Hamburg. Bisher hat nicht einmal jeder zehnte einen Job. Doch die Zahl steigt nun stetig an – auch dank bestimmter Fördermaßnahmen.

Die passende Schürze hat er noch nicht. Im T-Shirt steht Khaled Almuhammad Zein in der Küche des Restaurants „Parlament“ im Keller des Hamburger Rathauses und schneidet mit einer Sorgfalt Salat, als ginge es darum, eine Medaille zu gewinnen. Der 19-jährige ist 2015 aus den Kriegswirren im syrischen Aleppo mit seinem zwei Jahre älteren Bruder geflohen, kurz bevor die Regierung in Damaskus ihn zum Kriegsdienst heranziehen konnte – und ohne Aussicht auf weitere Bildung. „Schulen gab es in Aleppo nicht mehr“, sagt er.

Über die Balkanroute kam der junge Mann nach Deutschland – mit klaren Zielen vor Augen: Schule, Ausbildung, im Erwachsenenleben ankommen. Heute, drei Jahre später, hat er es geschafft. Noch ist es nur ein Praktikum, aber zum 1. August wird Khaled eine Ausbildung als Koch im „Parlament“ beginnen.

Fragt man danach, ob sein Fall die Regel oder eher die Ausnahme ist, lohnt sich ein Blick auf die nackten Zahlen der Hamburger Agentur für Arbeit. Seit Juli 2016 sind 4152 Flüchtlinge in Hamburg auf dem Arbeitsmarkt vermittelt worden, wie aus einer Statistik der Bundesagentur für Arbeit hervorgeht. Angesichts von 50.000 Geflohenen in der Stadt eine eher geringe Zahl. Von diesen 4152 sind die meisten zudem mit Helfer- oder Anlerntätigkeiten beschäftigt. Nur 749 wurden als Fachkräfte angestellt, die Zahl der sogenannten Spezialisten war also noch geringer.

Es gibt eine Fülle von Fördermaßnahmen

Die aktuellen Daten zeigen aber auch eine positive Tendenz: Die Zahl der Flüchtlinge, die auf dem Arbeitsmarkt integriert werden, steigt von Monat zu Monat. Waren es im Juli 2016 nur 95 geflohene Bewerber, die einen Job fanden, sind es im Juli 2017 schon 219 und im Mai 2018 sogar 272 gewesen. Deshalb ist der Chef der Hamburger Agentur für Arbeit, Sönke Fock, auch gar nicht so pessimistisch gestimmt: „Das in Hamburg zur Verfügung stehende Informations- und Förderangebot ist umfangreich, gut und vernetzt“, sagte er am Donnerstag am Rande einer Podiumsdiskussion der Hamburger Bau- und Ausbauwirtschaft.

Tatsächlich gibt es eine Fülle an Angeboten. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bietet beispielsweise nicht nur allgemeine Deutsch- und Integrationskurse an, sondern auch spezielle Sprachkurse für Ausbildung und Beruf. Hinzu kommen vorbereitende Kurse zur Berufsschule und Ausbildungsseminare durch die Bundesagentur für Arbeit – und natürlich viele Offerten der privaten Wirtschaft.

Das Ziel müsse es laut Fock aber sein, die Zahl der Helfer- und Anlerntätigkeiten zu reduzieren und die Zahl der Fachkräfte unter den Geflohenen zu erhöhen. „Über die steigende Zahl neuer Jobs für Geflüchtete freue ich mich, appelliere aber an die betroffenen Beschäftigten und Unternehmen, die Sprachkompetenz kontinuierlich zu verbessern und so schnell wie möglich auszuloten, ob und wie eine berufsbegleitende, abschlussbezogene Weiterbildung zu realisieren ist“, so Fock. Der Hamburger Arbeitsmarkt suche und beschäftige mehr und mehr Fachkräfte, deshalb hätten es an- und ungelernte Arbeitsuchende zunehmend schwerer, eine Stelle zu finden. „Zudem werden Helfer sehr viel schneller entlassen als Fach- oder Führungskräfte.“

Modellprojekt im Bereich erneuerbare Energien

So einfach sei die Weiterbildung von Flüchtlingen zu Fachkräften aber nicht, sagt Michael Seitz, Hauptgeschäftsführer der Hamburger Bau-Innung, der die Podiumsdiskussion initiiert hat. „Viele Flüchtlinge kommen mit den falschen oder gänzlich fehlenden Qualifikationen zu uns. Daher braucht es viel Zeit, Geld und Engagement, um sie in Ausbildung und Arbeit zu integrieren.“ Immerhin hätten von 450 Azubis, die einen Bauberuf erlernen, 75 einen Fluchthintergrund. Und mit dem nächsten Lehrjahr, das im September beginnt, würden weitere 30 Flüchtlinge eine Ausbildung auf dem Bau beginnen.

Ein Beispiel dafür, wie Qualifikation gelingen kann, ist das Modellprojekt „Zukunftsperspektive Umwelthandwerker“ der Handwerkskammer Hamburg. „Hier werden Geflüchtete mit technischen Vorerfahrungen in den Arbeitsmarkt für erneuerbare Energien integriert“, sagt Kammerpräsident Josef Katzer. In fünf- bis siebenmonatigen Förderkursen werden insgesamt bis zu 28 Teilnehmer für den Unterricht in umwelttechnischen Fachlehrgängen vorbereitet. Hinzu kommt der Deutschunterricht. Mit Erfolg: Zwei Drittel der Teilnehmer hätten inzwischen eine Anstellung als Fachkraft oder einen Ausbildungsplatz gefunden, so Katzer.

Woran die Integration auch scheitern kann

Ob die Integration in den Arbeitsmarkt klappe, hänge stark von den Rahmenbedingungen ab, unter denen Flüchtlinge lebten, sagt Julica König. Sie ist Betreuerin junger Flüchtlinge, die ohne Eltern nach Deutschland kommen. „Die Chancen sind umso besser, je jünger die Flüchtlinge sind, wenn sie in unsere Betreuung kommen. Umso mehr Zeit haben sie, Deutsch zu lernen und sich zu qualifizieren“, so König, die für family support arbeitet, einem Angebot der Kinder- und Jugendhilfe Hamburg.

Was König mit den „Rahmenbedingen“ meint, weiß Thomas Patorra genau. Er ist der Küchendirektor des Restaurants Parlament, der Khaled nun angestellt hat. „Es geht nicht nur um die Sprache oder den Aufenthaltsstatus“, sagt Patorra. Vor dem Syrer hatte er einen afghanischen Praktikanten, den er auch gerne gefördert hätte. „Dieser war nur vollkommen erschöpft, weil er seit Jahren in einer großen Flüchtlingsunterkunft untergebracht war“, berichtet der Chefkoch. Selbst mit Anwälten sei es ihm nicht gelungen, den Jungen da rauszuholen. „Er ist dann entnervt nach Afghanistan zurückgekehrt.“