Hamburg. Drei Kinder mussten in den vergangenen Wochen nach Badeunfällen wiederbelebt werden. Immer häufiger Verletzungen der Aufsichtspflicht.

Hamburgs Schwimmbad-Betreiber Bäderland schlägt Alarm: In weniger als drei Wochen wurden drei Kinder leblos aus dem Wasser gezogen. Sie haben nur überlebt, weil die Badeunfälle frühzeitig bemerkt wurden und das Schwimmbadpersonal umgehend Rettungs- und erfolgreiche Reanimationsmaßnahmen einleitete. In allen Fällen hatten die Eltern nicht aufmerksam genug auf ihre Kinder aufgepasst.

„Das Verhalten von Eltern im Schwimmbad hat sich geändert“, sagt Andreas Mohr, der seit 25 Jahren bei Bäderland arbeitet und dort mittlerweile für die Rettungsausbildung des Personals zuständig ist. „Viele sind heutzutage mehr mit ihren Handys und Tablets als mit ihren Kindern beschäftigt.“ Auch ließen sie Kinder, die noch nicht schwimmen könnten, ohne Schwimmflügel am Beckenrand herumlaufen. So müssten immer wieder Bademeister, die eigentlich nur das Treiben im Schwimmbecken beaufsichtigen sollten, Kinder zu ihren Eltern zurückbringen. „Die sagen dann oft: ,Wieso, ich hab doch alles im Blick’ Haben sie aber nicht, Kinder sind schnell weg.“

Die Gefährlichkeit des Wassers werde unterschätzt. Außerdem wären offenbar viele Eltern der Meinung, sie könnten die Aufsicht den Bademeistern überlassen. „Wir können aber keine Eins-zu-eins-Betreuung leisten“, betont Mohr. Daher appelliert er an die Eltern, ihren Kindern die Schwimmflügel während des gesamten Schwimmbadbesuchs nicht abzustreifen („Kinder gehen unter wie ein Stein“), sie nicht alleine zu lassen – und dafür zu sorgen, dass sie rechtzeitig schwimmen lernen. Auch die eigenen Grenzen gelte es zu erkennen. Der Vater eines kürzlich geretteten Jungen­ war mit vier Kindern im Schwimmbad. „Da ist jeder überfordert“, so Mohr.

Bei Hochbetrieb wird Badepersonal aufgestockt

„Am gefährdetsten sind Kinder, kurz bevor sie ins schwimmfähige Alter kommen“, sagt Bäderland-Sprecher Michael Dietel. So ertranken 2016 in zwei Bäderland-Schwimmhallen (Midsommerland und St. Pauli) zwei drei- und vierjährige Jungen. Am vergangenen Dienstag entdeckte und reanimierte ein Bademeister in Blankenese ein fünf Jahre altes Mädchen, das leblos im Wasser trieb. Nur zwei Wochen zuvor hatten Helfer einen vierjährigen Jungen und ein zehnjähriges Mädchen in einem Schwimmbad in Bergedorf gerettet. An einem vierten Badeunfall, ebenfalls am Dienstag, war eine 24-Jährige beteiligt. Sie war im Hallenbad Elbgaustraße leblos aus dem Wasser gerettet und ebenfalls reanimiert worden.

Warum alle Badeunfälle (auch die aus dem Jahr 2016) in Hallenbädern passiert sind, kann sich Dietel nicht erklären. „Eigentlich sollte man annehmen, dass das gute Wetter weniger schwimmbaderfahrene Besucher eher in die Freibäder lockt.“ Doch dort sei bislang glücklicherweise noch nichts passiert.

Die Freibäder verzeichneten am vergangenen Dienstag den bislang besucherstärksten Tag des Jahres. Alleine im Kaifu-Bad zählte Bäderland 6500 Badegäste (in allen zehn Freibädern mehr als 17.000). Bei derartigem Hochbetrieb wird das Badepersonal laut Dietel aufgestockt und durch Sicherheitspersonal ergänzt, das auf dem Gelände auf das Einhalten der Hausordnung achte.

87 Prozent der Grundschüler machten Seepferdchen

Wer einen leblosen Badegast reanimieren müsse, stände enorm unter Stress, sagt Andreas Mohr, der das Bäderland-Personal in Erster Hilfe, Herz- und Wiederbelebungsbetreuung und Rettungsschwimmen ausbildet. „Aber das Adrenalin im Körper hilft, während des Einsatzes ruhig und sicher zu bleiben.“ Hinterher dürften die beteiligten Badeaufsichten entscheiden, ob sie weiterarbeiten oder abgelöst werden wollen. Außerdem würde jedem, der es benötige, psychologische Hilfe angeboten.

Andreas Mohr sorgt bei Bäderland für die Rettungsausbildung des Badepersonals
Andreas Mohr sorgt bei Bäderland für die Rettungsausbildung des Badepersonals © Friederike Ulrich | Friederike Ulrich

Erst kürzlich hatte die Hamburger Schulbehörde eine positive Bilanz des Schulschwimmens gezogen. Im letzten Schuljahr haben demnach 11.382 Grundschüler das Seepferdchen gemacht. Damit stieg der Anteil an Grundschul­kindern, die nachweislich schwimmen können, auf 87 Prozent. Das Bronze­abzeichen hätten 8368 Grundschüler bestanden, was einem Anteil von 64 Prozent entspricht.

Erstmals sei damit eines der ambitionierten Ziele erreicht, die nach der Neuausrichtung des Schwimmunterrichts im Jahr 2006 festgelegt wurden. Vor zwölf Jahren wurde der Schwimmunterricht an den Hamburger Schulen an das „Bäderland Hamburg“ und den Verein „Aktive Freizeit“ übertragen. Zudem wurden erstmals Zielzahlen festgelegt, die die Schulbehörde regelmäßig überprüft. So sollen am Ende der Grundschulzeit 95 Prozent aller Schüler das Schwimmabzeichen Seepferdchen erreichen, 66,5 Prozent das Schwimmabzeichen Bronze.