Hamburg. Aus Buxtehude kommt Sternekoch Jens Rittmeyer ins Abendblatt-Restaurant – und verzaubert mit seinen Saucen.

Ohne Sauce kein Vergnügen.“ Davon ist Jens Rittmeyer fest überzeugt. Und deshalb heißt ein Gang, den er im „Hamburger Abendblatt – Das Restaurant im Louis by Thomas Martin & Friends“ serviert, einfach Sauce und Brot. Aber davon später mehr. Der 43-Jährige ist der vierte Gastkoch im Abendblatt-Lokal und serviert seine Speisen vom 5. bis zum 13. September gegenüber der Elbphilharmonie.

Eigentlich kocht der Vater zweier Söhne in Buxtehude. N°4 heißt das Restaurant im Hotel Navigare, im vergangenen November bewertete Michelin es mit einem Stern. Dieser Qualitätsausweis ist Rittmeyer nicht fremd. Schon im Restaurant São Gabriel in Almancil an der portugiesischen Algarve von 2003 bis 2009 sowie danach bis 2016 im KAI3 im Hotel Budersand auf Sylt hatte er sich diese Auszeichnungen erarbeitet.

In die Lehre ging Rittmeyer in Bühl und Baden-Baden

Geboren ist der Küchenchef in Halle an der Saale. „Ich hatte Glück. Als die Wende kam, war ich mit der Schule fertig und konnte in die Welt hinaus.“ In die Lehre ging Rittmeyer in Bühl und Baden-Baden, Stationen in Köln, Düsseldorf und beim damaligen Drei-Sternekoch Dieter Müller in Bergisch Gladbach schlossen sich an. Der Umgang mit Lebensmitteln war Rittmeyer von Kindheit an vertraut. „Ich bin auf einem großen Hof aufgewachsen. Wir hatten Gemüse, haben selbst geschlachtet und gemostet. Meine Mutter hat mich helfen und probieren lassen.“

Also lässt er die Gäste im „Hamburger Abendblatt – Das Restaurant im Louis by Thomas Martin & Friends“ an seiner Kreativität teilhaben. Zum Auftakt gibt es Eisbergsalat mit Eisenkrautvinaigrette und Crunch, Tatar von gegrillter Moorkarotte mit Leindottercreme und Kohlchips mit Eigelbcreme. Drei delikate Bastelarbeiten, die auf Rittmeyers Kunst einstimmen und definitiv Lust auf mehr machen.

Der zweite Gang ist ein Markenzeichen von Rittmeyer

Als erster Gang wird gekühlte Kopfsalat-Erbsensuppe mit Taschenkrebstatar serviert. Sehr grün und sehr frisch dank Geflügelfond, Joghurt, Chardonnayessig, Kopfsalat und Erbsen. Das Krebsfleisch ist eher gezogen denn gehackt und deshalb recht stückig. Eine gelungene Sommer-Kombination. Getrunken wird dazu eine 2017 Scheurebe Steinmeer vom Weingut Fogt aus Rheinhessen. Von einer „subtilen Verführung“ spricht Wein-Experte Gerd Rindchen und lobt die Intensität der auf vulkanischem Porphyr gewachsenen Scheurebe. Der sehr sinnliche Duft nach Holunderblüte, Schwarzer Johannisbeere und Zitrus gleitet über in einen saftig-fruchtigen Geschmack.

Der zweite Gang ist ein Markenzeichen von Rittmeyer: Färöer Lachs mit geräucherter Buttermilch und Dill. Feiner zarter Fisch, festes Fleisch und trotzdem super Schmelz, schwimmt im Milchschaum, begleitet von Scheiben von Kohlrabi und Blättern von der Kapuzinerkresse. Was soll man sagen? Schmeckt toll und einfach sehr gut.

Färöer Lachs mit geräucherter Buttermilch und Dill
Färöer Lachs mit geräucherter Buttermilch und Dill © Marcelo Hernandez | Marcelo Hernandez

Jakobsmuscheln gehen immer

Der Wein ist eine 2017 Weißweincuvee „Dialog“ vom Johanneshof Reinisch südlich von Wien in Österreich. Der Rebensaft schmeckt nach Limettenschale und Honig, ist spritzig und gediegen zugleich. Der Sauvignon Blanc wird im Stahltank ausgebaut, der Chardonnay im großen Holzfass. Dieser Dialog ist Winzer Reinisch gelungen.

„Jakobsmuscheln gehen immer“, sagt der Koch und richtet diese mit Selleriesaft und brauner Butter an. Das Meerestier wird in der Muschel serviert, die intensiv schmeckende Flüssigkeit am Tisch angegossen. Für grünen Blickfang und eine weitere Geschmacks-Komponente sorgen Salzkraut, Bronzefenchel und Austernblätter. Eine Hommage an den Norden, an die geschmackliche Vielfalt pflanzlicher Zutaten und die Liebe zu „echtem” Essen.

Das Meerestier wird in der Muschel serviert
Das Meerestier wird in der Muschel serviert © Marcelo Hernandez | Marcelo Hernandez

Der Wein dazu: ein 2016 Grande Réserve Blanc, Château Haut-Blanville aus dem französischen Languedoc. Er duftet nach Birne, Pfirsich, Mandarine, Butter und Karamell. Die letzteren beiden Noten zeugen vom gepflegten Barriqueausbau, der auch für diesen gewissen Schmelz am Gaumen verantwortlich ist. Und dann Sauce und Brot so als Schmankerl zwischendurch. Aber was für eins! Saucenkönig Jens Rittmeyer macht hier seinem Ruf alle Ehre. In drei Schälchen kommen Rehfond, weiße Zi­tronensauce und Thymian-Schalotten-Sauce auf den Tisch. Dazu Drescherbrot vom fränkischen Brot-Gott Arnd Erbel aus Dachsbach, von dem man ein Stückchen abreißt, in ein Schälchen tunkt und dieses blitzblank auswischt. Herrlich!

Hauptgang im klimatisierten Restaurant: Huhn mit Hafer

Da könnte es das Hauptgericht schwer haben, dieses Geschmackserlebnis zu toppen. Aber nicht bei diesem Gastkoch im Abendblatt-Restaurant. Das Huhn vom Hof Odefey bei Uelzen hat aromatisches festes Fleisch, die Haut ist knusprig gebraten. Lauch und Steinpilz kommen als Begleitung wie auch die alte Sorte Nackthafer, der ein bisschen wie Graupen oder körniger Reis schmeckt. Die Sauce, eine Jus von Dost, dem deutschen Majoran, ist natürlich wieder Extraklasse.

Zu trinken gibt es einen 2014 Pinot Noir „Gipskeuper“ von Rainer Schnaitmann aus Fellbach bei Stuttgart. Der Wein duftet nach Sauerkirschen, Brombeeren und Cassis, Veilchen und zarten Röstnoten, hat viel Charme und vielversprechende Finesse.

Blaubeeren aus dem Alten Land als Parfait

Das Dessert: Blaubeeren aus dem Alten Land als Parfait, Schaum und Kompott, geröstete Topinambur als Creme wie Karamell und das Kraut Agastache, das nach Anis und Minze schmeckt. Alles zusammen auf einen Löffel, und das Spiel zwischen Süße und Frucht, Würze und sanften Aromen entfaltet sich im Mund.

Voila! Das Dessert
Voila! Das Dessert © Marcelo Hernandez | Marcelo Hernandez

Dazu ein fast vergessenes Getränk namens Wermut. Diese Sorte Werner Wermut „RG White“ aus Cupf in der Pfalz basiert auf einem reinsortigen Grundwein, dessen Aromen nach Apfel, Pfirsich und Aprikose den Weg weisen: Es handelt sich um Riesling – in diesem Fall vom Weingut Ellermann Spiegel, abgerundet durch feinste Kräuter, Gewürze und Zitrusfrüchte.

Schluss? Nicht ganz. Jens Rittmeyer präsentiert in kleinen Schalen noch ein süßes Ende mit angenehmer Säure: ein Sorbet aus dem isländischen Joghurt Skyr mit Johannisbeer-Sud sowie geeisten grünen Tee aus Haferblättern mit Zitronenthymian.

Damit hat der Michelin-besternte Küchenchef sein kulinarisches Können im „Hamburger Abendblatt – Das Restaurant im klimatisierten Louis by Thomas Martin & Friends“ gezeigt. Wer mittags Platz nimmt, darf die Suppe, Sauce und Brot, das Huhn, den Nachtisch und die begleitenden Weine genießen. „Ich freue mich, unser Lokal N°4 vor der Kulisse der Hamburger Hafencity präsentieren zu dürfen“, sagt Rittmeyer. Natürlich will er „diese sensationelle Plattform nutzen und den hanseatischen Genießern zeigen, dass auch jenseits der Elbe kulinarische Erlebnisse warten“. Die S-Bahn schafft den Weg vom Hauptbahnhof in 39 Minuten.