Hamburg. 100 Euro Eintritt ist keine Band wert. Doch live sind die Rockstars aus Seattle eine Liga für sich – auch auf der Trabrennbahn.

Als die Foo Fighters am Sonntag mit „Run“, „All My Life“ und „Learn To Fly“ ihre ersten Hits über die Bahrenfelder Trabrennbahn schicken, ist es wie eine Erlösung für die 60.000 Fans. Stundenlanges Warten ist das eine, dafür wird man mit den Vorbands Wolf Alice und The Kills ganz gut unterhalten oder vertreibt sich die Zeit in den Schlangen an den Bierständen.

45 Minuten für ein Getränk, Respekt. Aber die Anfahrt, schon bei den „kleinen“ Trabrennbahn-Konzerten der letzten Jahre mit 15.000 Zuschauern oft eine Zumutung, gerät auch an einem verkehrsärmeren Sonntag mit extra eingesetzten S-Bahnen zur lustigen Ochsentour mit Shuttlebussen, zwei Kilometer langen Fußmarsch durch den Volkspark, Sicherheitskontrollen und Ticketcheck. Bloß nicht an den Rückweg denken, wenn alle auf einmal nach Hause wollen.

„Das wird eine lange Nacht, Motherfuckers“

Geschafft ist geschafft. „Das wird eine lange Nacht, Motherfuckers“ ruft Grohl, „als ich hergefahren bin, konnte ich diese Masse Menschen nicht fassen. Da muss noch ein anderes Konzert laufen.“ Nein Dave, die sind für dich da. „The Pretender“, eine dieser unfassbar dynamischen, harten und doch fluffig-melodiösen Mini-Rockopern der Foo Fighters, lässt die vorderen Reihen in der extra langen Version mit Backgroundchor wogen wie ein Weizenfeld im Wind. Beste Stimmung, zumindest vorne.

Hat ja was, der Gigantismus mit großen Leinwänden, Lichtblitzen und Hubschraubern am Horizont. Dennoch wird es einen Grund gehabt haben, warum gigantische Open-Air-Konzerte seit Robbie Williams 2006, ebenfalls auf der Trabrennbahn, in Hamburg lange nicht auf dem Programm standen. Sicherheit, Umwelt, Lärm und Anwohner, Verkehr (sprich: Baustellen), Müll und Nachhaltigkeit, Wildpinkler, Gebüsch- und Zaungäste sind schon eine Herausforderung in diesen Dimensionen, die Behörden und Veranstalter oft nicht auf einen Nenner bringen konnten.

Aber jetzt, mit dem aktuellen Image- und Touristenboom im Rücken, paukt die eventgeile Stadt noch jede Megasause durch („Wir richten ja auch jährlich den Hafengeburtstag aus“), der Stadtpark hat sich immer noch nicht von den Rolling Stones im September 2017 erholt, und mal sehen, was aus den über Nacht durch das Unterholz geschlagenen Fluchtwegen im Volkspark wird, wenn die Foo Fighters und Ed Sheeran, zu dem am 25. Juli sogar 80.000 kommen sollen, wieder abgezogen sind.

Foo Fighters beweisen unglaubliche Präsenz

Sei es drum, seit Gründung der Foo Fighters durch Nirvana-Schlagzeuger Dave Grohl nach Kurt Cobains Tod 1994 hat sich die Band aus Seattle zur Stadiontauglichkeit (hübsches Zweitligastadion da, im Volkspark) hochgearbeitet, und es spielt keine Rolle, ob Grohl (der beste Schlagzeuger der Welt, der in seiner Band kein Schlagzeug spielt), vor 12.000 auftritt wie 2015 in der Barclaycard Arena oder vor 60.000 auf der Trabrennbahn.

Er würde auch vor drei Zuschauern nachts um drei Uhr im Logo um sein Leben spielen, angetrieben von seinem treuen Bassisten Nate Mendel, Fellgerber Taylor Hawkins und den Gitarristen Pat Smear und Chris Shiflett. Mit dem sanft angespielten und dann donnernd eingetrommelten alten Klassiker „My Hero“ vom zweiten – besten – Album „The Colour And The Shape“ (1997) und „These Days“ steigt das Energieniveau auf und vor der Bühne noch weiter.

Der Abend weht durch das Haar von Grohl, „ich fühle mich wie Beyoncé“, scherzt er. Es bleibt unglaublich, mit was für einer Präsenz und Spielfreude die Footos wieder in Hamburg auftreten. Auf Tonträgern bleibt die Band seit „Echoes, Silence, Patience & Grace“ (2007) vorhersehbar und wenig spannend, live aber ist sie eine Liga für sich.

100 Euro Eintritt ist keine Band wert

Keine Band der Welt, nicht einmal Metallica oder die Stones, ist eigentlich unrockbare 100 Euro Eintrittsgeld wert. Auch nicht Queen, die mit „Another One Bites The Dust“ und „Under Pressure“ gern von den Foo Fighters zitiert werden und am 20. Juni in Hamburg spielen.

Ganz zu schweigen von dem Desaster auf der Trabrennbahn, was sich Gastronomie und Anfahrt nennt. Schon während der ersten Vorband keiften sich Durstige und Personal böse an, immer wieder sitzen Getränkestände auf dem Trockenen, umlagert von brüllenden Meuten. Aber wenn man bei „Monkey Wrench“ den schrägen Intro-Takt mitstolpert, bei „Breakout“ im Licht aus Tausenden Handys alles von sich wirft und „Best Of You“ mitsingt, möchte man der Band einen Blankocheck ausstellen. Da! Nehmt was ihr braucht, aber spielt weiter. „Everlong.“ Und gebt nicht alles auf einmal aus.