Hamburg. Für die IBA-Chefin stellt der nun gekürte Siegerentwurf nicht die Gebäude, sondern die Menschen in den Mittelpunkt. FDP übt Kritik.

Die blau-grünen Adern schlängeln sich durch den neuen Stadtteil, an der S-Bahnstation Allermöhe schließt sich eine gläserne Markthalle an, Schulen und Kitas sind entlang eines "Grünen Loops" angeordnet und können auch ohne Auto problemlos erreicht werden und es gibt 7000 Wohnungen sowie 5000 wohnverträgliche Arbeitsplätze: Hamburgs neuer Stadtteil Oberbillwerder, der europaweit Maßstäbe für die Stadtentwicklung setzen soll, nimmt Formen an. Mit 18:2 Stimmen hat das Beratungsgremium nun den Siegerentwurf für Oberbillwerder – Hamburgs 105. Stadtteil – ausgewählt: das dänisch-niederländisch-deutsche Planungsteam ADEPT Aps mit Karres + Brands und Transsolar Energietechnik. Das teilte die Stadtentwicklungsbehörde die IBA Hamburg GmbH am Freitag mit.

„Der Entwurf ‘The Connected City’ fügt sich optimal in die bestehende Landschaftsstruktur ein und schafft neue Verbindungen in die benachbarten Stadtteile“, heißt es in der aktuellen Mitteilung. Zudem wird Oberbillwerder als Modellstadtteil „Active City“ entwickelt und soll entscheidend durch die Themen Gesundheit, Ernährung und Sport geprägt werden.

Stapelfeldt: „Stadtteil mit bezahlbaren Wohnungen mitten im Grünen“

„Das Besondere an dem Entscheidungsprozess war die aktive Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger, die sich mit Anregungen, Ideen und Kritik eingebracht haben“, sagte die Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD). „Oberbillwerder soll ein attraktiver Stadtteil für alle werden, mit bezahlbaren Wohnungen mitten im Grünen und gut angebunden. Wir wollen einen Stadtteil schaffen, der uns zeigt, wie das Hamburg der Zukunft aussehen soll.“

Entwickelt wird der neue Stadtteil von der IBA Hamburg in enger Abstimmung mit der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen und dem Bezirk Bergedorf. Ziel ist, ein Quartier für unterschiedliche, nach Herkunft, Einkommen, Alter und Lebenslage gut gemischte Bevölkerungsgruppen zu schaffen, mit Bauprojekten von privaten und städtischen Bauträgern, Genossenschaften und Baugemeinschaften.

Neue Kleingartenanlagen und naturnahe Spielplätze am Stadtrand

Das Planerteam schlägt direkt an der S-Bahn-Station Allermöhe eine gläserne Markthalle vor, an die sich das Bahnquartier mit einem kommerziellen Zentrum anschließt, vor. Hier finden die Bewohner Einkaufsmöglichkeiten, Gastronomieangebote und ein Schwimmbad.

Während die Baudichte an der S-Bahnstation deutlich höher ist, nimmt sie zum landschaftlich geprägten Stadtrand deutlich ab, teilte die Behörde mit. Am Stadtrand sollen neue Kleingartenanlagen, Townhouses und naturnahe Spielplätze entstehen. Zudem ist im Osten ein Aktivitätspark als zentrale öffentliche Sportanlage geplant, im Westen ein Blauer Sportpark, der bei Starkregenereignissen geflutet werden kann.

Planer schlagen zahlreiche Brücken über neue Entwässerungsgräben vor

Um den Verkehr zu minimieren, sind an mehreren Stellen Mobilitätsstationen und "City Hubs" zur Anlieferung von Waren oder Paketen vorgesehen. Wer mit dem Rad fahren möchte, kann auf die neue Bike-&-Ride-Station am S-Bahnhof Allermöhe zurückgreifen. „Der Kfz-Verkehr wird über eine Haupt-Ringstraße geführt und über drei Anbindungen an das vorhandene Straßennetz angeschlossen“, heißt es weiter. Die Planer schlagen zudem zahlreiche Brücken und Wegeverbindungen über die neuen Entwässerungsgräben vor.

„Der jetzt ausgewählte Entwurf bietet eine exzellente planerische Grundlage“, sagte Franz-Josef Höing, Oberbaudirektor in Hamburg. Das Konzept gehe sehr präzise auf die sensible Kulturlandschaft ein und entwickele daraus einen sehr spezifischen Beitrag für den Ort. „Er hat ein gutes Gespür für den richtigen Maßstab, schafft ein vielfältiges Angebot unterschiedlichster Wohn- und Arbeitsmöglichkeiten und macht mit den ersten Vorschlägen zu möglichen Architekturvorstellungen große Lust“, sagte Höing.

FDP kritisiert Anzahl der Stellplätze – Stellplatzmangel vorprogrammiert

Karen Pein, Geschäftsführerin IBA Hamburg GmbH, betonte, dass der Entwurf nicht die Gebäude, sondern die Menschen und das Lebensgefühl in den Mittelpunkt stelle. „Gesundheit, Ernährung, Sport sind die Leitlinien für Hamburgs 105. Stadtteil, für den uns nun ein vielseitiges Grundkonzept vorliegt, welches zugleich dynamisch auf zukünftige Entwicklungstendenzen im Städtebau reagieren kann“, sagte sie.

Die FDP wies daraufhin, dass der neue Stadtteil Oberbillwerder nicht zu einer "Insel" in Bergedorf werden dürfe. "Vor diesem Hintergrund ist der Siegerentwurf aus unserer Sicht die richtige Wahl, da auf die Besonderheiten der Fläche eingegangen wurde", sagte der FDP-Stadtentwicklungsexperte Jens P. Meyer. "Nun müssen die Ideen und Konzepte für die Verbindung der einzelnen Gebiete auch umgesetzt werden, damit aus den Anwohnern wirklich Nachbarn werden." Auch die Interessen der noch ansässigen Landwirte müssten noch geklärt und ausgeglichen werden. Äußerst kritisch sieht Meyer die Anzahl der Stellplätze – die eingeplanten 0,5 Stellplätze pro Wohneinheit seien nicht ausreichend. "Damit ist ein Stellplatzmangel bereits vorprogrammiert“, sagte der FDP-Politiker.

Aus dem Siegerentwurf wird bis Ende 2018 der Masterplan Oberbillwerder entwickelt. Für die weitere Realisierung von Oberbillwerder hat der Senat bereits im Januar 2018 eine eigene Gesellschaft gegründet. Die IBA Projektentwicklungsgesellschaft GmbH und Co. KG (IPEG) fungiert als Tochterfirma der IBA Hamburg GmbH und übernimmt die inhaltliche, organisatorische, gestalterische und finanzielle Steuerung der städtebaulichen Entwicklung von Oberbillwerder.