Hamburg . Im Zug kostenlos schminken lassen: Was sich die Deutsche Bahn und die Kosmetikkette Douglas von ihrer Kooperation versprechen.
Im rollenden Schönheitssalon sitzt man auf schwarzen Polstern. Statt Laptop, Kaffeebecher oder Brotdose sind auf dem Tisch in Waggon 12 des ICE nach Berlin Gesichtstinkturen, Rougedöschen, Pinsel und andere Schminkutensilien arrangiert. An der Tür steht kein Schaffner, sondern eine Mitarbeiterin der Parfümeriekette Douglas.
Es ist kurz nach 10 Uhr auf dem Bahnhof Altona. Kurz zuvor ist der erste Douglas Beauty-ICE eingefahren – auf die Minute pünktlich und begleitet von einem glitzernden Konfetti-Regen. Die Deutsche Bahn und der Kosmetikhändler feiern den Start ihres Kooperationsangebots. Schöner reisen, im Wortsinn.
„Beauty-Expertise“ zum Kunden bringen
Bislang lesen Reisende auf langen Bahnfahrten, sie arbeiten, telefonieren, schauen Filme oder schlafen. Von jetzt an können sie sich im Zug auch eincremen und pflegen lassen – kostenlos und ohne Anmeldung. „Mit dem Angebot bringen wir unsere Beauty-Expertise und unsere Services dahin, wo die Kunden sind“, schwärmt Douglas-Chefin Tina Müller.
Die Vision der Vielreiserin: „Am Ziel ankommen und mit perfektem Make-up aus dem Zug steigen.“ In knapp vier Monaten haben die Partner das Projekt umgesetzt. Für Michael Peterson, Marketingvorstand DB Fernverkehr, ist eine Verbesserung des Serviceangebots für die Passagiere, „mit dem sie noch entspannter ihr Ziel erreichen und die Reisezeit optimal für sich nutzen können“. Der Kosmetikservice, betont er, richte sich gleichermaßen an Frauen und Männer.
Augen schminken ist im Beauty-ICE verboten
Während der Beauty-ICE auf seiner Premierenfahrt durch Hamburg rollt, können die ersten Kunden die neuen Kosmetikabteile testen. Die Reise geht nach Berlin, wo am Abend der Deutschen Parfümpreis „Duftstars“ verliehen wird. An Bord sind einige bekannte Gesichter, wie die Moderatorinnen Susan Atwell und Janin Ullmann sowie Schauspieler Jochen Schropp, Social-Media-Akteure und viele nichts ahnende Bahnfahrer. Gemeinsam mit Partnern aus der Kosmetikindustrie werden Reinigungs- und Pflegebehandlungen, Make-up-Auffrischungen, Hautanalysen und Express-Typberatungen angeboten. Zeitvorgabe: 15 bis 20 Minuten.
Nur die Augen schminken dürfen die Beauty-Artists nicht – das ist wegen möglicher Bremsungen zu gefährlich. Produkte werden nicht verkauft. Sie können aber natürlich im Douglas-Online-Shop bestellt werden – wenn das Bahn-WLAN funktioniert.
Douglas-Chefin Müller sitzt als eine der ersten Probe
An diesem Mittwoch ist die Douglas-Vorstandsvorsitzende Müller eine der ersten, die in einem der Beauty-Abteile Probe sitzt. Sichtbar gut gelaunt lächelt sie neben Bahn-Vorstand Peterson in die Kameras der Fotografen. Die Kooperation ist ihre Idee und zahlt auf ihre Mission ein, den Kosmetikkonzern zu modernisieren. Schon mehrfach hat die 49-jährige Marketing-Expertin mit ungewöhnlichen Aktionen Aufsehen erregt. Zuletzt mit der Kampagne „Umparken im Kopf“, bei der sie geschickt mit den Vorurteilen gegen ihren vorherigen Arbeitgeber Opel spielte.
Auch jetzt hatte schon die Ankündigung für die Zusammenarbeit mit der Deutschen Bahn im November für Schlagzeilen gesorgt. Lästereien wie von TV-Moderator Jan Böhmermann konterte Müller schlagfertig: „Wenn Herr Böhmermann kommt, schneide ich ihm gerne die Fußnägel und mache ihm noch ein schönes Make-up dazu.“ Klar ist, Douglas will weitere Gemeinschaftsprojekte starten. Müller bestätigte Gespräche mit Verkehrsunternehmen. Namen wollte sie nicht nennen.
Markenkooperation liegen im Trend
Kooperationen von bekannten Marken liegen im Trend. „Es ist seit Jahren ein Trend, dass sich Unternehmen zu Markenkooperationen zusammentun, um zusätzliche Services anzubieten oder ihr Image zu stärken und zu ergänzen“, sagt Henrik Sattler, Professor für Marketing an der Universität Hamburg.
Ob das funktioniert, hänge davon ab, inwiefern das Angebot zusammenpasst. In diesem Fall ergänzten sich die Partner. Dazu kommt der Überraschungseffekt. Für Douglas biete das Angebot die Möglichkeit, neue Zielgruppen anzusprechen. Die Bahn punkte mit dem Service-Aspekt. „Es ist jetzt allerdings unbedingt zu beachten, dass sie andere Bereiche wie Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit nicht vernachlässigt“, so der Marketing-Experte.
Beauty-ICE fährt auch zum Dockville-Festival
Dass diese Kritik kommt, sieht auch Bahnvorstand Peterson. „Ja, es gibt andere Probleme“, sagt er und verspricht, dass an der Qualitätsverbesserung gearbeitet werde. „Das eine zu tun, bedeutet nicht, das andere zu lassen. Erst mal rollt der Beauty-ICE nur in der Pilotphase. „Wir wollen die Nachfrage testen“, sagt DB-Marketingchef Peterson.
Geplant ist der Einsatz bislang für Fahrten zur Fête de la Musique und zur Fashion Week in Berlin, zum Dockville-Festival in Hamburg und zum Oktoberfest in München. Es werde darauf geachtet, dass nur Verbindungen gewählt werden, die nicht voll ausgebucht sind, heißt es bei der Bahn. Die Behandlungseinheiten sollen keine Plätze blockieren, die für Fahrgäste gebraucht werden. Informationen darüber, wann der Beauty-ICE fährt, gibt es auf der DB-Internetseite.