Hamburg. Matthias Gfrörer ist nächste Gastkoch im Abendblatt-Restaurant. Er hat das dritte Menü kreiert – regional, saisonal, nachhaltig.
Matthias Gfrörer ist in der Welt rumgekommen. New York, Berlin, Monte Carlo, Barcelona, Vereinigte Arabische Emirate. In Dubai kochte er für einen reichen Araber auf dessen Yacht. „Er verlangte Erdbeeren im Januar. Die musste ich einfliegen lassen. Und da wusste ich, dass ich das nicht mehr wollte.“ Der Hamburger kehrte zurück und bereitet jetzt regional, saisonal und nachhaltig zu. Wie gut er das kann, zeigt er als dritter Gastkoch vom 26. August bis zum 3. September im Hamburger Abendblatt - Das Restaurant im Louis by Thomas Martin & Friends.
Dank seiner Oma und ihres Kartoffelschälmessers entdeckte der heute 39-Jährige sein Faible fürs Kochen. „Das war immer das Erste, was ich mir schnappte, um in der Küche beim Schneiden und Schälen zu helfen. Omas gute Laune und Fähigkeit, einfach leckeres Essen zuzubereiten motivierten mich, etwas mit den Händen schaffen zu wollen.“ Gfrörer behielt dieses Ziel bei in seiner Ausbildung im Hotel Vier Jahreszeiten an der Binnenalster und entwickelte die echte Leidenschaft für Töpfe und Pfannen weiter als Souschef im Margaux in Berlin.
Matthias Gfrörer: Keine künstlichen Aromen
Seit neun Jahren mittlerweile führt er zusammen mit Ehefrau Rebecca das Restaurant Gutsküche auf dem Gut Wulksfelde gleich hinter der Stadtgrenze im Nordosten Hamburgs. Seine Philosophie: „Man muss ein Gespür für die ,goldene Mitte‘ verinnerlichen, also den Zeitpunkt abwarten, zu dem die Natur ein perfektes Produkt liefert. Das ist die Basis von Geschmack – und über den lässt sich nicht streiten.“ In der Gutsküche gibt es keine künstlichen Aromen oder Geschmacksverstärker, weder Fritteuse noch Mikrowelle. „Da kann man Lebensmittel ja gleich mit der Kettensäge behandeln“, vergleicht der Küchenchef die zerstörerische Wirkung dieses Elektrogeräts.
Die besten Zutaten vom Gutshof verarbeitet Gfrörer denn auch für sein Menü im Abendblatt-Restaurant. Zum Auftakt reicht er ein Bauernbrot aus Sauerteig mit Frankfurter Grüner Sauce als Dip. Die Kruste ist knackig, das Brot schmeckt nach Brot und nicht nach Chemie, die Sauce nach Kräutern.
Tomaten sind fruchtig-aromatisch
Der erste Gang heißt einfach Caprese mit Büffelmozzarella. Auf dem Teller liegen aber nicht gummiähnliche Scheiben, sondern sahniger Käse mit einem Hauch Säure. Ergänzt wird die Komposition von etwas Pesto, mildem Schinken von Wulksfelder Schweinen und fruchtig-aromatischen Tomaten vom Kleverhof bei Bargteheide. Dazu im Glas ein trockener Grauweiß Burgunder vom Weingut Freiherr von Gleichenstein in Baden. Experte Gerd Rindchen sagt: „Wenn sich am Kaiserstuhl einige der besten Weinberge für Grau- und Weißburgunder finden – warum dann nicht eine unschlagbare Cuvée kreieren? Der Grauweiß schwelgt in lebendiger Fülle und floralen Noten, verlässt den verklärten Gaumen mit langem Nachhall.“
Gerd Rindchen sucht schon lange die Weine für die Abendblatt-Lieblingsmenüs aus. Aber die Mitarbeit bei den Speisefolgen im Abendblatt-Restaurant ist für ihn etwas Besonderes: „Die hier versammelten Nachwuchsstars kochen kreativ, höchst innovativ und dennoch nicht abgehoben“, so der Weinhändler. „Ich bin froh und stolz, dass in diesem Rahmen auch einige Perlen unseres Sortiments von jungen, aufstrebenden Winzern aus zum Teil noch unentdeckten Ecken eine brillante Bühne finden, um sich den Genießern in kongenialer Umgebung zu präsentieren.“
Für die nächste Runde hat der Koch Pulpo, Wassermelone und Rotalge vorgesehen. Wenn man einen Bissen vom gut angebratenen Tintenfisch zusammen mit der Melone isst, verbinden sich die süße Frische der Frucht und die zarte Würze vom Meerestier auf perfekte Weise. Der trockene Chardonnay, Vom Kalkmergel, vom Weingut Fogt aus Rheinhessen nimmt die Zutaten gut auf. Er duftet nach Melone und Birne und zeigt am Gaumen ordentliche Fülle.
Matthias Gfrörer hat übrigens nicht gezögert, als das Angebot kam, beim Hamburger Abendblatt – Das Restaurant im Louis by Thomas Martin & Friends mitzumachen. „Ich freue mich, meinen befreundeten Kollegen Thomas Martin bei so einem tollen Projekt unterstützen zu dürfen – allein schon, weil unsere kulinarischen Stile sehr gut harmonieren. Außerdem kann ich eine kleine Geschmacksprobe vom Alstertal in die HafenCity bringen.“
Beste regionale Zutaten
Auf zu Runde drei: handgeangelter Adlerfisch mit Kalamata-Oliven und Sauce Rouille. Der argentinische Wolfsbarsch zeigt feines Fleisch und ist auf den Punkt gegart. Die Sauce passt sehr gut, die Oliven verstärken die mediterrane Richtung. Der Wein dazu ist allerdings deutsch: ein Silvaner Erste Lage Kugelspiel, VDP Ortswein vom Fürstlich Castell’schen Domänenamt in Franken. Der Rebensaft duftet klar wie ein Bergquell. Den Gaumen erfreut eine dichte, cremige Textur. Der Ausklang ist überaus lang, gepaart mit einer pikanten und trotzdem weichen Säure. Matthias Gfrörer arbeitet nicht nur gern in der Küche, er erklärt seinen Gästen auch, warum er etwas zusammen auf den Teller bringt. „Ich freue mich auf den Austausch und die Gespräche über meine Philosophie am Herd.“
Die wird beim Hauptgang ganz deutlich: beste regionale Zutaten, hohe Handwerkskunst. Auf den Teller kommen beim Dialog vom Wulksfelder Weide-Angus ein sanft und lange geschmortes Schaufelstück sowie ein Flanksteak. Das Fleisch ist mürbe, die intensiv schmeckende Sauce wird bei Bedarf nachgereicht. Der begleitende Kartoffelstampf kommt ohne Muskat aus, ist stückig und lecker-buttrig. So wie man ihn aus Omas Küche kennt. Und das Hofgemüse der Saison wird als Päckchen in Pergament schonend im Ofen gegart. Karotten, Radieschen, Zuckerschoten oder Kohlrabi schmurgeln im eigenen Saft und haben noch Biss, die Vitamine bleiben erhalten.
Ins Glas kommt dazu ein Roter aus (Achtung!) Bulgarien! Der Grande Réserve Trimontium von der Bessa Valley Winery besteht zu 70 Prozent aus Merlot und zu 19 Prozent aus Syrah. Dazu kommen kleine Anteile Cabernet Sauvignon und Petit Verdot. Nach Meinung von Gerd Rindchen begeistert diese komplexe Cuvée mit ihrem sinnlichen Duft, der würzigen und weichen Art am Gaumen und dem langen Nachhall.
Fruchtige Komposition
Einen Extra-Magen für Nachtisch wünscht man sich, wenn als letzter Gang der Weinbergpfirsich Melba mit Mandelbiskuit und Vanilleeis serviert wird. Eine schöne sommerliche, frische, fruchtige Komposition mit feinen Aromen und keinesfalls zu viel Zucker. Die Riesling Auslese Monzinger Frühlingsplätzchen von Weber von der Nahe passt bestens. Pfirsich, ein Hauch Limette, Orange und Mandarine – man schmeckt und riecht einen ganzen Obstkorb. Trotz des Restzuckers hat der Wein genug belebende Frische.
Wer mittags im Hamburger Abendblatt – Das Restaurant im Louis by Thomas Martin & Friends die Kochkunst von Matthias Gfrörer genießen möchte, bekommt Büffelmozzarella, den Dialog vom Wulksfelder Weide-Angus und das Pfirsich-Dessert sowie die begleitenden Weine. Und vielleicht wird der Gast angesteckt von der Idee des Küchenchefs, warum Koch nicht nur ein Beruf ist: „Um präzises Handwerk abliefern und die Wichtigkeit von Lebensmitteln verstehen zu können, muss man einfach leidenschaftlich sein.“