Hamburg. Unternehmen setzt Umbau mit Verjüngung der Werbe-Ikone fort. Bei den Briten kommt Schauspieler Acerbi gut an.

Riccardo Acerbi hat schon als Kind gern Fischstäbchen gegessen. Ganz vorbildlich mit Tomaten und Salat. Er liebt das Meer, kann sogar segeln. Und, auch nicht ganz unwichtig, Blau steht ihm gut. Normalerweise würde das kaum jemanden interessieren. Der Schauspieler aus Italien ist in Deutschland eher wenig bekannt. Das könnte sich bald ändern. Denn Acerbi ist das neue Gesicht einer der bekanntesten Werbe-Ikonen hierzulande: Käpt’n Iglo. Von Ende August an schickt der Hamburger Tiefkühlkosthersteller den markigen Seebären in die Werbeblöcke der Fernsehkanäle.

Unter der Führung von Geschäftsführerin Antje Schubert hat sich Deutschlands größter Hersteller von tiefgekühlten Lebensmitteln in den vergangenen zwei Jahren mit einem radikalen Umbau aus einer wirtschaftlichen Krise herausgearbeitet. Jetzt bekommt auch das Image der beliebten Werbe­figur eine Verjüngungskur verpasst. „Lässig, kernig und cool“, so soll der Käpt’n Iglo des Jahres 2018 rüberkommen. Britische Medien, wo ein Fernsehspot mit dem Neuen an Bord schon seit einigen Monaten läuft, sind so begeistert von Acerbis strahlend blauen Augen, dem George-Clooney-Lächeln und dem sorgsam gestutzten Bart, dass sie ihm das Attribut „hot“ zuerkannten.

Crew ist erwachsen geworden

Sind jetzt sogar Fischstäbchen sexy? Auf jeden Fall hat Acerbis Neuinterpretation des TV-Seemanns nicht mehr viel mit den Ursprüngen des Käpt’n in Iglos Diensten zu tun. 1966 war er von einer deutschen Agentur für den britischen Markt erfunden worden. In Deutschland und Österreich schippert er seit 1985 durch die Sender, zunächst als Comicfigur. Seine Mission: glückliche Kinder, leer gegessene Teller. Besonders glaubhaft erfüllte diese Rolle über Jahre der 2011 gestorbene Volksschauspieler Gerd Deutschmann. Mit goldglänzend dekorierter Paradeuniform, Walrossschnauzer und Lachfältchen um die Augen trotzte er gemeinsam mit einer fröhlichen Kinderschar jedem Piratenangriff. Zur Belohnung gab es knusprige Fischstäbchen.

Auch der neue Käpt’n ist an Bord eines stattlichen Segelschiffs unterwegs. Aber statt Ferienlagerstimmung genießt er den Sonnenuntergang, springt zur Abkühlung auch mal ins Meer – ohne Uniform versteht sich. Einen Moment der Ruhe und Gelassenheit in hektischen Zeiten sollen die Bilder suggerieren, gemäß dem Iglo-Motto: „Einfach lecker leben.“ Seine Crew ist erwachsen geworden, Kinder sitzen nur noch brav am Tisch. „Die Kampagne verbindet das in der Vergangenheit gewachsene Vertrauen in unsere Produkte mit dem heutigen Zeitgeist“, beschreibt Iglo-Kommunikationschef Alfred Jansen die Zielrichtung im typischen Marketingsprech.

Schon für Coca-Cola vor der Kamera

Gedreht wurde vor der südafrikanischen Küste in Kapstadt. „Für mich ist es eine Ehre, solch eine Werbe-Ikone spielen zu dürfen“, schwärmt Acerbi bei einem Besuch in Hamburg. Selbst das kalte Wasser des Südatlantiks habe ihn nicht gestört. Bastoncini, wie Fischstäbchen in Italien heißen, sind für ihn Kult, auch seiner Tochter hat er sie früher gern gebraten. „Es freut mich, eine neue moderne Perspektive in diesen beliebten und bekannten Charakter hineinzubringen.“

Der 56-jährige Römer stand unter anderem schon für Coca-Cola, Campari und Cinzano vor der Kamera. In den 80er-Jahren war er in einigen internationalen Filmen zu sehen. Die Kampagne der Agenturen Grey London und Believe wirbt außer für die Stäbchen auch für Iglo-Backfisch und -Schlemmerfilet und wurde an den jeweiligen Markt in den verschiedenen europäischen Ländern angepasst. Allein in Großbritannien, wo der Tiefkühlkosthersteller unter Birds Eye firmiert, investiert Iglo nach Medienberichten 9 Millionen Euro in die Kampagne. Das Unternehmen selbst gibt keine Etatzahlen bekannt.

Emotionaler Faktor

„Käpt’n Iglo ist der emotionale Faktor, der den Fisch den Menschen näherbringt. Damit hat der Siegeszug der Fischstäbchen begonnen“, sagt Kommunikationschef Hansen. Pro Kopf isst jeder Deutsche 24 der panierten Filets pro Jahr. Marktanteil der Iglo-Fischstäbchen: 65 Prozent. Die Rückkehr zu der Marken-Ikone ist ein weiterer Schritt in die Zukunft. 2006 war der Tiefkühlkostproduzent vom britisch-niederländischen Konzern Unilever an den Finanzinvestor Permira verkauft worden.

Werbefiguren

Internationalisierungsdruck und ein straffes Finanzkonzept sorgten dafür, dass der Käpt’n – der in Ländern wie Spanien oder Portugal unbekannt ist – quasi außer Dienst genommen wurde. 2015 reichte die Beteiligungsgesellschaft Iglo an Nomad Foods weiter. Unter der neuen Chefin Schubert haben sich die Umsätze des Handels mit Iglo-Produkten deutlich erholt. 2017 waren es in Deutschland 466 Millionen Euro, ein Plus von mehr als 15 Prozent.

Lokales Umfeld wieder mehr im Fokus

Unter dem neuen Besitzer ist das lokale Umfeld der Produkte wieder mehr im Fokus. Und damit auch Käpt’n Iglo, der in Deutschland nach Marktanalysen sogar bekannter ist als die Herstellerfirma selbst. 2016 ist er auf die Vorderseite der Verpackungen zurückgekehrt. In den TV-Spots trug zuletzt der Brite Mark Fletcher die Kapitänsmütze. Jetzt kommt die Wachablösung. In einem Punkt bleibt allerdings alles beim Alten. Iglo wirbt damit, dass die Stäbchen aus Alaska-Seelachs produziert werden. Anders als der Name suggeriert, ist das allerdings ein Dorsch, kein Lachs. Aber das kann ja einen Seemann nicht erschüttern.