Hamburg. Schon zum achten Mal ist ein Insasse vom Gelände geflüchtet. Jetzt soll der Abschiebe-Arrest ausbruchsicher werden.

Hohe Kosten, geringe Auslastung und mangelnde Sicherheit – bereits seit seiner Eröffnung vor gut anderthalb Jahren steht der sogenannte Ausreisegewahrsam der Stadt am Flughafen in der Kritik. Nach der Flucht eines Albaners, der im November zeitweise den angrenzenden Flughafen Fuhlsbüttel lahmlegte, werden nun zusätzliche Maßnahmen ergriffen und die Anlage deutlich ausgebaut. Offenbar ist in der Zwischenzeit aber bereits ein weiterer Ausländer aus dem Gewahrsam geflohen.

Weitere Flucht im März

Wie ein Sprecher der Ausländer­behörde auf Anfrage bestätigte, gelang einem 25 Jahre alten Algerier und einem 41-Jährigen bereits Ende März gemeinsam die Flucht. Sie hebelten mit Kleidungsstücken und Teilen des Mobiliars ein Fenster in einem der Container auf, überquerten in der Dunkelheit unbemerkt den Hof und flüchteten über einen Zaun. „Es handelt sich bei der Einrichtung nicht um ein Strafgefängnis mit den entsprechenden Vorkehrungen“, sagt der Behördensprecher.

Der Gewahrsam soll jedoch laut Senat dazu dienen, beispielsweise abgelehnte Asylbewerber bis zur Abschiebung festzuhalten und am Untertauchen zu hindern. Der geflohene Serbe konnte damals fünf Tage später aufgegriffen und später abgeschoben werden – der Algerier ist dagegen untergetaucht, wie es heißt. Der Mann war bereits wegen Drogendelikten polizeibekannt.

Unterbringung eines Ausländers kostet 7500 Euro

Der Albaner Pjeter A., der im November sein Bett im Container mit Kissen ausgestopft hatte und anschließend per „Räuberleiter“ über den Zaun geflohen war, ist ebenfalls weiterhin unauffindbar. Insgesamt sind damit seit der Eröffnung bereits acht Menschen aus der Einrichtung getürmt; vier von ihnen konnten später wieder aufgegriffen und abgeschoben werden.

Mit dem Umbau der Anlage verfolgt die Stadt nun zwei Ziele: weitere Ausbrüche zu verhindern, aber vor allem deutlich mehr ausreisepflichtige Ausländer dort unterzubringen. Im gesamten Jahr wurden weniger als 100 Ausländer von der Stadt am Flughafen in Gewahrsam genommen; in den ersten drei Monaten dieses Jahres waren es sogar nur sechs Menschen. Dabei stehen an jedem Tag 20 Plätze am Flughafen zur Verfügung.

Der Behördensprecher betont, dass die Einrichtung auch für Abschiebehäftlinge genutzt werde – also in Fällen, bei denen ein Richter eine Festnahme wegen akuter Fluchtgefahr vor der Abschiebung angeordnet hat. Etwa 60 solcher Personen verbrachten zwischen Januar und März einige Tage in dem abgezäunten Bereich am Flughafen, weil in entsprechenden anderen Haftanstalten zu der Zeit keine Plätze verfügbar waren. Aktuell ist der Gewahrsam am Flughafen zu 60 Prozent ausgelastet.

Höhere Kosten aufgelaufen

Demgegenüber stehen höhere laufende Kosten als zunächst angenommen: Inzwischen rechnet der Senat pro Jahr mit zwei Millionen Euro für den Betrieb des Gewahrsams. Statistisch kostete die Unterbringung von Ausländern, die in Gewahrsam oder Abschiebehaft genommen wurden, damit zuletzt etwa 7500 Euro für jeweils maximal zehn Tage in einem Wohncontainer.

Wie aus der Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage der Linken-Abgeordneten Christiane Schneider hervorgeht, wurden für den Umbau nun weitere 940.000 Euro veranschlagt. „Die Sicherung der Fenster mit Gittern und die Erhöhung des Zaunes sind bereits abgeschlossen“, sagte ein Sprecher der Ausländerbehörde. Außerdem sind eine zusätzliche Videoüberwachung und neue Räumlichkeiten geplant – darunter ein Fitness- und ein Computerzimmer sowie zusätzliche Besucherräume.

Längere Aufenthaltsdauer geplant

Damit rückt der Senat auch weiter von dem ursprünglichen Zweck der Anlage ab. „Hamburg wird am Flughafen die Möglichkeit schaffen, Personen für kurze Zeit vor ihrer Abschiebung in Gewahrsam zu nehmen“, hatte Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) nach der Entscheidung für den Bau gesagt. Eine Million Euro kostete die Errichtung, rund 90 Container wurden aufgestellt und mit einem Zaun gesichert.

Heute dient die Anlage vor allem dazu, den Mangel an Plätzen in der Abschiebehaft zu lindern. Da Hamburg keine eigene passende Anstalt dafür besitzt, mussten regelmäßig Plätze in anderen Bundesländern beansprucht werden. „Es hat sich nun mit der Zeit immer mehr die Möglichkeit ergeben, dazu die Einrichtung am Flughafen zu nutzen“, heißt es im Behördenumfeld. Wenn alle Umbauten abgeschlossen sind, sollen Abschiebehäftlinge nicht mehr nur zehn Tage, sondern bis zu sechs Wochen am Flughafen festgehalten werden. Dann sollen die laufenden Kosten von zwei auf rund 3,5 Millionen Euro steigen. Insbesondere die CDU hatte den Senat wiederholt dafür kritisiert, weder das Instrument des Gewahrsams noch der Abschiebehaft auch konsequent zu nutzen.

Zahl der Abschiebungen in Hamburg geht zurück

Nach bisherigen Daten ist die Zahl der Abschiebungen im Hamburg derzeit rückläufig. Laut Ausländerbehörde seien von Januar bis Ende April 125 Menschen aus Hamburg in ihre Herkunftsländer gebracht worden. Vor einem Jahr waren es noch 147 Menschen. Zugleich reisten bis Ende April 165 Menschen freiwillig aus. Etwa gleichzeitig zur Einrichtung des Ausreisegewahrsams gründete die Stadt die Arbeitsgruppe GERAS­, die speziell die Ausreise von straffällig gewordenen Ausländern forciert. 57 Menschen sind seitdem durch ihre Arbeit abgeschoben worden.