Hamburg. Jetzt jeden Sonnabend im Abendblatt: Anekdoten aus der Gesellschaft – und alles über die wichtigsten Köpfe der Stadt.

Wenn abends noch 27 Grad draußen sind, kann man sich um die Kleiderordnung der Gäste schon mal Gedanken machen – weniger um die der Damen, denn sie kamen zum Vorstandsempfang der Evangelischen Stiftung Alsterdorf auf dem Alsterdorfer Markt überwiegend in leichten, ärmellosen Kleidern. Besonders schick: Bischöfin Kirsten Fehrs im Blumen-Outfit, Stefanie Stoltzenberg (Strasburger Kreise) und Christiane Görres (Common Purpose).

Doch die Männer schwitzten sichtlich in ihren Anzügen. So besann sich der Vorstandsvorsitzende der Stiftung, Prof. Hanns-Stephan Haas, in seiner launigen Rede gleich zu Beginn auf seine ehemalige Tätigkeit als Seelsorger und gab die Parole aus: „Ablegen ist ab sofort erlaubt“, riss sich den Schlips vom Hals, zog sein Jackett aus und eine Weste an. Für manche Hanseaten offenbar undenkbar, sie blieben formell gekleidet, doch etliche Männer folgten dem Beispiel, manche standen dann da im kurzarmigen Bürohemd, ein „absolutes No-Go unter Hanseaten“, wie ein Gast pikiert kommentierte. Einer kam gleich in giftgrünen Shorts, trug dazu allerdings ein langes Hemd und blaues Leinenjackett -- den ganzen Abend und absolut stylisch.

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Die Stimmung in der Hanse Lounge musste gut sein, denn hier trafen sich die rund 300 Mitglieder vom Club der Optimisten. Jeder von ihnen hatte natürlich mit dem sonnigen Wetter gerechnet. Geehrt wurde der weltweit dienstälteste Ballettdirektor John Neumeier als Optimist des Jahres. „Er zieht kontinuierlich mit so viel Herz viele in seinen Bann. Diese Power! Er hat etwas aufgebaut, was heute sehr selten ist, ist einer der wenigen deutschen Weltstars“, begründet Klaus Utermöhle,Präsident des Club, die Wahl Neumeiers.

Der Preisträger selbst wunderte sich zunächst über die Auszeichnung, gab dann jedoch zu: „Wer als Kind drei Berufswünsche hat: Priester, Maler oder Tänzer – doch, der muss schon optimistisch sein.“ Kreativität sei für ihn die reinste Form von Optimismus, und wenn er einmal neue Inspiration brauche, dann gehe er zu seinen Ballettschülern. Keiner von ihnen wisse, ob und wo sie in der Zukunft arbeiten werden. „Dann stehe ich inmitten von 190 Optimisten, das gibt mir viel Kraft.“

Neumeiers Freund und Golfpartner Ian Karan erzählte, wie er einmal bei einer Aufführung Neumeiers in Tokio dabei war: „Die eigentlich so zurückhaltenden Japaner zeigten sich so bewegt, es gab Beifall wie ein Orkan! Ich bewundere seine Kunst, das Schwere leicht aussehen zu lassen.“ Karan hatte in seiner Begeisterung die ganze Ballettkompanie nach der Vorführung zum Dinner eingeladen. „Wer einmal in Japan essen war, der weiß, wie teuer das ist. Die Haspa-Kleinkreditabteilung lässt grüßen!“

Natürlich lacht Karan als Mitglied der Optimisten heute über diesen Abend und stieß auf die „Ikone“ an. Die Gläser aller Anwesenden waren grundsätzlich halb voll. Nur der sehr gut erzogene Hund von Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Bernd Buchholz trank aus einem Napf.

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Wer „24“ geguckt hat, eine der ersten dieser süchtig machenden Serien der „neuen“ Generation, der wird in dem Hollywood-Schauspieler Kiefer Sutherland für immer und ewig Jack Bauer sehen. Den Superagenten, der Atombomben entschärft und staffelweise die Welt rettet. Da kann er noch so nett einen US-Präsidenten in „Designated Survivor“ geben oder live auf der Bühne singen. Genau das tut er am kommenden Wochenende in Hamburg – schon jetzt tummelte er sich darum in der Stadt. Gab Interviews (auch dem Abendblatt), hatte einen Auftritt bei Markus Lanz. Und trank seinen Morgenkaffee bei Starbucks am Rödingsmarkt auf der Terrasse, mit Zigarette. Wenn man ihn wissend anlächelte, lächelte er zurück. Jack Bauer in Hamburg. In diesen Tagen war die Stadt sicherer.

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Willi
Lemke ist
traurig über den
Abstieg des
Hamburger
SV
Willi Lemke ist traurig über den Abstieg des Hamburger SV © PublicAd | Stefan Hoyer

Für viele Hamburger ist Willi Lemke Werder Bremen in Reinform: Er prägte als Manager des SVW die goldene Ära des Vereins mit einem Europapokal, zwei Meistertiteln und drei Pokalsiegen. Bei den „Hamburger Spitzen“, einer kleinen wie illustren Runde von Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Kultur, verriet er am Montag im Sofitel Überraschendes: Lemke bedauert nicht nur den Abstieg des HSV, weil damit dem SV Werder ein Derby und ein Topspiel mit Zuschlag entgehen, sondern weil der HSV seine alte Liebe ist. Als Junge wuchs Lemke in Hamburg auf und bewunderte Uwe Seeler. Seit 1971 lebt der heute 71-Jährige in Bremen. Zur alten Rivalität der beiden Hansestädte flachste der langjährige SPD-Politiker: „Euer neuer Bürgermeister kommt aus Bremen – deshalb viel Glück.“

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Im Hauptberuf ist Daniel Günther Ministerpräsident von Schleswig-Holstein. Nebenbei ist er auf dem besten Weg, einer der beliebtesten Gastredner in Hamburg zu werden. Günther ist unter anderem bei der Vereinigung der Unternehmensverbände in Hamburg und Schleswig-Holstein, beim Wirtschaftsrat und bei der Notarkammer aufgetreten und hat dort jeweils viel Zustimmung und noch mehr Applaus erhalten. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Torsten Albig (SPD) spricht Günther weniger lang(atmig), dafür aber fast immer frei (Lieb­lingsgag: „Ich habe mein Redemanuskript in Kiel vergessen …“). Von der Rhetorik und der Popularität des Parteifreundes will jetzt auch die Hamburger CDU profitieren: Fraktionschef André Trepoll hat Günther als Redner zum Sommerempfang am 22. Juni ins Hamburger Rathaus eingeladen. Motto: Frischer Wind für den Norden …

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100 Damen und wenige Herren warteten im Fairmont Hotel Vier Jahreszeiten auf Christian Lindner. Der Club europäischer Unternehmerinnen e. V. (CeU) hatte den FDP-Bundesvorsitzenden zum Lunch-Talk gebeten, die Vorsitzende Kristina Tröger ging mit der Verspätung souverän um und scherzte: „Ich dachte, er käme als Vizekanzler.“ Als der Gast endlich eintraf, fing er die Anwesenden mit einem neuen Wort ein: „Sie hatten schon befürchtet, Sie würden gelindnert, oder? Lindnern bedeutet, eine Gruppenaktivität in letzter Sekunde abzusagen.“ Unterhaltsam ging sein Vortrag weiter: Um den Fachkräftemangel hierzulande zu beheben, müsste jede Deutsche im gebärfähigen Alter sieben Kinder bekommen. „Das schafft nur Ursula von der Leyen.“

Lindner warb dafür, Leadership zu beweisen, „ein stehendes Ziel abzugeben“, wenn es die eigene Überzeugung erfordere. Zu Hamburg fiel dem Politiker das Stichwort Unvernunft ein: „Tagtäglich pumpen im Hafen Kreuzfahrtschiffe und Tanker tonnenweise Schweröl in die Luft, gleichzeitig wird ein Fahrverbot für Diesel ausgesprochen? Da kann man sich nur wundern.“Alexandra von Rehlingenhatte sich auf den Redner gut vorbereitet und hielt ihm eine ihrer Ansicht nach missglückte Plakataktion vor die Nase: „Ich würde Sie nicht noch einmal wählen!“ Doch nach der Diskussion bescheinigte die PR-Expertin Lindner, ein guter Zuhörer zu sein, den es zu unterstützen gelte.Dr. Anne Fleck, bekannt von den „Ernährungs-Docs“ im NDR, gab einen Ratschlag, den am Ende alle gerne beherzigten: „Raus in die Sonne. Jetzt ist die Zeit, unsere Vitamin-D-Speicher wieder aufzufüllen.“

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Hanns-Stephan
Haas
und Bischöfin
Kirsten Fehrs in
Alsterdorf
Hanns-Stephan Haas und Bischöfin Kirsten Fehrs in Alsterdorf © HA | Sophie Laufer

Politiker lieben rote Bänder, die sie mit übergroßen Scheren durchschneiden. Das gibt hübsche Bilder, die bis ins letzte Wohnzimmer die Geschichte von tatkräftigen Machern erzählen. In dieser Woche hat ein Senator auch eine Art rotes Band für seine PR angewendet – allerdings hat er es nicht durchgeschnitten, sondern neu aufgespannt. Umweltsenator Jens Kerstan gibt schon seit Wochen den Vorreiter im Kampf gegen den mutmaßlich bösen Diesel. Zur Einweihung der Durchfahrtsbeschränkungen in Altona hat die Senatspressestelle dieser Tage eine ungewöhnliche Einladung verschickt. Nach der Pressekonferenz im Rathaus lud der Senator die Journalisten zum Straßenkampf: „Ein Sammel-O-Ton mit dem Senator ist im Anschluss an die Pressekonferenz neben dem Rathaus an der Max-Brauer-Allee möglich, auch auf Englisch.“ Wow, mit diesen Bildern wird Kerstan zur internationalen Berühmtheit.

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Hamburgs ehemaliger Bürgermeister Olaf Scholz hat in einem Interview auf die Frage, wie er Geld anlegt, wie immer kurz und trocken geantwortet: „Damit beschäftige ich mich kaum, es liegt einfach auf dem Sparbuch – trotz der niedrigen Zinsen.“ Das ist eine interessante, aber nicht unsympathische Äußerung für einen Bundesfinanzminister und Vizekanzler. In Hamburg weiß man, dass sich Scholz natürlich selbst um sein Geld kümmert. Und dabei einen besonderen Service genoss: Der damalige Bürgermeister dürfte der Einzige bei seiner Hausbank unweit des Rathauses gewesen sein, der zum Geldabheben eigene Sicherheitsbeamte mitbrachte.

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Ballettdirektor
John
Neumeier (r.),
Clubpräsident
Klaus Utermöhle
Ballettdirektor John Neumeier (r.), Clubpräsident Klaus Utermöhle © Dirk Masbaum

Olaf Scholz’ Nachfolger haben wir einen der besten Sprüche der Woche zu verdanken - zumindest indirekt. Bürgermeister Peter Tschentscher erzählte auf der Festveranstaltung „150 Jahre Maritime Dienste in Deutschland“ im Maritimen Museum in der HafenCity: „Wissen Sie, was ein Oppositionspolitiker zu mir gesagt hat? Er hat gesagt: Seit Sie Bürgermeister sind, ist das Wetter in Hamburg so gut wie noch nie – und der HSV hat drei von vier Spielen gewonnen.“ Festredner war übrigens Enak Ferlemann, Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium. Er bekannte, dass er auch zum zeitgleich zur Jubiläumsfeier eingeführten Dieselfahrverbot in Altona etwas sagen könnte: „Darüber könnte ich stundenlang sprechen.“ Ferlemann hält das Fahrverbot nämlich für unnötig.

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