Hamburg. Ausstellung „Shift“ des Duos Calla Henkel und Max Pitegoff im Kunstverein beschäftigt sich mit verschiedenen Identitäten.

Die Menschen blicken geheimnisvoll von den Porträts. Es sind Junge und Ältere, Frauen und Männer. Einige blond perückt. Andere mit Brille und Bart. Es sind keine Personen, die man sofort auf den ersten Blick erkennen würde, auch das Programmheft liefert wenig Anhaltspunkte. All das ist natürlich Absicht, es regt die Fantasie an. Anlässlich der 7. Triennale der Photographie hat das in Berlin lebende, von Rotterdam bis New York gefeierte US-Künstlerduo Calla Henkel und Max Pitegoff mit „Shift“ eine Schau zu Zwischenzuständen von Identitäten im Kunstverein in Hamburg kreiert.

Die Ausstellung, die bis September zu sehen ist, präsentiert mehrere Aufnahmen von Schauspielern, Musikern und Performern, mit denen das Duo gearbeitet hat. In Berlin-Kreuzberg haben Henkel und Pitegoff in einem Ladenlokal einige Zeit ein Kneipentheater betrieben. „New Theater“ nannten sie es, die Fotografie bildete jedoch immer das Zentrum ihrer gemeinsamen Arbeit.

Keine Nachtleben-Fotografie

„Wir wollten nicht diese typische Nachtleben-Fotografie machen, also haben wir Texte über die Menschen geschrieben, die die Bar betraten, eine Art Sitcom entwickelt“, erzählt Calla Henkel. Auch der Ort spielte eine besondere Rolle. „Wir wollten den Theaterraum öffnen. Jeder weiß, wie man sich im Theater verhält. Man nimmt Platz und wartet, bis es anfängt. In einer Galerie ist das anders“, ergänzt Max Pitegoff.

Calla Henkel, 1988 in Minneapolis geboren, und Max Pitegoff, Jahrgang 1987 aus Buffalo, lernten sich an der Cooper Union School of Art in New York kennen. Sie begannen erste gemeinsame Arbeiten, die sie später in Berlin an der Universität der Künste fortführten. Das Nachdenken über die sich wandelnden Formen von Fotografie hat die beiden schließlich zu der Arbeit „Shift“ inspiriert. Sie plünderten ihr Archiv. Und ordneten die Porträts in dieser Weise an, die fast an Setcards, also Bewerbungsfotos von Schauspielern, erinnert. Ein wenig, so sagen Henkel und Pitegoff, sei ja heutzutage jeder ein Schauspieler.

Zwischenstadium zwischen Rolle und Person

Jeder wechsele seine Identitäten, reagiere auf flexible Weise, präsentiere sich unterschiedlich je nach Plattform oder sozialem Medium. „Einige der Porträtierten sind in ihrer Rolle, in Kostüm und Maske, andere nicht. Aber es geht uns genau um dieses Zwischenstadium zwischen Rolle und Person“, so Calla Henkel.

Beide haben sich intensiv mit Bilder-Datenbanken und Algorithmen beschäftigt. Die Online-Plattform Tinder etwa soll das beste Foto für die Selbstvermarktung auf dem Liebesmarkt auswählen. Diese Fragen rund um das Medium Fotografie sind es, von denen Calla Henkel und Max Pitegoff hier auf anregende Weise erzählen.

Calla Henkel/Max Pitegoff: „Shift“, bis 9.9., Kunstverein in Hamburg, Klosterwall 23, Di–So und Feiertage 12 bis 18 Uhr, Führungen Do 17 Uhr; www.kunstverein.de