Hamburg/Essen. Bis zu 600 Thyssen-Mitarbeiter auf dem Gelände der Werft Blohm + Voss könnten betroffen sein. Mitarbeiterversammlung in Hamburg.

Der Industriekonzern ThyssenKrupp bereitet sich einem Medienbericht zufolge auf die Abspaltung seiner Werftensparte vor. Grund dafür sei die Entscheidung der Bundesregierung, das Unternehmen nicht am Bau des Mehrzweckkampfschiffs MKS 180 zu beteiligen, berichtet das "Handelsblatt" unter Berufung auf Informationen aus Konzernkreisen. Die Sparte Thyssen-Krupp Marine Systems (TKMS) war bislang einer der größten Lieferanten der Marine.

Der Ruhrkonzern will sich nun dem Bericht zufolge von dem Geschäft verabschieden. Es liefen Gespräche mit Wettbewerbern über eine Partnerschaft, die in eine Beteiligung oder einen Komplettverkauf des Überwasserbereichs münden könnten. Sollte es keine Einigung geben, dann werde der Bereich abgewickelt. An den Standorten Emden, Hamburg und Kiel wären damit laut "Handelsblatt" rund 1000 der insgesamt 6000 Beschäftigten betroffen.

Thyssen noch auf dem Blohm + Voss-Gelände aktiv

Allein in Hamburg arbeiten für Thyssen-Krupp auf dem Gelände der Werft Blohm + Voss noch etwa 500 bis 600 Beschäftigte. Zwar hatte der Essener Konzern die gesamte Werft schon 2011 an den Finanzinvestor Star Capital Partners verkauft, der das Traditionsunternehmen dann vor eineinhalb Jahren an die Bremer Lürssen Gruppe weitergab. Doch mit dem Marineschiffbau blieb Thyssen-Krupp auch weiterhin auf dem Werftgelände aktiv.

Unterdessen hat die IG Metall Küste die Bundesregierung und die Unternehmen attackiert. „Sie tragen die Verantwortung für das drohende Desaster“, sagte Bezirksleiter Meinhard Geiken in Hamburg. „Ausgelöst wurde das Ganze durch das Bundesverteidigungsministerium, das mit der europaweiten Ausschreibung des Milliardenauftrags MKS 180 das Aus des Marineschiffbaus in Deutschland billigend in Kauf nimmt.“

Am Freitagvormittag trommelte die Geschäftführung die Hamburger Thyssen-Mitarbeiter bei einem sogenannten "Townhall-Meeting" zusammen, um sie angesichts der aktuellen Gerüchte zu beruhigen. Nach Angaben eines Sprechers gibt es derzeit keine konkreten Erwägungen, sich von der Werftensparte zu trennen. Aus Konzernkreisen verlautete allerdings, dass der Frust über die Nichtberücksichtigung beim Bau des Kampfschiffs schon sehr groß sei.

U-Boot-Bau in Kiel betroffen

Die Überlegungen der Konzernführung betreffen dem Bericht zufolge auch das Geschäft mit U-Booten. Ohne die Rückendeckung aus der Politik und ohne die Synergien mit dem Überwasserbereich sei der Bau von U-Booten nicht rentabel zu betreiben. TKMS ist mit der früheren HDW Weltmarktführer bei konventionellen Unterseebooten. Zu den Kunden zählen neben der Marine unter anderem Israel und die Türkei.

Der Konzern hatte schon in der Vergangenheit einen Verkauf erwogen, allerdings waren die Gespräche an unterschiedlichen Preisvorstellungen gescheitert. Vorstandschef Heinrich Hiesinger wolle nun einen neuen Anlauf nehmen, berichtet das Blatt. Ohne den Rückhalt aus der Politik könnte TKMS langfristig weder Schiffe noch U-Boote verkaufen. Der Sprecher des Unternehmens sagte, man kommentiere keine Marktspekulationen.