Hamburg. Friedrich Lürßen, Eigentümer der Werft, besucht Hamburg. Heute hofiert ihn die Politik. Beim Übernahmeversuch 2011 war das anders.
Vor eineinhalb Jahren hat die Bremer Lürssen Gruppe die Hamburger Traditionswerft Blohm + Voss übernommen. Am Donnerstag kam es zum ersten öffentlichen Auftritt des neuen Eigentümers auf dem Werftgelände im Hafen. Freundlich lächelnd stand Friedrich Lürßen inmitten zahlreicher Auszubildender und begrüßte Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos).
Der offizielle Grund für den gemeinsamen Besuch war die Eröffnung der neuen Ausbildungswerkstatt bei Blohm + Voss. Zehn Millionen Euro hat Lürssen seit der Übernahme in die Modernisierung der Werft gesteckt. „Da war es nur logisch, auch die Ausbildungsumgebung auf den Stand der Technik zu bringen“, sagte Werft-Geschäftsführer Ralph Petersen. 30 Azubis werden derzeit bei Blohm + Voss ausgebildet.
Der Anfang nach der Übernahme sei schwer gewesen, sagte dann Lürßen im Gespräch mit dem Abendblatt. Inzwischen komme der Standort Hamburg aber voran: „Auch das Reparaturgeschäft läuft besser.“ Eine späte Genugtuung für den Bremer, der Hamburg gut kennt, weil er hier studiert hat.
2011 gab es keine Unterstützung der Politik
Erst im zweiten Anlauf im November 2016 hatte die Bremer Schiffbaufamilie Hamburgs Traditionsbetrieb kaufen können. 2011 hatte sie es schon einmal versucht. Damals stellte der Stahlkonzern ThyssenKrupp, zu dem Blohm + Voss gehörte, den Hamburger Standort zum Verkauf. Doch nach erheblichem Widerstand der Geschäftsführung und der Betriebsräte zog Lürßen sein Angebot enttäuscht zurück. „Wir wurden aufgefordert, den gesamten Standort wegzuschenken“, sagte der ThyssenKrupp-Manager Hans Christoph Atzpodien damals. Die Arbeitnehmervertreter bezeichneten das Bremer Angebot gar als „Verhöhnung der Belegschaft“. Und auch die Politik unterstützte Lürßen nicht.
Stattdessen klatschte sie Beifall, als ThyssenKrupp die Hamburger Werft an Star Capital Partners, einen im Schiffbau unbekannten Finanzinvestor aus London, verkaufte. Dieser filetierte das Unternehmen, verkaufte den Maschinenbau und setzte für den restlichen Betrieb auf den Neubau von Megayachten. Die Aufträge blieben aber aus. Hingegen waren die Orderbücher bei Lürßen gut gefüllt. Dennoch war die Enttäuschung über die Zurücksetzung groß – nicht zuletzt, weil man mit Blohm + Voss beim Bau von Marineschiffen immer eng zusammengearbeitet hatte.
Lürßen kannte den Hamburger Standort. Umso größer war seine Überraschung, als er 2016 dann wirklich zum Zuge kam, weil Star Capital Partners seine einstige Investition versilbern wollte. Bei einem ersten Rundgang in Hamburg zeigte sich dann, dass die einst stolze Hamburger Werft ziemlich heruntergewirtschaftet worden war. Sie sei in einem „kritischen Zustand“ gewesen, sagte Lürßen damals.
Tschentscher ist froh über Millionen-Investition
Das hat sich nun geändert. Auch deshalb kommen aus der Hamburger Politik nun lobende Worte: „Kein Unternehmen ist so verbunden mit dem maritimen Bewusstsein der Hamburger wie Blohm + Voss“, sagte Bürgermeister Tschentscher. Man habe mit Sorge verfolgt, was mit der Werft geschah. „Deshalb bin ich froh über ihr Engagement“, sagte Tschentscher zu Lürßen. „Wer so viele Millionen am Standort investiert, der hat Pläne und den nötigen Optimismus, den Schiffbau in Hamburg weiterzuentwickeln.“ Und was sagte Lürßen? Dem Abendblatt verriet er: „Ich hätte die Werft gerne schon beim ersten Mal gekauft, aber so ist es auch gut.“
Friedrich Lürßen führt die Geschäfte der Lürssen Werftengruppe zusammen mit seinem Cousin Peter Lürßen in vierter Generation. Einmal im Monat besucht er Hamburg, um sich die Fortschritte bei der Sanierung anzusehen. „Im Juni ist auch der Arbeitsplatzabbau durch, dann kommt wieder mehr Ruhe in die Belegschaft.“ Zwar sei das Konsortium von ThyssenKrupp und Lürssen bei der Bewerbung um den Bau neuer Mehrzweckkampfschiffe für die Marine ausgeschieden. Aber Blohm + Voss hat über seine Bewerbung zusammen mit dem niederländischen Schiffbauunternehmen Damen eine große Chance, die Ausschreibung zu gewinnen. „Andersherum wäre es mir lieber gewesen, Hauptsache ist aber, dass die Schiffe in Deutschland gebaut werden.“
Im Herbst startet Duales Studium
Kritisch äußerte sich Lürßen über die „restriktive Exportpolitik“, die die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag für Marineschiffe vereinbart habe. „Frankreich, Italien und Niederlande unterstützen ihre Werften politisch. Uns werden in dem Bereich Knüppel zwischen die Beine geworfen.“ Das sei kein gleicher Wettbewerb in Europa.
Und dann hatte der eingefleischte Werder-Bremen-Fan noch einen Appell an die Sportstadt Hamburg: „Der HSV muss schnell wieder aufsteigen. Ohne das Nord-Derby fehlt der Bundesliga das Salz in der Suppe.“
Neben den 30 eigenen Azubis steht die neue Ausbildungswerkstatt übrigens auch Lehrlingen von SKF Marine, vom Hamburger Waggonvermieter VTG im ersten Lehrjahr und vom Motorenhersteller Zeppelin Power Systems zur Verfügung. Im Herbst starten Lürßen und sein Tochterunternehmen Blohm + Voss eine Kooperation mit der Hamburger Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) für ein duales Studium der Elektrotechnik. Die neue Ausbildungswerkstatt ist für Lürßen Teil des Zukunftskonzepts, das er in Hamburg jetzt umsetzen will – wenn auch erst im zweiten Anlauf.