Hamburg. Umstrittene Computer-Durchsuchung: Beamte werden aufgefordert, im Streit mit der Pflege-Initiative vorsichtig zu sein.

Die Durchsuchung und das Lesen auch privater Mails eines Mitarbeiters der Gesundheitsbehörde wird nun auch von der CDU kritisiert. „Die Durchsuchung privater Mails und des Computers sind sehr drakonische Maßnahmen“, sagte CDU-Gesundheitspolitikerin Birgit Stöver dem Abendblatt am Montag. „Sie müssen absolut letztes Mittel bleiben. Zudem muss der Verdacht bereits sehr konkret sein. Mein Eindruck ist, dass man hier über das Ziel hinausgeschossen ist. Wir werden im Gesundheitsausschuss genau nachfragen, wie es dazu kommen konnte.“

Wie berichtet, hatte Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) den Rechner, Dokumente und Mailverkehr des Mitarbeiters Axel Hopfmann durchsuchen lassen.

Cornelia Prüfer-Storcks, Senatorin der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz
Cornelia Prüfer-Storcks, Senatorin der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz © Pressebild.de/Bertold Fabricius

Hopfmann, der sich privat für die aktuelle Volksinitiative für eine bessere Pflege in Hamburger Kliniken engagiert, soll den Dienstrechner während der Arbeitszeit über das zugelassene Maß hinaus privat genutzt haben – für die Organisation und Unterstützung der Volksinitiative. In einer nach Paragraf 94 des Personalvertretungsgesetzes zwischen Arbeit­gebern und Gewerkschaften abgeschlossenen Vereinbarung sind „gelegentliche Nutzungen für private Zwecke ... zugelassen, sofern dadurch dienstliche Belange nicht verletzt werden“.

Ausspähaktion wird überprüft

Die Ausspähaktion wird derzeit vom Hamburger Datenschutzbeauftragten überprüft und wurde von den Linken, Ver.di, aus der SPD und von einem unabhängigen Rechtsexperten scharf kritisiert. Der Betroffene will heute über eine Klage entscheiden.

Dabei geht es für die Gesundheitssenatorin um mehr als um mögliche Verstöße eines Mitarbeiters gegen Nutzungsregelungen für PC. Der Umgang mit der Volksinitiative ist für sie heikel. Prüfer-Storcks sieht sich selbst als Vorkämpferin für bessere Pflege. Dass sie von der erfolgreichen Initiative (30.000 Unterschriften in drei Wochen) links überholt wird, schmeckt ihr gar nicht. Zumal sie eigentlich als Gesundheitsministerin einer Großen Koalition nach Berlin wollte.

Prüfer-Storcks‘ Kernthemen

Doch den Hamburger Platz am Kabinettstisch hat Olaf Scholz eingenommen, der Prüfer-Storcks einst nach Hamburg holte. Zudem hat Scholz-Nachfolger Peter Tschentscher in seiner Regierungserklärung einen Krankenhausneubau in Altona angekündigt, bessere Pflege versprochen und eine dezentrale Pflege und medizinische Versorgung für Ältere in den Stadtteilen als Leitbild propagiert. Das sind eigentlich Prüfer-Storcks‘ Kernthemen.

Dem Abendblatt liegen interne Mails aus der Gesundheitsbehörde vor, die zeigen, wie heikel der Umgang mit der Pflege-Initiative ist. Da ist von enger Abstimmung der Behörden die Rede, um den aufbegehrenden Bürgern den Wind aus den Segeln zu nehmen. Da sollen Punkte „argumentativ ausgebaut“ werden. Und: „Aus gegebenem Anlass möchte ich bitten, die Vorarbeiten und Stellungnahmen nicht im gemeinsamen Laufwerk zu speichern.“ Heißt: Die Behörden sind sich bewusst, dass es „Maulwürfe“ gibt, oder wollen den Kampf gegen die Pflege-Initiative als Verschlusssache behandeln.

Nicht finanzierbare Forderungen

Prüfer-Storcks hatte sich selbst für sogenannte Personaluntergrenzen im Krankenhaus für bestimmte Stationen starkgemacht. Sie saß in einer Expertenkommission. Auf Bundesebene sollen Krankenhäuser und Krankenkassen festlegen, wie die Mindestanzahl von Pflegern in einigen Bereichen sein soll. Der Pflege-Initiative wirft die Prüfer-Storcks-Behörde nun vor, ihre Forderungen gingen zu weit, seien nicht finanzierbar und rechtlich bedenklich.

Die Opposition schlachtet die Situation genüsslich aus. CDU-Gesundheitsexpertin Stöver sagte kürzlich: „Jahr um Jahr haben sich Gesundheitssenatorin Prüfer-Storcks und die SPD eingeredet, Hamburg säße bei den städtischen Krankenhausinvestitionen an dem Platz an der Sonne. Die landeseigenen Fördergelder für die Kliniken in unserer Stadt liegen in Wahrheit deutlich unter dem Niveau von 2010. Sind dieses Jahr nur noch 95 Millionen Euro für städtische Krankenhausinvestitionen veranschlagt, waren es im letzten CDU-Regierungsjahr 2010 noch rund 109 Millionen Euro.“

Hamburger Gelder reichen nicht

Die Krankenhäuser sagen seit Jahren, dass sie selbst Millionen in die Hand nehmen müssten, weil die Hamburger Gelder nicht reichten. Klinik-Investitionen müssen von den Ländern kommen. „Die unmittelbare Konsequenz ist, dass für Operationen und Therapien von den Krankenkassen zur Verfügung gestellte Gelder von den Kliniken notgedrungen für Investitionen zweckentfremdet werden“, so CDU-Politikerin Stöver, „Die Pflegepersonalnot hängt hiermit unmittelbar zusammen.“