Hamburg. Die neue Fluglinie Yourways nimmt nächsten Freitag ihren Betrieb in Fuhlsbüttel auf. Maximal neun Passagiere finden in der Cessna Platz.

An Benjamin Götze zieht ein Stück Vergangenheit vorbei. Der 41-Jährige sitzt auf dem Hamburger Flughafen in einem seiner neuen Flugzeuge, als ein Jet im Air-Berlin-Design zum Start rollt. Der gebürtige Hamburger ist überrascht, die Farben seines früheren Arbeitgebers noch einmal zu sehen. Offenbar hat sich der neue Besitzer bisher die Umlackierung gespart. „Das war schon eine schöne Zeit“, sagt Götze rückblickend.

Bei Deutschlands einst zweitgrößten und mittlerweile insolventen Airline war er zuletzt Chief Pilot, kümmerte sich vorrangig um Personalplanung und Dokumentation. Die längsten Linienflüge führten ihn am Steuer eines Airbus A320 oder einer Boeing 737 auf die Kanaren. Das ist vorbei. Seine neuen Ziele heißen Juist, Norderney und Sylt. Zusammen mit seinem langjährigen Air-Berlin-Kollegen Tim Haferl gründete er Yourways – die norddeutsche Inselairline. Nun ist er Chef einer Fluglinie statt angestellter Pilot.

Zweimal täglich von Hamburg nach Sylt

Am nächsten Freitag geht es von Fuhlsbüttel aus los. Das Unternehmen mit Sitz in Langen bei Bremerhaven – Haferls Heimat – will donnerstags bis montags zweimal täglich die Hansestadt mit Sylt verbinden. Die Flüge sind auf der Homepage www.yourways.de und in einigen Reisebüros buchbar. Tickets für eine einfache Strecke gibt es ab 179 Euro.

„Eine Strecke warmfliegen kostet Geld. Ich gehe aber davon aus, dass wir die Preise senken können“, sagt Götze. Wettbewerber Sylt Air gibt als Basispreis für die einfache Strecke 250 Euro an – ausschließlich als Konkurrent wird der andere Anbieter nicht eingestuft. Man wolle Werbung schalten und den Markt insgesamt vergrößern, sagt Götze: „Ich glaube, dass auch Sylt Air profitieren wird.“ Sylt Air äußerte sich auf Anfrage derweil nicht zu der Strecke.

Yourways spekuliert auf Touristen aus dem Ausland

Aber wie kamen die beiden Airline-Gründer überhaupt auf die Idee, Inseln wie Sylt anzufliegen? „Die Deutschen besinnen sich wieder auf die Seebäder“, sagt Götze. Das liege zum Beispiel daran, dass ausländische Märkte wie die Türkei wegbrächen. Zusammen mit seiner Frau und den beiden kleinen Kindern zog er vor zwei Jahren aus Alsterdorf in die Nähe von St. Peter-Ording. Dort führen viele Autos mit ausländischen Kennzeichen zum Beispiel aus der Schweiz herum – auf solche Kunden spekuliert Yourways.

Erster Abflug des Tages am Geschäftsfliegerzentrum ist um 10 Uhr. „Das ist für uns ideal, weil wir Umsteiger haben wollen.“ Die erste große Welle an Maschinen aus Europa ist dann am Helmut-Schmidt-Flughafen gelandet. Ein Auto holt Passagiere am Terminal ab und bringt sie zum Geschäftsfliegerzentrum, an dem sie 20 Minuten vor dem Abflug sein müssen.

Auch der Flughafen sieht Bedarf an der Sylt-Verbindung

Götze sieht aber nicht nur in Umsteigern, sondern auch in der Hansestadt selbst viel Potenzial. „Es gibt in Hamburg viele Leute, die Geld haben, und auf Sylt ein Haus besitzen. Das Klientel ist da“, sagt Götze. Die Bahn-Verbindung ist ab 20 Euro zu haben, dauert mit gut drei Stunden Fahrzeit aber auch recht lange. Die reine Flugzeit für die gut 170 Kilometer Distanz liegt bei knapp 50 Minuten, mit Rollzeiten wird die Verbindung mit einer Stunde angegeben. Zum zweiten Mal hebt die Maschine um 16.20 Uhr in Fuhlsbüttel ab. Nach jeweils 20 Minuten Standzeit in Westerland wird zurückgeflogen.

Der Flughafen sieht Bedarf an der Verbindung. „Sylt ist eine beliebte Urlaubsdestination der Hamburger und Norddeutschen, daher ist auch die Nachfrage nach Flugverbindungen dorthin entsprechend hoch“, sagt Aviation-Marketing-Leiter Jörgen Kearsley. „Besonders der Zeitvorteil macht das Fliegen auf die Nordseeinsel attraktiv.“ Man sei schneller und bequemer am Ziel als mit Auto und Bahn.

Maximal neun Passagiere dürfen an Bord – vorerst

Yourways fliegt mit einer Cessna Grand Caravan Ex. Die rund zwei Millionen Dollar teure Maschine sei fertig lackiert und werde in den nächsten Tagen überführt, sagt Götze. Sie fasst bis zu 14 Passagiere, gen Westerland werden aus regulatorischen Gründen zunächst aber maximal neun Passagiere an Bord Platz finden. Ein Pilot reicht, um das einmotorige Flugzeug zu fliegen. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei etwa 360 Kilometer pro Stunde. Ein Catering findet nicht statt. Im Innenraum gibt es Leseleuchte, USB-Schnittstellen und Kopfhörer-Buchse.

„Wir überlegen, vor dem Start Kopfhörer auszugeben. Die Strecke ist landschaftlich sehr schön, und der Pilot könnte den Passagieren etwas darüber erzählen“, sagt Götze. Mit der Buchungslage sei man zufrieden, Zahlen nennt er aber nicht. „Wenn der Flieger halb voll ist, sind wir glücklich“, sagt Götze. Dann fliege man kostendeckend – das habe man als Gesamtfirma bereits erreicht.

Yourways fliegt bereits andere Inseln an

2015 führten Götze und Haferl erste Gespräche für ein gemeinsames Unternehmen. Vor 1,5 Jahren reichten sie das gut 600 DIN-A5-Seiten dicke Betreiberzeugnis ein. Vor zwölf Monaten gab es die Betriebsgenehmigung für Yourways. Zwei Sparten gehören zum Start-up, das unter dem Namen Private­ways mit Geschäftsreisen anfing. Mit einem Hondajet für fünf Passagiere und einem Raytheon Premier 1A für sechs Gäste werden Manager und Stars durch Europa geflogen – DJs wie Paul van Dyk und Robin Schulz hätten schon dazu gehört. „Das Geschäft läuft gut“, sagt Götze. Mit den Einnahmen wird das Segment Inselfliegerei querfinanziert.

Von Wilhelmshaven aus geht es bisher nach Norderney, Juist, St. Peter-Ording und Sylt. Zum Einsatz kommt eine einmotorige Quest Kodiak 100, vor der Götze beim Abendblatt-Termin posiert. In der Turboprob-Maschine können acht Fluggäste sitzen. Am 1. Juni kommt nun die Verbindung Hamburg-Sylt hinzu, mit der neuen Cessna. Genau einen Monat später wird eine regelmäßige Verbindung von Bremen nach Sylt starten. Yourways hat weitere Pläne.

Wunschziele? Helgoland – und mehr

„Wir würden gerne nach Helgoland fliegen – auch von Hamburg aus“, sagt Götze. Die Maschinen in der Flotte hätten ideale Kurzstart- und -landeeigenschaften für die rund 480 Meter kurze Bahn. Derzeit befinde man sich im Genehmigungsprozess. Die einzige deutsche Hochseeinsel habe wegen der Windkraft-Offshore-Technik Bedarf für so eine Verbindung. Auch von Wilhelmshaven oder Cuxhaven aus sei Helgoland attraktiv. Mittelfristig sollen weitere Strecken für die Firma, die 30 fest angestellte Mitarbeiter hat, hinzukommen.

Noch in diesem Jahr soll eine neue Maschine zu der Flotte stoßen. Die Flugzeuge sind geleast, teilweise gehören sie Gesellschaftern von Yourways. Nach neuen Investoren werde geschaut, um für weiteres Wachstum gewappnet zu sein. Götze: „Perspektivisch würden wir gern in die Regionalfliegerei – davon träumen wir.“