Hamburg. SPD-Kandidat setzt sich gegen Guido Christensen, unterstützt von den Grünen, durch. Fehler im Abendblatt.
Der neue Präsident des Landgerichts heißt Marc Tully. Der Richterwahlausschuss wählte den Vorsitzenden des 1. Strafsenats am Hanseatischen Oberlandesgericht zum Nachfolger von Sibylle Umlauf, die bereits Ende März in den Ruhestand verabschiedet worden war. Tully setzte sich mit neun zu fünf Stimmen gegen den langjährigen Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts, Guido Christensen, durch.
Das Abendblatt hatte in der gestrigen Ausgabe irrtümlicherweise berichtet, Christensen sei gewählt worden. Diesen Fehler aufgrund eines Missverständnisses bedauern wir außerordentlich.
Uneinigkeit in der Frage der Nachfolge
Die Entscheidung war im Vorfeld mit Spannung erwartet worden und galt lange Zeit als offen. Bemerkenswert ist, dass sich die Regierungspartner SPD und Grüne in der Frage der Umlauf-Nachfolge nicht einig waren. In der Sitzung des Wahlgremiums schlug Justizsenator Till Steffen (Grüne) Christensen als Präsident des Landgerichts vor. Die Mitglieder des Richterwahlausschusses mit SPD-Parteibuch hatten sich dagegen schon vor der Sitzung für Tully ausgesprochen. Steffen folgte mit seinem Votum dem Vorschlag von Erika Andreß, der Präsidentin des Oberlandesgerichts.
Kompliziert wurde die Lage dadurch, dass Andreß als zuständige Präsidentin in ihren Bewertungen Christensen deutlich besser beurteilt hatte als Tully. Das hatte bei manchen Juristen rund um den Sievekingplatz für Stirnrunzeln gesorgt. Tully gilt als ausgesprochen gut vernetzt. Der langjährige Vorsitzende des Hamburgischen Richtervereins ist mittlerweile dessen Ehrenvorsitzender.
Tully hat unter anderem den HSH-Nordbank-Prozess geleitet
Für Tully spricht aus Sicht seiner Unterstützer außerdem, dass er über Autorität bei den Strafrichtern verfügt. Tully hat unter anderem den HSH-Nordbank-Prozess geleitet, bei dem frühere Vorstandsmitglieder der Bank angeklagt waren.
Die drei SPD-Mitglieder im Richterwahlausschuss um Urs Tabbert, den justizpolitischen Sprecher der Fraktion, sollen sich nach Abendblatt-Informationen frühzeitig für Tully ausgesprochen haben, während der Grünen-Vertreter Ernst Medecke gegen Tully votierte. Justiz-Staatsrätin Katja Günther (Grüne) ließ sich in der Sitzung durch Sozial-Staatsrat Jan Pörksen (SPD) vertreten.
In früheren Jahren hatten wichtige Personalentscheidungen im Richterwahlausschuss bisweilen zu heftigen Zerwürfnissen geführt. Auch in diesem Fall wurde die Diskussion zeitweise lautstark. Gestritten wurde unter anderem über einen Brief, den ein stellvertretendes Wahlausschuss-Mitglied im Vorfeld an die anderen Mitglieder verschickt hatte. In dem Schreiben, das dem Abendblatt vorliegt, wurde der Vorwurf erhoben, der von Tully geführte 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts stehe „für eine besonders restriktive Auslegung von Vorschriften der Strafprozessordnung sowie für eine extensive Anwendung von Haftvorschriften“.
Entscheidung in geheimer Abstimmung
Ein Eklat wurde vor allem vermieden, weil SPD und Grüne die Differenzen nicht zur Koalitionsfrage erhoben. So fiel die Entscheidung zugunsten Tullys in geheimer Abstimmung. Der Jurist kann das neue Amt erst antreten, wenn der Senat ihn ernannt hat.