Hamburg. Die Freie Szene in Hamburg gibt einen Spielzeitkalender heraus – bloß finden die Abende leider nicht statt.

    Besucher von Hamburger Kulturstätten werden in diesen Tagen ein leuchtend gelbes Leporello in den Auslagen finden, den „Spielzeitkalender 18/19. Freie Szene Hamburg“. Das Programm ist eine absolute Fundgrube für Theater- und Tanzfreunde. Die viel gelobte Theatermacherin Lois Bartel zeigt die Produktion „On Shifting Grounds“. Die inklusive Gruppe Meine Damen und Herren präsentiert „Auf Platz 2“, und Choreografin Ursina Tossi zeigt „Crypsis“. Auch Kindertheater gibt es mit dem Theater Triebwerk und „Alles von Ingeborg Bachmann“.

    Allein, die Vorfreude hat einen Haken, denn diese Veranstaltungen finden nicht statt. Sie haben keine Fördermittel der Stadt erhalten und stehen symbolisch für die Not einer Szene, deren innovatives kreatives Potenzial einer dramatischen Unterfinanzierung gegenübersteht. Mit diesem fiktiven Programmkalender schließen sich die Vertreter der Szene in seltener Geschlossenheit von den Spielstätten wie Kampnagel und Monsun Theater über die Künstlerinnen und Künstler bis zum Dachverband freie darstellende Künste Hamburg zusammen. Sie machen deutlich, worum es ihnen geht: die Szene jetzt nicht nur zu fördern, sondern zu retten. Der Zeitpunkt ist nicht zufällig gewählt. In den kommenden Tagen stehen die Beratungen über den Doppelhaushalt 2019/2020 des Hamburger Senats an.

    Hamburger Publikum ist aktiv gefragt

    Die Freie Szene in Hamburg ist gewachsen. Und mit ihr auch ein interessiertes Publikum. Die Fachjury, die ­alljährlich über die Vergabe der Fördergelder in den Sparten Tanz und Performance, Sprech- und Musiktheater sowie Kinder- und Jugendtheater entscheidet, beklagte in diesem Jahr nicht zum ersten Mal, dass statt der gerade einmal 31 geförderten Produktionen dreimal so viele förderungswürdig gewesen seien. Ein Dilemma. Hinzu kommt, dass die Ausstattung der Fördergelder in Hamburg jener in München oder Frankfurt, die doppelt beziehungsweise dreimal so gut ausgestattet sind, weit hinterherhinkt. In diesen – durchaus vergleichbaren – Städten hat es zuletzt starke Aufstockungen der Zuschüsse gegeben.

    Jetzt ist auch das Hamburger Publikum aktiv gefragt. Denn der fiktive Spielzeitkalender wirbt nicht nur um Aufmerksamkeit bei potenziellen Zuschauern – er kann mit dem Betreff „Jetzt!“ auch mit der Post an den Kultursenator geschickt werden. Die Behördenadresse steht auf dem Kalender.