Hamburg. Zerstückelte Prostituierte, Serienvergewaltigung, Bankraub: Polizei versucht auch nach Jahren, spektakuläre Taten aufzuklären.
Die Fälle lassen den Ermittlern keine Ruhe. Noch immer ist eine Reihe spektakulärer Kriminaltaten in Hamburg nicht aufgeklärt – die Polizei steht vor Rätseln, auch wenn sie ihr ganzes Repertoire an Möglichkeiten einsetzt, um die Täter zu fassen. Fünf Fälle, die der Kripo besonders unter den Nägeln brennen:
Der Stückelmord. Auf der Suche nach dem Täter, der die 48 Jahre alte Prostituierte Maria A. tötete, haben die Ermittler erst vor wenigen Tagen einen neuen Zeugenaufruf gestartet. Auch nehmen sie verschiedene Orte, die im Zusammenhang mit der Tat stehen, erneut unter die Lupe. Doch der Aufruf brachte bisher nicht den gewünschten Erfolg. Nur spärlich gingen Hinweise ein – darunter nicht die erhoffte heiße Spur.
Am 3. August 2017 fanden Passanten am Rissener Ufer Leichenteile – es waren der Unterleib und Oberschenkel einer Frau. Die Zeugen beobachteten auch ein weißes Fahrzeug, das im Zusammenhang mit der Tat stehen könnte. In den folgenden Tagen tauchten in verschiedenen Gewässern der Stadt immer wieder Leichenteile auf. Insgesamt zählte die Polizei zwölf Fundorte in Rissen, Billbrook, Winterhude und Rothenburgsort. Unter den Leichenteilen war auch der Kopf der Frau, die als Maria A. identifiziert wurde, eine in Spanien lebende Mutter aus Äquatorialguinea, die in St. Georg unter dem Namen „Rosa“ der Prostitution nachging.
Zuletzt war sie am 3. August gegen 14 Uhr am Hansaplatz in Begleitung eines 50 bis 55 Jahre alten Mannes gesehen worden. Beide seien in Richtung Bremer Reihe gegangen, hieß es. Der Mann von kräftiger Statur soll blaue Oberbekleidung und eine Kopfbedeckung getragen haben. Der Fall wurde Ende Februar bundesweit im Fernsehen ausgestrahlt. Doch auch danach gingen kaum Hinweise bei der Mordkommission ein.
Der Alstermord. Zu den mysteriösesten Fällen der vergangenen Jahre gehört der Tod des 16 Jahre alten Victor E., der am 16. Oktober 2016 gegen 22 Uhr an der Alster unterhalb der Kennedybrücke attackiert und durch mehrere Messerstiche tödlich verletzt wurde. Bei ihm war seine 15 Jahre alte Freundin. Der Täter schubste sie ins Wasser. Die Mordkommission ließ für die Ermittlungen unter anderem rund 11.500 Ärzte anschreiben, weil sie davon ausging, dass sich der Täter an der Hand verletzt hatte und deswegen möglicherweise behandeln lassen musste.
Auch die Handydaten der Telefone, die sich im Tatzeitraum rund um den Tatort in Sendemasten eingecheckt hatten, wurden ausgewertet. Später meldete sich eine Grafikerin, der der vermutliche Täter vor das Auto gelaufen war. Sie konnte eine gute Beschreibung für eine Phantomskizze abgeben. Doch alle polizeilichen Maßnahmen brachten nichts. Zuletzt wurde der Fall am 4. Juli in der Fahndungssendung „XY – ungelöst“ ausgestrahlt. Doch keiner der wenigen Hinweise brachte den Durchbruch.
Die Serienvergewaltigung. Anfang dieses Jahres ereigneten sich in Wilhelmsburg innerhalb von fünf Tagen drei Sexualdelikte, alle begangen vom selben Mann. Am 25. Januar wurde eine 25-Jährige in der Straße Groß-Sand überfallen. Am 24 Januar griff der Täter im Gert-Schwämmle-Weg eine 50 Jahre alte Frau an, am 20. Januar eine 32-Jährige in der Trettaustraße. Die Frauen beschrieben den Täter als 30 bis 40 Jahre alten, schlanken Mann mit auffallenden, hervortretenden Wagenknochen. Er könnte laut Opfer aus Südeuropa oder Nordafrika stammen. Trotz einer Phantomskizze, die alle Frauen als treffend ansahen, gingen kaum Hinweise auf den Gesuchten ein.
Der Bankraub. Es war ein Fall, wie es ihn in Hamburg lange nicht gegeben hatte. Am 12. Januar 2017 überfiel ein maskierter und bewaffneter Mann die Haspa an der Holstenstraße. Er schoss auf einen Mitarbeiter und traf diesen in den Bauch. Bei dem Täter handelte es sich laut Polizei um einen älteren Mann, vermutlich ein Deutscher. Die Vorgehensweise deutete darauf hin, dass er kein Ersttäter war. So ging er bei dem Überfall kühl und berechnend vor und flüchtete auch nach dem Schuss ohne Hektik mit einem Fahrrad in Richtung des Bahnhofs Holstenstraße. Ermittler gehen davon aus, dass derselbe Mann bereits fünfeinhalb Jahre vorher, am 29. Dezember 2011, die Haspa am Neuen Steinweg in der Innenstadt überfallen hatte. Auch in diesem Fall wurde im Fernsehen bundesweit nach ihm gefahndet. Trotzdem blieben alle Ermittlungen, auch in Richtung einschlägig bekannter Täter, erfolglos.
Die Rotlichtschießerei. Am 4. November 2013, 45 Minuten nach Mitternacht, wurde an der Rennbahnstraße in Horn ein 24-Jähriger angeschossen. Der Täter hatte sein Opfer offenbar gezielt abgepasst. Anschließend flüchtete der Schütze in einem silbernen Wagen mit Pinneberger Kennzeichen. Die Spur führte ins Rotlichtmilieu, doch dort stieß die Polizei auf Schweigen. Im vergangenen Jahr ergaben sich im Zusammenhang mit dem gewaltsamen Tod des Boxers Tunahan K. neue Hinweise: Dessen Leiche wurde am 21. Juli 2017 in einem Waldstück an der Autobahnraststätte Holmmoor gefunden. Der Mann war zuletzt am 23. Juni gegen 17 Uhr in seinem Autohaus in Lokstedt lebend gesehen worden. Welchen Zusammenhang die Ermittler zwischen den beiden Taten sehen, blieb bislang geheim.
Spektakuläre Kriminalfälle werden in Hamburg meist aufgeklärt. Während die Aufklärungsquote bei Straftaten allgemein mit rund 44 Prozent im Bundesvergleich eher unterdurchschnittlich ist, findet die Polizei bei rund 92 Prozent der Tötungsdelikte den Täter. Bei den schweren Sexualdelikten wie Vergewaltigung werden drei von vier Taten schnell aufgeklärt.