Hamburg. Um den Judasbaum ranken sich allerlei Legenden. Keine Legende ist, dass er auch in unseren Breiten prachtvoll gedeihen kann.
Fast die Hälfte der Amerikaner, die regelmäßig Alkohol trinken und unter dessen Einfluss im Internet einkaufen gehen, geben dabei im Jahr etwa 30 Milliarden Dollar aus. Sagt eine Studie, die ich – wo wohl? – natürlich im Internet gelesen habe. Das nennt man dann wohl einen Kaufrausch. Kann mir übrigens nicht passieren. Nicht einmal nach dem zweiten Gin Tonic auf Eis. Meiner Frau Anke erkläre ich den abendlichen Sundowner mit einem Verweis auf beste britische Gärtnertradition. Queen Mum etwa, die Mutter von Elizabeth II. und bekanntlich eine große Gartenfreundin, sei so immerhin mehr als 100 Jahre alt geworden.
Ich regele nämlich grundsätzlich keine Geldangelegenheiten übers Internet. Das macht alles Anke. Nicht weil ich besonders altmodisch wäre. Ich recherchiere etwa im Internet und beantworte Mail-Anfragen der Leser. Natürlich schreibe ich auch den „Brief aus Mühle“ am Computer und schicke ihn per Internet an die Redaktion. Nur in Gelddingen traue dem Internet nicht über den Weg – und meinen Computerfähigkeiten schon mal gar nicht.
Faszinierendes Gehölz
Trotzdem war ich neulich kurz davor, ins Onlinebanking einzusteigen. Bis ich las, dass die Deutsche Bank 28 Milliarden Euro auf ein falsches Konto überwiesen hatte. Profis, aus Versehen die falsche Taste gedrückt!
Die Versuchung für einen Spontankauf im Internet ist natürlich trotzdem immer da – auch ganz ohne Sundowner. Wie neulich, als ich durch eine Leserfrage auf ein faszinierendes Gehölz stieß, von dem ich bis dahin nichts gehört hatte – und das es daher auch nicht in unserem kleinen Mühlenpark im Wendland gab.
Aber der Reihe nach: Der Leser hatte sich vor ein paar Jahren von einem Schwarzmeer-Urlaub einige kleine Triebe mitgebracht. Die waren in seinem Garten auch sehr gut angewachsen, hatten aber noch nicht geblüht. Seine Frage: „Kriegt man einen Judasbaum auch bei uns im Norden an der Unterelbe zum Blühen?“
Beilage zu Salaten
Judasbaum? Da musste ich erst einmal nachschlagen. Schon der Name war ja spannend. Cercis siliquastrum heißt so, weil sich Judas Ischariot, der Jesus für 30 Silberlinge an seine Häscher verraten hatte, laut Bibel an ihm erhängt haben soll. Nicht in der Bibel steht die Legende, dass der Baum vor Scham rot angelaufen sei. Gemeint sind damit die Blüten, die im April noch vor dem Laubaustrieb erscheinen.
So weit also die Legende. Tatsache ist auf jeden Fall, dass der Gewöhnliche Judasbaum im Mittelmeerraum beheimatet ist – also auch im biblischen Palästina. Nach Mitteleuropa kam er erst vor gut 400 Jahren. Natürlich haben sich dann die Züchter über den Judasbaum hergemacht. Die Sorte „Alba“ hat weiße Blüten, „Rubra“ dunkelrote. Die von „Bodnant“ sind dunkelrosa. Die Blütenblätter sind übrigens essbar, machen sich wohl auch sehr dekorativ als Beilage zu Salaten. Cercis „Lavender Twist“ ist eine Hängeform, die gut vier Meter groß wird und wie die anderen Züchtungen damit gut in kleine Gärten wie bei Reihenhäusern passt.
Gut winterhart
An sonnigen, geschützten Standorten sind der Judasbaum und seine Zuchtformen auch bei uns gut winterhart. Er blüht auch bei uns. Allerdings brauchen Cercis sechs bis acht Jahre bis zur ersten Blüte. Ansonsten ist der Baum ziemlich pflegeleicht. Er wächst praktisch in jedem normalen Gartenboden, braucht als Tiefwurzler nach dem Anwachsen kaum Wasser.
Und vor allem keinen Dünger. Der würde sich wie zu viel Wasser eher kontraproduktiv auf Wuchskraft und Blütenfreude auswirken. Denn seinen Dünger produziert der Judasbaum in Symbiose mit Knöllchenbakterien selbst. Lediglich wenn der Boden zu sauer wird, hilft ein bisschen Kalk im Frühjahr. Er besitzt die Fähigkeit, sich den Stickstoff aus der Atmosphäre anzueignen. Die sogenannten Stickstoffsammler sind in der Natur gar nicht so selten. Schwarzerle (Alnus glutinosa) und Goldregen (Laburnum) gehören ebenso dazu wie der Erbsen- (Caragana) oder Blasenstrauch (Colutea). Auch Besen-, Edel- und Färberginster produzieren ihren Stickstoff selber.
Stickstoffsammler spielen seit jeher in der Landwirtschaft eine wichtige Rolle. Nicht nur als Gründünger. Lupinen wurzeln außerdem noch tief, lockern so den Boden auf – und sind noch eine tolle Bienenweide. Luzerne wird fast einen Meter hoch, verbessert den Boden, eignet sich als Grünfutter und ist noch hervorragend für Kompost. Inkarnatklee, auch Rosen- oder italienischer Klee, blüht nicht nur toll von Mai bis August und sammelt eifrig Stickstoff, sondern ist auch begehrt in der Bienenwelt.
Bis zum nächsten Wochenende, herzlichst Ihr Karl Günther Barth