind gut geführt. Wien als Klassik-Stadt ist natürlich weltweit einzigartig, so viel Oper, so viele gute Orchester, das macht der Stadt so schnell keiner nach. Und Wien als Residenzstadt hat eine höhere Dichte an Museen und hochkarätigen Gebäuden. Aber ich mag den Menschenschlag hier in Hamburg gern. Klare, geradlinige Leute, man weiß, woran man ist. Es gibt hier diesen trockenen, fast englischen Humor. Ich arbeite eigentlich lieber in Hamburg. Ich würde fast sagen: Ich lebe auch lieber in Hamburg als in Wien. Dazu kenne ich die Wiener zu gut. Die wirken gemütlich und charmant, meinen es aber oft ganz anders.