Hamburg. Anwohner und Geschäftsleute lehnen geplante Teilberuhigung ab. Betroffene haben eine Unterschriftenaktion gestartet.
Die Aufregung ist groß an der Eppendorfer Landstraße. Nachdem Mitte Juni bekannt geworden war, dass der Abschnitt zwischen Marie-Jonas-Platz und Eppendorfer Marktplatz neu gestaltet und möglicherweise ein verkehrsberuhigter Bereich eingerichtet werden soll, den nur noch Busse und Taxis passieren dürfen, formieren sich nun Geschäftsleute und Anwohner gegen die Pläne.
Dieter Ullrich ist seit 18 Jahren Betriebsleiter der Konditorei Lindtner. Er hat eine Unterschriftenaktion gestartet, weil er durch die Umgestaltung massive Einbußen für die Konditorei und für die anderen Geschäfte in der Zeile fürchtet. „Bürger gegen autofreie Eppendorfer Landstraße“, steht auf den Listen, die er Geschäftsleuten in der Gegend zur Verfügung gestellt hat. Etwa 160 Kunden und Anwohner haben bereits unterschrieben. Zudem haben 17 Unternehmen mit Unterschrift und Stempel ihre Ablehnung bekundet.
Planverfahren startet nach Sommerpause
Für Ullrich und seine Mitstreiter ist entscheidend, dass der Autoverkehr erhalten bleibt. „2500 bis 3000 Kunden, die mit dem Auto kommen, suchen täglich die Läden und Arztpraxen hier auf“, sagt er. „Hier stehen ja keine Dauerparker, sondern hier ist ständiger Wechsel.“ Diese Kaufkraft würde verloren gehen. Es gebe massive Existenzängste, hat Ullrich bei seinen Kollegen im Umfeld mitbekommen. „Es gibt Leute, die sagen, wenn das hier autofrei wird, dann gehe ich hier weg.“
Anita Villwock, die Gründerin des Modegeschäfts Anita Hass, betreibt das Geschäft mit ihrem Sohn in einem Abschnitt, der außerhalb der möglichen Umgestaltung liegt. „Wir sind aber ebenfalls darauf angewiesen, dass unsere Kunden in der Gegend parken können.“ Von Laufkundschaft allein könne der Laden nicht leben. Villwock fürchtet, dass der ganze Straßenzug durch die Verkehrsberuhigung veröden könne. „Die Eppendorfer Landstraße ist eine Lebensader für uns alle.“
Wunsch nach mehr Aufenthaltsqualität
Thomas Domres, Vorsitzender der SPD-Fraktion in der Bezirksversammlung Nord, kann die Aufregung nicht nachvollziehen. „Das Planverfahren startet erst nach der Sommerpause. Wenn jemand Ideen hat, kann er sie einbringen.“ Das Wort autofrei sei nie gefallen, denn natürlich müssten die Läden beliefert werden können. Im Antrag, den die SPD gemeinsam mit den Grünen eingebracht hat, heißt es: Für die Eppendorfer Landstraße im Abschnitt zwischen Kümmellstraße und Eppendorfer Marktplatz wird ein offener Bürgerbeteiligungsprozess mit Einbindung von Fachplanerinnen und -planern zur Steigerung der Aufenthaltsqualität gestartet.
Das Votum der Teilnehmenden hat dabei empfehlenden Charakter.“ Und weiter: „Verkehrslenkende Maßnahmen, die gezielt zu weniger Kfz-Verkehr in der Eppendorfer Landstraße führen könnten, sollen explizit zu den im Rahmen der Bürgerbeteiligung zu diskutierenden und planerisch zu untersuchenden Lösungen gehören.“
Im Mai waren die Pläne für die Umgestaltung des Eppendorfer Marktplatzes vorgestellt worden, um den Bus- und Radverkehr dort zu verbessern. Weil der Busverkehr dort aber erhalten bleiben muss, gab es bei vielen Bürgern den Wunsch nach mehr Aufenthaltsqualität in Eppendorf.
Überlastung der Seitenstraßen
„Die gibt es hier doch schon“, sagt Ullrich, Betriebsleiter der seit 78 Jahren bestehenden Konditorei, „wir haben hier doch schon einen Boulevard“. Er und seine Mitstreiter hätten nichts gegen eine Umgestaltung, „aber wir wollen mitreden und darauf Einfluss nehmen“. Man könne zum Beispiel beide Radstreifen auf einer Straßenseite bündeln, das würde die Situation für Fußgänger verbessern. Auf dem Grünstreifen, an dessen Rand nur Unkraut wild wuchere, sei dafür genug Platz.
Uwe Meinke lebt seit knapp 50 Jahren in seiner Altbauwohnung an der Eppendorfer Landstraße. „Man darf nicht vergessen, dass das hier auch ein Wohngebiet ist“, fordert er. „Hier wohnen viele ältere Leute, einige bekommen Essen auf Rädern, und viele Familien leben hier.“ Die müssten auch in der Nähe parken können. Und um sich zu erholen, gebe es im Umkreis viele Parks. Würde die Straße für den Autoverkehr gesperrt, würden die Seitenstraßen völlig überlastet. Dieter Ullrich hofft, dass seine gesammelten Unterschriften bei den Verantwortlichen im Bezirk Eindruck machen. Thomas Domres sagt, alle Beiträge seien willkommen. „Jeder, der Ideen hat, soll sich beteiligten, jede Idee ist gleich viel wert.“