Hamburg. Im neu aufgerollten Prozess wurde das Strafmaß der teils minderjährigen Täter verschärft. Gericht spricht von “schockierender“ Tat.

Bei einer Geburtstagsfeier im Februar 2016 in Hamburg-Harburg passiert etwas Furchtbares: Ein 14 Jahre altes Mädchen wird zunächst betrunken gemacht und dann von vier überwiegend noch minderjährigen jungen Männern mit extremster Brutalität vergewaltigt. Eine 15-jährige Freundin des Opfers filmt die Tat auch noch mit ihrem Handy. Danach legen die Täter ihr hilfloses Opfer bei Temperaturen um den Gefrierpunkt nur mit Unterwäsche bekleidet in einem Hinterhof ab.

Im Revisionsprozess vor dem Hamburger Landgericht werden am Mittwoch drei der fünf Angeklagten zu Freiheitsstrafen zwischen viereinhalb Jahren und zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Zu Beginn der Urteilsbegründung sagt die Vorsitzende Richterin Anne Meier-Göring, man habe versucht, Antworten auf die Frage zu finden, warum die jungen Leute „diese abscheuliche Tat begangen haben“. Nicht nur die Gefühllosigkeit der Täter, sondern auch „ihre Sprachlosigkeit haben uns entsetzt“.

"Keineswegs Gelegenheitstaten"

Die Angeklagten seien „keine Menschen, die über ein normales Wertegerüst verfügen“ – sie hätten vielmehr „in emotionaler wie in sozialer Hinsicht hoch defizitäre Persönlichkeitsstrukturen - so traurig es ist, dies auszusprechen“. Die Kammer macht auch deutlich, dass es sich „keineswegs um Gelegenheitstaten eines Partygeschehens“ gehandelt habe.

Der zum Tatzeitpunkt einzige Erwachsene, ein damals 21 Jähriger, wird wie bereits im ersten Verfahren im Oktober 2016 zu einer langen Haftstrafe verurteilt - diese wird jedoch um weitere sechs Monate auf nun viereinhalb Jahre verlängert. Ein damals 17-Jähriger erhält eine Jugendstrafe von zwei Jahren und neun Monaten, ein zum Tatzeitpunkt 14-Jähriger eine dreijährige Jugendstrafe. Beide waren nach der Tat erneut mehrfach durch Straftaten aufgefallen. Beide waren im ersten Prozess zu Bewährungsstrafen verurteilt worden.

16-Jähriger zeigt als einziger "echte Reue"

Die zum Tatzeitpunkt 15 Jahre alte Freundin des Opfers, die die Quälerei gefilmt hatte, und ein damals 16-Jähriger werden zu Bewährungsstrafen verurteilt. Der junge Mann war laut Richterin Meier-Göring der einzige Angeklagte, der „echte Reue“ gezeigt habe. Die anderen Beschuldigten hingegen hätten im Prozess versucht, „ihre Tatbeiträge kleinzureden“, und versucht, „die Verantwortung auf die anderen Angeklagten abzuwälzen“.

Dass im Revisionsprozess gegen vier der Angeklagten wesentlich höhere Freiheits- beziehungsweise Jugendstrafen verhängt werden, begründet die Kammer unter anderem mit „schädlichen Neigungen“. Das Gericht sieht „erheblichen Erziehungsbedarf, der nur im Rahmen eines länger andauerenden Jugendstrafvollzugs gewährleistet werden“ könne.

Die heute 16 bis 23 Jahre alten Angeklagten nehmen die Urteile regungslos entgegen. Am Ende der Urteilsbegründung wendet sich Meier-Göring mit der Bitte an die Öffentlichkeit, die Angeklagten nun in Ruhe zu lassen und „ihnen die Möglichkeit zu geben, ihr Leben zu ändern“. Und die Vorsitzende Richterin mahnt: „Für Rache und Vergeltung ist in diesem System kein Platz.“