Hamburg. Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank erwartet Zwillinge – und schmiedet bereits Pläne für die Zeit nach der Geburt.
Auch seine schönsten Wendungen beschert das Leben gerne ohne Ankündigung und gegen jede Erwartung. „Wir haben uns Kinder gewünscht und freuen uns sehr, auch wenn wir vom Zeitpunkt überrascht wurden“, sagt Hamburgs Zweite Bürgermeisterin und Wissenschaftssenatorin, Katharina Fegebank (Grüne). „Ich selbst hatte eine glückliche Kindheit, und mir war immer klar, dass ich selbst auch mal eine Familie haben möchte.“ Nun haben die 41-Jährige und ihr ein Jahr jüngerer Partner, der Unternehmer Matthias Wolff, sogar doppelten Grund zur Freude: Katharina Fegebank ist schwanger – mit Zwillingen. Stichtag ist im Dezember.
Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) wünschte den werdenden Eltern schon am vergangenen Donnerstag in einem persönlichen Gespräch alles Gute. Er freue sich sehr für die beiden, hieß es. Gestern gratulierte er außerdem via Twitter.
Die Eltern haben Unterstützung zugesagt
Fegebank und Mathias Wolff kennen sich schon länger über gemeinsame Freunde. Seit 2015 sind sie ein Paar. Die meiste Zeit leben die beiden zusammen in Eilbek. „Wie wir uns auf die neue Situation einstellen, werden wir jetzt in Ruhe besprechen“, sagt Fegebank, die mit ihrem Partner gerade Urlaub auf Rügen macht. „Auf jeden Fall haben wir das Glück, dass unsere Eltern uns alle kräftig unterstützen wollen.“
Die Politik- und Europawissenschaftlerin war von 2008 bis 2015 Landesvorsitzende der Hamburger Grünen, bis sie ihre Ämter im rot-grünen Senat antrat. Sie ist nach der ehemaligen Justizsenatorin Jana Schiedek (SPD) erst die zweite Hamburger Senatorin, die im Amt Kinder bekommt. „Ich liebe meinen Beruf“, sagt Fegebank. „Ich möchte so lange arbeiten, wie es möglich ist.“ Sie hat 18 Wochen Mutterschutz, sechs Wochen vor der Geburt, zwölf Wochen danach.
Zwillings-Papa Tjarks spricht Mut zu
Nach dem Mutterschutz könnte Fegebank theoretisch auch Elternzeit nehmen – aber das hat sie wohl nicht vor. „Nach der Geburt werde ich eine Babypause machen, bis wir uns alle an die neue Situation gewöhnt haben“, sagt sie. „Aber ich gehe davon aus, dass ich dann im Frühling wieder voll einsteige. Vielleicht bin ich die erste Zweite Bürgermeisterin mit so kleinen Kindern. Aber ich bin ja nicht die erste Politikerin und erst recht nicht die erste berufstätige Frau, die Job und Familie unter einen Hut bringen muss.“
Unterstützung bekommt Fegebank auch aus ihrer Partei. „Sie wird Job und Kinder gut unter einen Hut bringen. Da bin ich mir sicher“, schrieb Grünen-Fraktionschef Anjes Tjarks auf Facebook. Er selbst hat drei Kinder – zwei von ihnen sind Zwillinge. Den Alltag mit zwei kleinen Kindern zu meistern, sei eine Herausforderung. „Aber zum Glück sind wir ja in einer Partei, in der man drauf vertrauen kann, dass es klappt, Politik und Familie zu vereinbaren“, schrieb Tjarks.
In Vertretung von Fegebank wird Staatsrätin Eva Gümbel (Grüne) die Leitung der Wissenschaftsbehörde übernehmen. Im Senat soll Fegebank durch Schulsenator Ties Rabe (SPD) vertreten werden.
Veit kehrte direkt nach der Geburt zurück
Der gesellschaftliche Wandel hinsichtlich der Vereinbarkeit von Familie und Beruf hat seit einigen Jahren auch die Spitzenpolitik erfasst. „Trendsetterin“ in Hamburg war Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD): 2013 brachte die damals 39-Jährige ihren Sohn Johann Jacob auf die Welt – und nur sechs Tage später saß sie erstmals wieder im Büro, den kleinen Sohn auf dem Schoß.
Veit machte nie viel Aufhebens darum, schließlich war es ihr drittes Kind. Zum Vorbild wollte sie ihren pragmatischen Spagat zwischen der Mutterrolle und den vielen repräsentativen Pflichten der Bürgerschaftspräsidentin auch nicht erheben: „Es gibt bei dem Thema kein Richtig und kein Falsch und keine Vorbilder“, sagte Veit. „Jeder muss für sich selbst herausfinden, was für ihn oder sie am besten ist.“
2014 war es dann Jana Schiedek, die als erste Hamburger Senatorin während ihrer Amtszeit ein Kind bekam. Nur acht Wochen später kehrte die damals 40-Jährige in die Behörde zurück, räumte aber ein, dass sie ihre Arbeitszeit nun etwas flexibler gestalten müsse: „Das Amt beeinflusst die Familie, aber die Familie beeinflusst auch das Amt“, sagte Schiedek und betonte: „Es war allen klar, dass ich nicht mit fünf Abendterminen pro Woche und drei Wochenendterminen im Monat weitermache.“
Leonhard verzichtete auf Bürgermeisteramt
Wie schwer der Spagat zwischen der Rolle als junger Mutter und einem politischen Spitzenamt immer noch sein kann, zeigte sich Anfang 2015, als Schiedek entschied, eine Auszeit von der Politik zu nehmen. „Eine weitere Amtszeit im Senat, und mein Sohn wäre eingeschult worden“, sagte sie später und machte damit klar, was die Motivation hinter diesem Schritt war: Sie wollte mehr Zeit mit ihrem Kind verbringen. 2017 stieg Schiedek als Staatsrätin der Kulturbehörde eine Ebene unter dem Senatorenamt wieder ein.
Trotz positiver Veränderungen ist die Vereinbarkeit von Job und Familie aber auch bei etlichen aktuellen Senatsmitgliedern ein heikles Thema. So hatte die Bürgerschaftsabgeordnete Melanie Leonhard (SPD) 2015 mit Blick auf ihren ein Jahr alten Sohn lange gezögert, das Amt der Sozialsenatorin zu übernehmen. Schließlich gab sie dem Werben des damaligen Bürgermeisters Olaf Scholz (SPD) nach. Als es Anfang 2018 aber darum ging, wer nun Scholz als Bürgermeister nachfolgen könnte, zeigte die hoch gehandelte 40-Jährige schnell klare Kante – und verzichtete.
„Es ging mir nicht um den Aufwand“, stellte sie später klar und deutete an, dass vielmehr die öffentliche Fixierung auf das Bürgermeisteramt mit allen Begleiterscheinungen sie als junge Mutter abgeschreckt hätten: „Mein Sohn ist mit drei Jahren noch voll auf mich angewiesen, er kann noch nicht alleine irgendwo hingehen – soll ich ihn mit Personenschützern begleiten?“ Dennoch übernahm Leonhard den SPD-Landesvorsitz von Scholz, ein Amt, das weniger im Fokus steht.
Auch Dressel gab der Familie Vorrang
Aus ähnlichen Gründen hatte auch der damalige SPD-Fraktionschef Andreas Dressel abgesagt. Er habe lange mit sich gerungen, „ob ich diesen Schritt in einer Situation mit drei kleinen Kindern gehen kann und vor allem wirklich will“, schrieb der 43-Jährige später an seine Parteifreunde und bat, seinen Verzicht zu respektieren. Statt Bürgermeister wurde Dressel Finanzsenator – was erneut den Unterschied zwischen einem „normalen“ Amt im Senat und dem des Senatschefs verdeutlicht.
Wie Kinder und Politik unter einen Hut zu bringen sind, kann sich Katharina Fegebank aber auch bei ihren grünen Parteifreunden abschauen: Ihre Staatsrätin Eva Gümbel hat fünf Kinder, Fraktionschef Anjes Tjarks ist wie erwähnt Dreifach-Papa, Justizsenator Till Steffen hat zwei schulpflichtige Jungs – und in seiner Behörde klare Regeln aufgestellt, wann er für seine Kinder da sein möchte und muss. Das sei auch allgemein akzeptiert: „Vor zehn oder 15 Jahren hätte man mit so einer Ansage wohl noch Probleme bekommen“, sagte Steffen kürzlich. „Aber die Maßstäbe haben sich zum Glück verschoben.“
Fegebank kann nun neue Maßstäbe setzen – eine Zweite Bürgermeisterin mit Zwillingen, das gab’s noch nie.