Hamburg. Delegierte folgen nach emotionaler Debatte dem Antrag der Frauen Union. “Es ist Zeit, klar Position zu beziehen“, sagt die Vorsitzende.

Die Hamburger CDU hat sich auf ihrem Landesparteitag am Sonnabendnachmittag für ein Kopftuchverbot an Schulen für Mädchen unter 14 Jahren ausgesprochen. Die Entscheidung über den von der Frauen Union eingebrachten Antrag fiel mit sehr großer Mehrheit nach einer rund einstündigen kontroversen, differenzierten und zum Teil auch emotionalen Debatte.

„Es ist Zeit, klar Position zu beziehen. Es geht um die Grundlagen des gesellschaftlichen Miteinanders“, sagte Franziska Hoppermann, die Vorsitzende der Frauen Union. Ihre Organisation streite jeden Tag für die Gleichberechtigung von Mann und Frau. „Das Kopftuch verfestigt aber ein Frauenbild der Ungleichheit. Und die Mädchen werden durch das Kopftuch sexualisiert, weil sie so angeblich vor den Männern geschützt werden müssen“, sagte Hoppermann. „Wenn der Staat sich schon mit christlichen Symbolen in öffentlichen Gebäuden zurückhält, dann darf es auch keine Kopftücher an Schulen geben.“

Weinberg hält mit Religionsfreiheit dagegen

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Marcus Weinberg versuchte gegenzuhalten. „Wir schränken mit einem Kopftuchverbot möglicherweise das Grundrecht auf Religionsfreiheit ein. Es gibt ernstzunehmende verfassungsrechtliche Bedenken dagegen“, sagte Weinberg. „Und wir sollten uns nicht anmaßen, anderen zu erzählen, was in ihrer Religion erlaubt ist und was nicht.“

Die Befürworter eines Kopftuchverbots setzten dagegen das Grundrecht auf freie Entfaltung. „Religion darf nicht oktroyiert werden, auch und schon gar nicht Kindern“, sagte der CDU-Justizpolitiker Richard Seelmaecker. Der Staat müsse in Religionsfragen Neutralität wahren, deswegen gehörten Kopftücher nicht in die Schule.

„Wir beeinflussen doch unsere Kinder auch in allen Bereichen“, sagte dagegen der frühere Bürgerschaftsabgeordnete Andreas Wankum. „Die Konfirmation bei den Protestanten und die Bar Mitzvah im Judentum kommt mit 14 Jahren, die Kommunion bei den Katholiken schon mit neun. Deswegen sollten wir uns beim Thema Kopftuch nicht einmischen.“

Wersich: Kinder gerieten in Konflikt mit Eltern

„Wir erzeugen mit einem Verbot nur eine Abwehrhaltung“, sagte Vize-Bürgerschaftsfraktionschefin Birgit Stöver. „Schüler müssen lernen, sich nicht dem Willen anderer widerspruchslos zu beugen. Man muss manchmal Freiheit auch mit einem Verbot durchsetzen“, sagte dagegen Freya von Kerssenbrock.

„Mit einem Verbot helfen wir den Kindern nicht. Wir bringen sie dadurch in einen Konflikt mit ihren Eltern“, sagte Ex-Sozialsenator Dietrich Wersich. „Das Kopftuch ist nur ein Symbol. Wir müssen uns mehr einfallen lassen.“

CDU-Vorstandsmitglied Antonia Niecke bekannte, dass sie „eine große Abneigung gegen das Kopftuch“ habe. „Aber das Verbot ist nur ein Wohlfühlantrag für uns. Wir verlieren damit die Kinder auf der Strecke.“

Kräftiger Applaus bei der Ergebnisverkündung

„Junge Menschen sollten die Möglichkeit haben, ihre Religion selbst zu entdecken“, sagte Hamburg1-Moderator Bedo Kayaturan, der in einer persönlich-emotionalen Rede von der Ausgrenzung berichtete, die er als Alevit in seiner Jugend erlebt hatte.

Immer wieder wurden die Redebeiträge der Befürworter eines Kopftuchverbots von starkem Beifall unterbrochen. Kräftigen Applaus gab es auch, als das deutliche Abstimmungsergebnis bekannt gegeben wurde.

Wiedergewählter Heintze stimmt auf Wahl ein

Zuvor hatte der Parteitag in großer Einmütigkeit einen neuen Landesvorstand gewählt. Roland Heintze wurde mit 180 von 191 Stimmen (94,2 Prozent) als Parteichef wiedergewählt. Neue stellvertretende Landesvorsitzende sind Anke Frieling (72,9 Prozent, Altona) und Natalie Hochheim (83,7 Prozent, Wandsbek). Wiedergewählt als Parteivize wurden die Bundestagsabgeordneten Christoph Ploß (85,2 Prozent, Nord) und Christoph de Vries (86,7 Prozent, Mitte). Birgit Stöver wurde zur Mitgliederbeauftragten gewählt, die Interessenten für die Partei mobilisieren soll.

"Unser gemeinsames Ziel ist es, 2020 wieder mehrheitsfähig zu sein und die Geschicke Hamburgs zu gestalten", sagte Heintze mit Blick auf die nächsten Bürgerschaftswahlen. Die Partei werde nun den Dialog mit den Bürgern suchen, um so "die besten Ideen für Hamburg" zu finden, sagte Heintze, der mit Stolz auf die Konstellation des neuen Vorstands verwies: "Mit einem Durchschnittsalter von 44 Jahren haben wir einen der jüngsten Landesvorstände der CDU Hamburg. Der Frauenanteil liegt mit 41 Prozent sogar leicht über dem Frauenanteil der gesamten Landespartei."