Hamburg/Malmö. Auch die Region Malmö soll mit dem Wirtschaftsraum Hamburg zusammenwachsen. Fehmarnbeltquerung auf der Agenda.
„Thanks to Peter from Hamburg“ – der Dank fiel skandinavisch informell und freundlich aus. Gerade hatte Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) seine erste Rede auf seiner ersten Auslandsreise gehalten. In seinem Grußwort zur Eröffnung der Fehmarnbelt-Tage in der südschwedischen Stadt Malmö (340.000 Einwohner) hob Tschentscher am Montag die „außerordentliche Bedeutung“ des geplanten Fehmarnbelt-Tunnels für „die ganze nördliche Region“ hervor. „Die Beltquerung ist ein Projekt von europäischem Maßstab“, sagte Tschentscher.
Vor zwei Jahren hatte Hamburg die Fehmarnbelt-Tage ausgerichtet, jetzt übergab Tschentscher das Staffelholz symbolisch an die Malmöer Bürgermeisterin Katrin Stjernfeldt Jammeh. Der Bürgermeister schwärmte schon einmal davon, dass die Fahrtdauer zwischen Hamburg und Kopenhagen nur noch zweieinhalb Stunden betragen werde, „ohne ein Flugzeug zu besteigen“, wenn das Projekt realisiert sei. Doch schon jetzt hat sich der Zeitplan verschoben. Gerade erst hat der schleswig-holsteinische Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP), der auch in Malmö war, den Planfeststellungsbeschluss für die Hinterlandanbindung erlassen.
Projekt verzögert sich
Vor 2028 – ursprünglich war 2021 geplant – ist nicht mit einer Fertigstellung des Tunnels zu rechnen, der Dänemark rund sieben Milliarden Euro kosten wird. Auf deutscher Seite wird mit Kosten in Höhe von zweieinhalb Milliarden Euro gerechnet. Rund 800 Teilnehmer aus Norddeutschland, Dänemark und Schweden haben sich für die zweitägige Konferenz angemeldet. „Das Interesse an Hamburg und der Metropolregion ist hier sehr groß“, sagte Außenstaatsrätin Annette Tabbara, die Tschentscher auf der Reise begleitet.
Es war ein warmer und für skandinavische Verhältnisse nicht eben typischer Wind, der Tschentscher vor dem Tagungshotel im Zentrum Malmös empfing, als die Delegation aufbrach, um an dem sonnigen Tag die „HafenCity“ Malmös zu erkunden. Auf dem ehemaligen Werft- und Hafengebiet Västra Hamnen leben heute bereits 6000 Menschen – 2035 sollen es 20.000 sein. Die Hälfte der Wohnungen und kleinen Häuser ist Eigentum, die andere ist vermietet. Der Blick wird sofort auf das Wahrzeichen Malmös gelenkt, den 190 Meter hohen „Turning Torso“, der 2005 fertiggestellt wurde. „Der Turm ist das höchste Gebäude Schwedens“, sagte Bürgermeisterin Stjernfeldt Jammeh mit gewissem Stolz in der Stimme.
Innovative Badestelle
Das Wohnen direkt am Wasser hat hier noch eine andere Dimension als in der Hamburger HafenCity: Es waren die Bewohner von Västra Hamnen, die darauf drängten, direkt am Öresund mit Blick auf die weit ausladende Brücke, die Dänemark und Schweden seit einigen Jahren verbindet, eine Badestelle zu errichten. So einigten sich Planer und Bewohner auf den Bau einer Terrasse zum Wasser und kleinen Pontons als eine Art Sprungbrett. „Uns ist wichtig, das Quartier mit den Bewohnern zu entwickeln“, sagte Bürgermeisterin Stjernfeldt Jammeh. Das Quartier ist weitgehend autofrei und die Energieerzeugung regenerativ.
Stadtteil Rosengard in ganz Schweden berüchtigt
Nur wenig Zeit blieb für ein soziales Kontrastprogramm: Der Stadtteil Rosengard – Geschosswohnungsbau aus den 50er- und 60er-Jahren – ist in ganz Schweden berüchtigt. „Wann immer hier eine Schießerei stattfindet, kommt das in den landesweiten Nachrichten“, sagte Stjernfeldt Jammeh. Dass Kriminalität insgesamt ein Thema in der südschwedischen Stadt ist, wissen auch die Besucher der Altstadt. Dort ist es in den Restaurants nicht möglich, mit Bargeld zu bezahlen. „Es ist zu viel Falschgeld im Umlauf“, sagte die freundliche Kellnerin. Die Arbeitslosigkeit in Rosengard ist überproportional hoch. Viele der Flüchtlinge, die 2015 nach Schweden kamen und in Malmö blieben, leben heute hier. Die Stadt geht neue Wege: Die rund 1600 Wohnungen, ursprünglich in städtischem Besitz, sind teilprivatisiert.
Augenmerk auf Bildung
Erste Erfolge sind sichtbar: Die Häuser sind modernisiert, und ein Hauptaugenmerk der Planer richtet sich darauf, eine urbane, für die Bewohner attraktive Infrastruktur zu schaffen. Ende des Jahres erhält Rosengard eine eigene Metro-Bahn-Station. Bildung und Spracherwerb sind ein weiteres wichtiges Thema in einem Stadtteil, in dem sehr viele Menschen nicht oder kaum Schwedisch sprechen. Die offene Vorschule Hera, über die sich Tschentscher und die Delegation vor Ort informierten, besuchen 75 Kinder im Alter bis zu sechs Jahren. „Macht Malmö stolz auf Rosengard“, lautet das selbstbewusste Motto der Wohnungsbaugesellschaft.
Tschentscher nutzte seinen Aufenthalt zu einem Meinungsaustausch mit dem Kopenhagener Bürgermeister Frank Jensen und der Malmöer Amtskollegin. Dabei ging es in erster Linie um Themen der Infrastruktur, wobei einmal mehr deutlich wurde, dass Planungsprozesse in Deutschland wesentlich länger dauern als besonders in Dänemark – Stichwort Elbvertiefung.
Kooperation der Regionen
Am Abend unterzeichnete Tschentscher zusammen mit Heino Knudsen, dem Vorsitzenden der Region Sjælland in Dänemark, ein Kooperationsabkommen zwischen den Metropolregionen Hamburg sowie Großkopenhagen und Schonen (Region Malmö). Ziel ist ein Zusammenwachsen der beiden Wirtschaftsräume mit 5,3 Millionen (Hamburg) und vier Millionen Einwohnern. „Eine feste Fehmarnbelt-Querung und eine gute Kooperation zwischen Norddeutschland und Skandinavien stärkt unsere Regionen“, sagte Tschentscher.
Am späten Abend wollten der Bürgermeister und die Delegation nach Hamburg zurückreisen.