Hamburg. Saisonkräfte haben durchaus Chancen auf Festanstellung – zum Beispiel Bademeister. Arbeitslosigkeit so niedrig wie zuletzt 1993.
Die meisten Menschen würden Eike Springer wohl als Bademeister bezeichnen. Die korrekte Bezeichnung jedoch ist „rettungskundiger Servicemitarbeiter“. Vor drei Jahren begann Springer bei Bäderland als Saisonkraft mit einem auf sechs Monate befristeten Vertrag, doch inzwischen ist er fest angestellt.
An einem Tag wie diesem, bei perfektem Sommerwetter im Außenbereich des Kaifu-Bades, ist Springers Begründung, warum er geblieben ist, leicht nachvollziehbar: „Es ist nie langweilig – und es macht eine Menge Spaß, hier zu arbeiten.“ Zuvor war er selbstständiger Gesundheits- und Fitnesstrainer, doch nachdem Springer ein Sportstudium begonnen hat, war eine Tätigkeit als Angestellter für ihn besser geeignet. Seine Arbeitszeiten lassen das zu.
"Bewerber müssen schwimmen können und zuverlässig sein"
Jedes Jahr in den Sommermonaten stockt Bäderland die reguläre Mitarbeiterzahl von knapp 500 Personen um rund 50 Servicemitarbeiter auf. „Wir brauchen sie hauptsächlich, um die Sicherheit zu gewährleisten“, sagt Markus Pinkernelle, Leiter Personalmanagement bei dem städtischen Betrieb. Eine spezielle Ausbildung ist nicht erforderlich: „Bewerber müssen schwimmen können, und sie müssen zuverlässig sein. Das Rettungsschwimmabzeichen Silber kann man auch bei uns absolvieren.“ Ein sportlicher Mensch schaffe das „relativ locker“, so Pinkernelle.
Das Einstiegsgehalt liege bei knapp 1800 Euro brutto für den ersten Monat, steige dann aber mit der Erfahrung bald auf rund 2000 Euro. Bei persönlicher Eignung stünden die Chancen nicht schlecht, in eine Festanstellung übernommen zu werden, so Pinkernelle – und auch den früheren Saisonkräften böten sich alle Entwicklungsmöglichkeiten. Dariusz Czepek ist dafür ein gutes Beispiel: Er war aus Polen nach Hamburg gekommen und hatte, weil sein Diplom als Bautechniker zunächst nicht anerkannt wurde, als Saisonarbeiter bei Bäderland begonnen. Inzwischen ist er seit 27 Jahren dort beschäftigt, seit 2010 als Badleiter in Blankenese.
Auch Sönke Fock, Chef der Agentur für Arbeit Hamburg, sieht befristete Beschäftigungsverhältnisse als Brücke in Richtung Festanstellung. „Unter den bei uns aktuell gemeldeten gut 17.000 offenen Arbeitsstellen sind etwa 1400 Saisonjobs“, sagt Fock. Das reiche von Lagerpersonal über Servicemitarbeiter in der Hotellerie oder Gastronomie bis hin zu Fachkräften im Hoch- und Tiefbau sowie Mitarbeitern in Garten- und Landschaftsbaubetrieben.
Beschäftigungsrückgang im Sektor Finanzdienstleistung
Allerdings unterliegt der Arbeitsmarkt in Hamburg nur vergleichsweise geringen saisonalen Schwankungen. So rangiert der höchste monatliche Arbeitslosenbestand in der Hansestadt nur um knapp zehn Prozent über der niedrigsten Monatszahl. In Mecklenburg-Vorpommern hingegen beträgt der Abstand 34 Prozent, in Ostholstein sind es sogar knapp 46 Prozent.
„Hamburg hat kein klassisches Tourismusgeschäft, wie es in den Küstenregionen vorzufinden ist“, erklärt Fock. Es sei stattdessen geprägt durch eine kontinuierliche Anzahl von Tagesgästen aus der Metropolregion, Geschäftsleuten und Touristen, „die auf ein ganzjährig vorhandenes Kulturangebot zugreifen.“
Insgesamt hat sich der Arbeitsmarkt in Hamburg im Juni weiter positiv entwickelt. So nahm die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung erneut zu, aktuell sind 973.400 Arbeitsplätze besetzt. Das ist ein Plus von 2,5 Prozent zum Vorjahr. Einen Beschäftigungsrückgang verzeichnete jedoch der Sektor Finanz- und Versicherungsdienstleistung.
Arbeitslosigkeit in sechs Hamburger Bezirken zurückgegangen
Die Zahl der Arbeitslosen sank um 7,0 Prozent im Vergleich zum Juni 2017 auf 63.805 Personen; gegenüber dem Vormonat bedeutete das einen Rückgang um 1,9 Prozent. „Gleichzeitig ist dies der niedrigste Monatswert an Arbeitslosen in der Hansestadt seit September 1993“, so Fock. Die Arbeitslosenquote liegt aktuell mit 6,1 Prozent um 0,6 Prozentpunkte unter dem Wert vom Juni 2017.
Dass die Marke von 60.000 Arbeitslosen in diesem Jahr unterboten wird, erwartet Fock zwar nicht. Er hält es aber für nicht unrealistisch, im September oder Oktober „ganz nah an die 60.000 heranzukommen“.
Während die Arbeitslosigkeit in sechs Hamburger Bezirken zurückging, musste Bergedorf abermals eine Zunahme im Vergleich zum Vorjahresmonat verkraften. Die Arbeitsagentur führt das auf die vergleichsweise hohe Zahl von Flüchtlingen zurück, die in Bergedorf untergebracht sind und mittlerweile als arbeitssuchend gelten.
Positiver Trend auch bei Langzeitarbeitslosen zu beobachten
Nach Angaben von Fock haben die Arbeitslosmeldungen aus einer Erwerbstätigkeit heraus im Vergleich zum Vormonat weiter abgenommen: „Das ist ein gutes Zeichen für bestehende Jobs, denn Unternehmen halten ihre Fachkräfte im Betrieb.“ Der positive Trend sei auch bei Langzeitarbeitslosen zu beobachten; ihre Zahl (aktuell 18.850) sank um 2469 beziehungsweise um 11,6 Prozent gegenüber Juni 2017. Kritisch sei dagegen die Entwicklung bei den arbeitsuchenden An- und Ungelernten zu sehen, so Fock. Hier gebe es einen deutlichen Anstieg um 7,5 Prozent innerhalb der vergangenen zwölf Monate. Aktuell zählten in Hamburg 35.920 Personen zu dieser Gruppe: „Eine Jobvermittlung ist schwierig, weil Unternehmen Fachkräfte benötigen.“
Von den 10.536 Ausbildungsstellen, die der Arbeitsagentur seit Oktober für das am 1. August beziehungsweise am 1. September beginnende neue Ausbildungsjahr gemeldet wurden, sind derzeit nach Angaben von Fock noch 5400 frei: „Da ist für die Bewerber ein Endspurt angesagt.“
Bundesweit ist die Arbeitslosenzahl im Juni auf den niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung gesunken. Bei der Bundesagentur für Arbeit waren 2,276 Millionen Menschen arbeitslos gemeldet. Das sind nach Angaben der Behörde 40.000 weniger als im Mai und 197.000 weniger als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote sank um 0,1 Prozentpunkte auf 5,0 Prozent. Negative Folgen des Handelsstreits auf den Arbeitsmarkt seien derzeit nicht absehbar, hieß es.