Malvengewächsesind wahre Blütenmonster und in ihrer Farbgebung von Zartrosa über Lila bis Dunkelviolett gerade wieder total in Mode
„Traue nie einer Frau, die lila trägt, egal wie alt sie ist, oder einer Frau über 35, die rosa Bänder trägt“, ätzte Oscar Wilde (1854–1900) in dem Roman „Das Bildnis des Dorian Gray“ über das Farbspektrum zwischen Blau und Rot. Ein Verdikt mit Langzeitwirkung von einem berühmten Schriftsteller, der auch eine Skandalnudel ersten Ranges war? 1967 fragte die „Zeit“: „Weiß, wer lila trägt, was er tut?“ Was das Zentralorgan der jeweiligen liberalen Zeitgeister damals noch nicht wusste: Ein paar Jahre später war die lila Latzhose sogar das Markenzeichen eines kämpferischen Feminismus – und der Spruch „Lila schützt vor Schwangerschaft“ machte die Runde.
Man weiß auch nicht, was Margot Honecker dazu bewog, sich die Haare lila färben zu lassen. Wollte die Frau des mächtigen DDR-Staatsoberhaupts Erich Honecker ein feministisches Zeichen setzen oder einfach nur die Haare schön haben? Es brachte der strengen Bildungsministerin gleich einen Spitznamen ein: „lila Hexe“.
Lila und Purpur etwa waren die Farben der Reichen und Mächtigen
Im Westen auch nichts Neues. Pink oder Violett, die dunkle Schwester des zarten Rosa, ist gerade, mal wieder, Modefarbe der Saison, etwa bei Lippenstiften. Als Verhütungsmittel, das wissen wir ja schon, taugt die Farbe nicht. Vom Küssen allein wird man nicht schwanger.
Was Oscar Wilde wohl ziemlich egal gewesen wär – er war stockschwul, hatte mit der Damenwelt wenig am Hut. Vielleicht war der modebewusste Dandy nur entsetzt über eine plötzliche Farbenschwemme – ausgelöst 1856 durch die Zufallsentdeckung eines 18 Jahre alten Chemikers, die es ermöglichte, Lila preiswert industriell herzustellen.Lila und Purpur etwa waren bis dato die Farben der Reichen und Mächtigen gewesen. Zum Färben brauchte man ein Pigment aus der Drüse der Purpurschnecke. Für ein Kilo Lila mussten zehn Millionen der Schleimer sterben. Purpur und Lila waren also nichts für gewöhnliche Sterbliche, sondern Potentaten und Höflingen vorbehalten. Als die Römer Christen wurden, erlaubten die Kaiser auch bald den Päpsten die Farbe der Macht. Die nahmen das nur zu gerne an, legten das schlichte Weiß des Hirten ab. Der Mönch Ambrosius hatte noch vergeblich gemahnt. „Der Purpur macht den Kaiser, nicht den Priester.“
Die lila Substanz, die der englische Teenager entdeckt hatte, hatte den Farbton Mauve, wie im Französischen Malven heißen – er wurde die Modefarbe des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Irgendwann auch die der älteren Damen, was dem Farbton das Image alternder Jungfern bescherte. Stammt daher, womöglich, der Spruch „Lila, der letzte Versuch“?
Vorsichtig, meint da meine Frau Anke, das sei, erstens, frauenfeindlich und, zweitens, Lila eine ihrer Lieblingsfarben. Und drittens hätte ich ja höchstpersönlich für die Malven in unserem kleinen Mühlenpark im Wendland gesorgt. Stockrosen (Alcea) gehörten dazu, die duftenden, zartrosa gefärbten Blüten der heimischen Malven seien ein klassischer Teil des Bauerngartens.
Wo sie recht hat, hat sie recht. Ich liebe schließlich auch den Duft des Flieders, von dem die Farbe Lila ihren Namen hat. Flieder heißt auf Arabisch Lilak. Die Familie der Malvengewächse hat wirklich keine Chauvi-Sprüche verdient. Zum großen Clan der Malven mit fast 4000 Arten gehören weltweit neben Eibisch und Hibiskus so unterschiedliche Gewächse wie die Baumwoll- und die Kakaopflanze, sogar die Zimmerlinde.
Mein Favorit wären Zuchtformen des amerikanischen Sumpf-Eibisch. Hibiscus-moscheutos-Hybriden sind wahre Blütenmonster von Zartrosa bis Violett und Dunkelrot. Die mehrjährigen Stauden werden, je nach Sorte, bis zu zwei Meter groß, der Durchmesser der Blüten, die ab Juli erscheinen können, beträgt bis zu 30 Zentimeter. Dagegen ist manche Sonnenblume ein Winzling.
Pflanzen gibt es im Fachhandel, bei den großen Versandgärtnereien oder etwa der Gärtnerei Bartels in Delmenhorst. Das ist regional, und die Gärtnerei gilt in der Fachliteratur als führender deutscher Züchter. Die Pflanzen werden im Freiland gezogen, überstehen Frost bis minus 30 Grad. Etwa die Sorten Fireball, Jamberry Jazz, My Valentine oder Berry Awesome.
Wichtig ist ein sonniger Standort mit durchlässigem Boden. Die Blütenwunder brauchen gut Wasser im Sommer, vertragen aber keine Staunässe. Am besten ein großes Pflanzloch ausheben – 50 Zentimeter tief, 50 Zentimeter breit, am Boden eine Schicht mit Zweigen – für die Durchlässigkeit. Für Frühaufsteher hat der Riesen-Hibiskus ein stilles Spektakel parat. Noch vor Sonnenaufgang beginnt die Pflanze mit dem Öffnen der Blüte. Das kleine Naturwunder dauert bis zu zwei Stunden.
Bis zum nächsten Wochenende, herzlichst Ihr Karl Günther Barth