Hamburg. Verband begrüßt Senats-Pläne, die Förderungen aufzustocken. Bisher gibt es in Hamburg nur 78.000 öffentlich geförderte Wohnungen.
Wenn Oberbaudirektor Franz-Josef Höing nach einem Patentrezept gefragt wird, wie Hamburg den dringend benötigten bezahlbaren Wohnraum schaffen soll, antwortet er gern: „Auch wenn es nach Stammtisch klingt. Es hilft nur bauen, bauen, bauen.“
Auf diesem Weg ist die Hansestadt jetzt wieder einen Schritt weiter. Nach Abendblatt-Informationen wird der Senat den Bau von 1000 zusätzlichen Sozialwohnungen fördern. In seiner Regierungserklärung im April hatte Bürgermeister Peter Tschentscher noch 3000 Sozialwohnungen pro Jahr als Ziel ausgegeben. Schon jetzt stehen für die Wohnraumförderung für das laufende Jahr 167,5 Millionen Euro im Haushalt. Dieses schon ambitionierte Vorhaben wird jetzt noch einmal deutlich aufgestockt.
Zusätzliche Fördermittel
„Wir werden zusätzliche Fördermittel bereitstellen, um den sozialen Wohnungsbau auszuweiten und auf diese Weise mehr bezahlbaren Wohnraum für Menschen in schwierigen Lebenslagen und mit niedrigem Einkommen zu schaffen. Deshalb gehen wir jetzt auf die Wohnungswirtschaft zu, um für mehr sozialen Wohnungsbau in Hamburg zu werben“, bestätigte Senatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) auf Abendblatt-Anfrage.
Sie sehe dies als Angebot, „wie wir gemeinsam noch besser für bezahlbares Wohnen sorgen können.“ Zudem überlege man zusammen mit der Hamburger Wohnungswirtschaft, wie die Wohnraumförderung „noch attraktiver“ gestaltet werden kann.
Diese Gespräche dürften nicht einfach werden. Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), begrüßt zwar die Entscheidung des Senats, zusätzliche Fördermittel zur Verfügung zu stellen. Gegenüber dem Abendblatt versprach Breitner, dass die im VNW organisierten Wohnungsunternehmen – ihr Anteil am Mietwohnungsmarkt in Hamburg liegt bei 43 Prozent –, „sich anstrengen werden, diese Wohnungen zu errichten“.
Allerdings fordert Breitner auch, dass der Senat nun alles daran setzen müsse, zügig die entsprechenden städtischen Grundstücke zu bezahlbaren Preisen zur Verfügung zu stellen: „Auf dem Wasser oder in der Luft lassen sich Wohnungen nicht errichten.“
Grundstücke über ganz Hamburg verteilt
Breitner plädiert für einen „Grundstückspool“, um zu erreichen, dass diese Grundstücke über ganz Hamburg verteilt und möglichst einfach zu bebauen sind. Zudem seien die Bauämter gefordert: „Sie müssen die Baugenehmigungen für die zusätzlichen 1000 Wohnungen vorrangig behandeln. Trotz einiger Verbesserungen in der jüngeren Zeit dauern die Genehmigungsverfahren in den Bezirksämtern und den Bauausschüssen der Bezirksversammlungen noch lange.“
Damit erhöht sich der Druck sowohl auf die Verwaltung als auch auf die Politik in den Bezirken. Stapelfeldt legt Wert darauf, dass die Wohnungen zusätzlich entstehen, an dem Kurs von 10.000 neuen Wohnungen pro Jahr werde sich nichts ändern: „Es bleibt bei unserem erfolgreichen Weg in der Wohnungsbaupolitik.“ Auch die Saga werde ihre Verpflichtung für den Baubeginn von mindestens 2000 Wohnungen pro Jahr einlösen.
Baukosten enorm gestiegen
Spannend bleibt jetzt, welcher Bauträger maßgeblich diese Sozialwohnungen bauen wird – Saga, Genossenschaften, aber auch private Firmen können die entsprechenden Fördermittel abrufen. Dies ist keineswegs ein Selbstgänger. „Neben den Grundstückspreisen sind auch die Baukosten in den vergangenen Jahren enorm gestiegen“, sagt Dennis Voss, Vorstand der Wohnungsbaugenossenschaft Kaifu Nordland. Voss begrüßt zwar die Initiative des Senats, sagt aber auch: „Wir müssen sehr genau rechnen, ob das auf Dauer wirtschaftlich ist.“ Hintergrund: Wer im geförderten Wohnungsbau investiert, muss im Gegenzug mit vergleichsweise niedrigen Mieten kalkulieren. Die Anfangsmiete für Neubau-Sozialwohnungen beträgt 6,50 Euro netto kalt pro Quadratmeter.
Nur 78.000 öffentlich geförderte Wohnungen
Für SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf ist die Nachricht dennoch ein Erfolg. Kienscherf, zuvor viele Jahre Sprecher für Stadtentwicklung seiner Fraktion, hatte sich sehr dafür eingesetzt, die Einkommensgrenzen für den sogenannten Paragraf-5-Schein, der zum Bezug einer Sozialwohnung berechtigt, anzuheben. Inzwischen könnten rund 40 Prozent der Hamburger Haushalte in einer Sozialwohnung leben. Der Anspruch steht allerdings zunächst nur auf dem Papier, da es in Hamburg nur 78.000 öffentlich geförderte Wohnungen gibt. Ihre Zahl war in den vergangenen Jahren trotz aller Neubauanstrengungen gesunken, da viele Wohnungen aus der sogenannten Bindungsfrist, also der Frist, in der eine Wohnung zu besonders günstigen Konditionen vermietet werden muss, gefallen sind. Mitte der 80er-Jahre gab es noch mehr als 350.000 geförderte Wohnungen in Hamburg.
Bürger brauchen noch Geduld
Breitner rechnet denn auch nicht mit einer zeitnahen Entspannung: „Da die meisten Wohnungsbauprojekte in Hamburg derzeit von der Idee bis zur Fertigstellung mehr als vier Jahre dauern, wird die Verstärkung des Programms erst ab 2023 spürbar werden.“ Die zusätzlichen Fördermittel würden aber helfen, das „ehrgeizige Hamburger Wohnungsbauprogramm in das nächste Jahrzehnt zu verstetigen“.