Hamburg. Buback betreut auch Deichkind und die Goldenen Zitronen. Ein Gespräch mit dem Geschäftsführer über Musik und Management.

Vor 30 Jahren gründeten Ted Gaier und Ale Dumbsky von der Band Die Goldenen Zitronen die Plattenfirma Buback. Die Hamburger Musiker wollten eine unabhängige Plattform schaffen, um die Musik befreundeter Bands zu veröffentlichen. 1995 kam der heutige Geschäftsführer Thorsten Seif (48) zu Buback und baute als weiteres Standbein eine Konzertagentur auf. Zu den Künstlern, die von Buback vertreten werden, gehören Jan Delay und Beginner, Deichkind, Tocotronic, Blumfeld, Die Goldenen Zi­tronen, Samy Deluxe, Schnipo Schranke und viele andere. Im Interview erzählt Seif, wie ein unabhängiges Label überleben kann.

Herr Seif, wie würden Sie die Philosophie von Buback Tonträger heute auf den Punkt bringen?

Thorsten Seif: Letztendlich sind wir eine Firma, die dazu beigetragen hat, in den vergangenen 30 Jahren spannende Musik nach außen zu tragen. Wir haben immer versucht, eine etwas sperrige Variante von Popmusik zu vermarkten. Das tun wir bis heute und versuchen zu unterscheiden zwischen Fließbandmusik und interessanterer Musik, die eine höhere Halbwertzeit hat und einen dadurch mehr aufwühlt.

Ist das Live-Geschäft inzwischen wichtiger geworden als das Label?

Das Label steht in einem alternativen, subkulturellen Kontext. Den versuchen wir bis heute fortzuführen, wie wir das aktuell mit Zugezogen Maskulin oder mit Schnipo Schranke machen. Strukturell ist das Geschäft durch Streaming schwieriger und schneller geworden. Songs sind so angelegt, dass sie schnell zum Punkt kommen und nicht wehtun. Wir tun uns schwer damit, Musik dieser Art unter Vertrag zu nehmen, weil wir einen anderen Anspruch haben.

Die Beginner sind doch nicht sperrig?

Mit den Beginnern haben wir eine lange Historie. Wir haben sie 1992 unter Vertrag genommen und 1996 mit „Flashnizm“ deren erste Langspielplatte veröffentlicht. Bei der nächsten Platte „Bambule“ hat die Band gesagt, sie hätte Lust, ein größeres Rad zu drehen, aber gemeinsam mit Buback. Daraufhin sind wir eine Kooperation mit Universal Music eingegangen. Die erste Jan-Delay-Platte „Searching For The Young Soul Rebels“ war komplett bei uns, bei der nächsten hingen wir noch mit drin, aber peu à peu haben wir uns mit Jan geeinigt, dass wir die Live-Agentur bleiben, er aber als Label Universal wählt.

Inzwischen haben auch die großen Plattenfirmen ihre eigenen Live-Agenturen. Warum ist Jan Delay bei Buback geblieben?

Es gibt eine lange Verbundenheit. Und einen Künstler wie Jan Delay verbindet eine ähnliche Haltung mit uns. Jan ist ein sehr treuer Mensch. Solange alles funktioniert, gibt es keinen Grund für ihn zu wechseln.

Wie behauptet sich Buback zwischen den großen Plattenmultis?

Es geht nur, indem man nicht nur ein Label ist, denn wir veröffentlichen „Special interest“-Musik. Streamingzahlen sind schlecht, der physische Tonträger – außer Vinyl – wird aussterben, und wir überlegen gerade, wie wir mit den Herausforderungen umgehen müssen. Buback funktioniert nur als Mischung aus Label, Konzertagentur, Veranstalter, Verlag und Management.

Wie geht Buback auf Nachwuchssuche? Bekommen Sie viele Demoaufnahmen?

Das Irre ist, dass wir noch nie jemanden nach dem Hören von Demos unter Vertrag genommen haben. Ich weiß nicht warum, wir hören uns das immer alles an. Wir stoßen meistens über befreundete Managements, Musiker oder Verlage auf interessante Künstler, auf Empfehlung sozusagen. Schnipo Schranke hat mich einfach im Golem angesprochen und zum Rouladenessen eingeladen, um mal ein paar Songs vorzustellen. Also hab ich Rouladen gegessen und dabei den Song „Pisse“ gehört.

Ist es noch so, dass Managements über die Köpfe ihrer Künstler hinweg entscheiden?

Da hat sich vieles verändert. In den 90er-Jahren waren die Verträge noch sehr künstlerunfreundlich, sittenwidrig. Aber durch den Boom von deutschem Pop in den 90ern und der Independent-Labels haben die Bands, in Hamburg Tomte oder Kettcar zum Beispiel, einfach ihre eigene Plattenfirma gegründet. Die Großen im Geschäft mussten sich dem anpassen und künstlerfreundlicher werden. Authentischen Künstlern wie Jan Delay musst du als Label nicht mehr reinreden.

Wie viele Mitarbeiter hat Buback?

Zehn. Und wir bilden auch aus.

Sie sind wahrscheinlich auf anderen Wegen zu Buback gestoßen?

Ich komme ursprünglich aus Ulm, wo ich wie viele orientierungslose Jugend­liche in den 80ern Punk kennengelernt habe. Ich konnte mir nicht vorstellen, einen gewöhnlichen Beruf zu haben, habe eine Siebdruckerlehre angefangen, war beim Paketdienst, holte die mittlere Reife nach und habe parallel begonnen, Konzerte zu veranstalten, zum Beispiel Naked Navy, die Zweitband von Ale Dumbsky. Ted Gaier kommt übrigens auch aus Ulm. Und irgendwann hatte Ale mich angerufen und sagte, wenn ich vorhätte nach Hamburg zu kommen, hätte er zumindest einen Schreibtisch frei. Man könnte ja mal gucken, was man zusammen so hinkriegt. Dann kam schon „Flashnizm“. So blieb ich hängen.

Nach dem ersten großen Aufstieg ging es nach 2003 aber kommerziell steil bergab mit deutschem Hip-Hop.

Ja, und 2004 waren auch wir finanziell richtig in der Bredouille. Deswegen zog Ale sich zurück, und Daniel Richter, damals als Maler schon erfolgreich, wurde alleiniger Inhaber.

Welchen Einfluss hat Daniel Richter auf Bubacks Tagesgeschäft?

Überhaupt keinen. Das hat ihn nicht im Geringsten interessiert und interessiert ihn bis heute nicht. Sein Steuerberater kriegt den Abschluss per Post zugeschickt, das war’s. Aber wenn wir mal ein künstlerisches Urteil, ein Platten­cover oder eine Plakatidee brauchen, ist er immer für uns da.