Der Sohn des Gründers verkauft das Unternehmen an einen Mitarbeiter. Kunden sollen ihre Garantieansprüche behalten.

Seit 35 Jahren ist Schütt Optik eine feste Größe in der Hamburger Optiker-Branche. Jetzt verschwindet der Name. Inhaber Kevin Schütt steigt überraschend aus dem Familienbetrieb aus. Die gute Nachricht: Das Stammgeschäft am Großen Burstah im Nikolai-Viertel bleibt als Optiker erhalten. „Ich bin sehr froh, eine gute Lösung gefunden zu haben“, sagt der 43-Jährige auf Anfrage des Abendblatts. Namen will er noch nicht nennen. Nur so viel: Eine Führungskraft werde im Rahmen eines Management-Buy-outs künftig die Leitung übernehmen. „Mir war wichtig, dass der Laden weiterhin inhabergeführt wird.“ Und eben nicht an eine der großen Ketten geht. Die Neueröffnung ist für Mitte September geplant. Alle Mitarbeiter sollen übernommen werden. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart.

Kevin Schütt hatte in den vergangenen Jahren immer wieder mit ungewöhnlichen Aktionen für Aufsehen gesorgt. Zuletzt wollte er in Kooperation mit Budnikowsky Brillen mit individuellen Sehstärken zu sehr günstigen Preisen im Drogeriemarkt verkaufen. Das Projekt stockte, als Budni nach Protesten von Branchenprimus Fielmann den Testlauf stoppte. Damals hatte Schütt noch angekündigt, auf jeden Fall an dem Konzept festhalten zu wollen. Anfang des Jahres hatte er dann eine Idee seines Vaters wiederbelebt und mit Gleitsichtgläsern zum Nulltarif geworben. „Die Nachfrage war gut“, sagt der Firmenchef. „Allerdings“, gibt er offen zu, „ist die Kampagne wirtschaftlich nicht erfolgreich genug gewesen.“

Geschäft kontinuierlich ausgebaut

Jetzt sitzt Schütt an einem der kleinen Tische im hinteren Bereich des Ladens, an denen normalerweise Brillen angepasst werden. Es ist viel los, ständig kommen neue Kunden herein. Wenige Tage zuvor hatte der Chef der kleinen Optikerkette die Kunden mit einem Brief über den Verkauf informiert – verbunden mit einer großen Räumungsaktion mit Brillen zum halben Preis. „Es fällt mir sehr schwer, das Familienunternehmen aufzugeben“, sagt er. Sein Vater Holger Schütt hatte den Betrieb 1983 am Kleinen Burstah gegründet. Dabei baute er auf eine Tradition auf. Von 1938 bis in die 1950er-Jahre gab es in Hamburg-Bergedorf und im benachbarten Lauenburg Optikgeschäfte unter dem Namen Schütt. Gründer war Schütts Stiefvater, der Augenoptikermeister Heinrich Julius Otto Schütt.

Seit 1993 hat Schütt Optik seinen Sitz am Großen Burstah. Holger Schütt baute in den Folgejahren sein Geschäft kontinuierlich aus. „Die Gleitsichtbrille zum Nulltarif war seine Erfindung und sehr erfolgreich“, sagt Kevin Schütt. 2001 hatte das Unternehmen schon mehr als 100.000 Gleitsichtbrillen verkauft. Bereits im Jahr zuvor eröffnete Schütt die erste Filiale außerhalb Hamburgs in Köln, 2003 folgte eine weitere in Düsseldorf. Sein Sohn war inzwischen im Unternehmen. Als Holger Schütt 2004 bei einem Verkehrsunfall ums Leben kam, übernahm der damals knapp 30-Jährige die Geschäftsführung. „Schicksalsbedingt“ nennt er das. Kevin Schütt ist studierter Informatiker. Der Augenoptiker in der Familie ist sein acht Jahre jüngerer Bruder Cedric, der inzwischen komplett aus dem Familienbetrieb ausgeschieden ist.

Kleine Optikerketten mit Problemen

Dass Kevin Schütt das Unternehmen jetzt verkauft, hat auch mit der wirtschaftlichen Entwicklung zu tun. Aber nicht nur. „Für uns als kleine Optikerkette reicht der Markt nicht“, sagt der Unternehmer. Entweder müsse man mit dem Filialnetz bundesweit vertreten oder als inhabergeführtes Fachgeschäft gezielt auf die Kunden fokussiert sein. „Die Zwischengröße ist schwierig.“ Schütt hatte es mit Expansion versucht. Im Januar 2011 eröffnete er in der HafenCity eine Filiale mit exklusivem Konzept. Wenige Monate später folgte der Trend-Store an der Brandstwiete.

Doch beide Standorte sind längst wieder geschlossen. Für die Filialen in Köln und Düsseldorf waren eigentlich Umzüge auf kleinere Flächen geplant. Dann überschlugen sich zum Jahresbeginn die Ereignisse. „In Köln hat der Standortleiter überraschend gekündigt und dann beide Mitarbeiter“, sagt Schütt. Parallel lief in Düsseldorf der Räumungsverkauf vor einem geplanten Umzug. Das, was dann passierte, beschreibt Schütt wie eine Kettenreaktion. Der sich verstärkende Fachkräftemangel, das durch den Onlinehandel schwieriger werdende Geschäft und seine private Situation sorgten für Probleme. Schütt ist seit neun Monaten Vater. „Ich habe erst mal beschlossen, den Betrieb in Hamburg zu konzentrieren.“ Innerhalb von Wochen schloss er deshalb beide Filialen in Nordrhein-Westfalen.

Emotionale Situation

Das Stammgeschäft in der Hamburger City mit einem Jahresumsatz von einer halben Million Euro war immer die wichtigste Säule von Schütt Optik. „Wir haben 30.000 Kunden in der Kartei“, so der Noch-Geschäftsführer. Sechs Mitarbeiter sind im Team, einige seit Jahrzehnten. „Ich bin sicher, dass das Geschäft eine Zukunft hat“, sagt Schütt. Aber eben nicht mit ihm. „Mein Ding sind Innovation, Veränderung und Neues“, sagt er. „Aber am Ende muss ich mir eingestehen, dass die Brillenbranche dafür nicht der richtige Markt ist.“

Das klingt resigniert. Schütt überlegt einen Moment und schüttelt den Kopf. Natürlich sei es eine emotionale Situation, aber die Entscheidung sei richtig. Bis Ende August ist er noch Chef bei Schütt. Vom 1. bis 9. September sollen die Geschäftsräume umgebaut werden. Am 10. September geht es mit neuem Sortiment und neuer Führung wieder los. „Service und Garantieansprüche werden übernommen“, versichert der Unternehmer.

Er hat sich eine einjährige Orientierungsphase verordnet. Und will mit Lebenspartnerin und Tochter in den Süden. Danach, verspricht er, werde man sicher wieder von ihm hören.