Hamburg. Klimaanlage, Armlehnen, viel Platz und ein paar Überraschungen: Was Fahrgäste am Premierentag der neuen Baureihe erlebten.
Hamburg hat eine neue S-Bahn: Die ersten Züge der Baureihe 490, die jeweils aus drei Wagen bestehen, werden seit Donnerstag offiziell auf dem Streckennetz eingesetzt. Um 10.47 Uhr startete die Premierenfahrt mit Fahrgästen am Bahnhof Bergedorf in Richtung Innenstadt auf der Linie S 21: „Moin Hamburg. Ich bin der Neue“ prangte in weißer Schrift auf dem rot lackierten Fahrzeug.
Sofort ins Auge fiel das silberne H - es soll für Hamburg stehen – an der Fahrzeugfront: „Der Zug sieht modern und schnittig aus, ein echter Hingucker. Und im Inneren wirkt es großzügiger, weil die Wagen durchgängig sind“, sagte Ole Themlitz.
Der Student fährt regelmäßig zwischen Bergedorf und dem Hauptbahnhof mit der S-Bahn, und schon nach wenigen Minuten stand für ihn fest: „Dieser Zug läuft leiser und ruhiger, als die der älteren Bauart. Ich finde es gut, dass man jetzt endlich in den Genuss der neuen Fahrzeuge kommt.“
Jeder neue Zug kostet mehr als 5,5 Millionen Euro
Von Juni an sollen bereits acht der jeweils 66 Meter langen Züge – es können bis zu drei miteinander verbunden werden – zunächst auf der S 21 zwischen Aumühle und Elbgaustraße eingesetzt werden. Weitere 52 Fahrzeuge sollen von Dezember an in Hamburg und Umgebung fahren. Im nächsten Jahr kommen noch einmal zwölf Züge der Baureihe 490 dazu. Insgesamt kosten die 72 Fahrzeuge, die von Bombardier Transportation in Henningsdorf bei Berlin und in Bautzen gebaut werden, mehr als 400 Millionen Euro – jeder Zug kostet also mehr als 5,5 Millionen Euro. Das Geld dafür stellt die Stadt Hamburg zur Verfügung.
Bei sommerlichen 25 Grad fielen Lydia Spiewak sofort „die angenehmen Temperaturen im Zug auf. Ich habe gehört, das ist die erste S-Bahn mit einer Klimaanlage. Das ist vor allem im Sommer angenehm.“ Außerdem fühle sie sich sicherer, weil die Wagen durchgängig seien.
Dass alle Züge der Baureihe 490 eine Klimaanlage haben, sei ein großer Komfortgewinn für die Fahrgäste, sagte S-Bahn-Chef Kay Uwe Arnecke, der eine kurze Lautsprecherdurchsage machte und „allzeit gute Fahrt“ wünschte.
60.000 Testkilometer hat die Bahn schon hinter sich
Die Baureihe 490, jeder Zug hat Platz für rund 470 Fahrgäste, hat bereits 60.000 Testkilometer absolviert, bevor nun auch die Fahrgäste an Bord gehen durften. Der Zug sei auf Herz und Nieren getestet worden, sagte Bombardier-Projektleiterin Juliane Storm-Ohm, die die Premierenfahrt begleitete und beobachtete, wie die Reaktionen der Fahrgäste ausfielen: „Wir sind sehr zufrieden, es läuft alles reibungslos. Aber natürlich kann in den ersten Monaten mal das ein oder andere technische Problem auftreten“, sagte Ohm.
Unter den ersten Fahrgästen war auch Jeanette Kuhles aus Nettelnburg: „Es ist ein angenehmes Fahrgefühl. Ich habe den Eindruck, dass im Inneren auch etwas mehr Platz ist. Was mir auch aufgefallen ist, sind die Flachbildschirme , auf denen man den Streckenverlauf verfolgen kann.“
Und nicht nur das. Das Fahrgastfernsehen zeigt auch typische Hamburg-Motive wie die Alster, den Rathausmarkt und den Jungfernstieg ein. Das gefiel Stefanie Brücken aus der Nähe von Köln: „Als Touristin bekommt man so schon mal einen ersten Eindruck von der Stadt.“
Livemusik als Premieren-Überraschung
Neu sind auch die Armlehnen an den Sitzplätzen zum Gang und Mehrzweckbereiche mit Platz für Rollstühle und Kinderwagen sowie Fahrräder.
Was allerdings nicht zum Standard in den neuen Zügen gehört, ist die Live-Musik an Bord: Die A-Capella-Gruppe Voicebusters war nur für die Premierenfahrt gebucht worden und sorgte für Furore. Die Fahrgäste machten mit ihren Smartphones Videos und Fotos von den Musikeinlagen der vier Sänger in schwarzen Anzügen. Eine ältere Dame sagte beim Aussteigen an der Haltestelle Mittlerer Landweg: „Wenn S-Bahn fahren doch jeden Tag so unterhaltsam wäre.“
Die S-Bahn Hamburg – ein Tochterunternehmen der Deutschen Bahn – verzeichnet jedes Jahr eine größere Nachfrage. 2017 waren es schon rund 280 Millionen Fahrgäste. Auch deshalb mussten insgesamt 72 neue Fahrzeuge bestellt werden. Während der Einführung der Baureihe 490 werden allerdings die Züge vom Typ 472 aus dem Betrieb genommen. Danach stehendem Verkehrsunternehmen noch 20 Fahrzeuge mehr als bisher zur Verfügung.