Hamburg. 3000 Passagiere begeben sich nun auf Fahrt von Hamburg nach Helgoland. Wie die Gäste das Kreuzfahrtschiff erkunden.

Was wollen Menschen auf einem Kreuzfahrtschiff? Wollen sie grenzenlose Entspannung in sprudelnden Whirlpools? Wollen sie das Versprechen von Luxus und Elite, wie es nur ein Schiff ihnen zu geben vermag? Oder wollen sie sich möglichst viele Gambas auf den Teller schaufeln, um danach zu schauen, wie viel Schokoeis noch in den Magen passt?

Nein, sie wollen: Sport. „Wir haben festgestellt, dass die Gäste unserer Schiffe die Sportbereiche von Reise zu Reise intensiver genutzt haben“, sagt Wybcke Meier. Sie muss es wissen. Denn Meier ist Geschäftsführerin des Hamburger Kreuzfahrtunternehmens TUI Cruises. Am Freitagabend stand die Taufe der neuen „Mein Schiff 1“ im Rahmen des Hafengeburtstags auf dem Programm.

Die Olympia-Siegerinnen Kira Walkenhorst (l.) und Laura Ludwig taufen die
Die Olympia-Siegerinnen Kira Walkenhorst (l.) und Laura Ludwig taufen die "Mein Schiff 1" © Tui Cruises | Franziska Krug

Taufpatinnen vor der eindrucksvollen Kulisse des Burchardkais waren die Beachvolleyball-Olympiasiegerinnen Kira Walkenhorst und Laura Ludwig. Das Schiff hat Platz für knapp 3000 Gäste und ist nach Reedereiangaben nicht nur schöner und besser, sondern auch sportlicher.

Hanteln, Elektrosensoren und 3-D-Brille

„Nirgendwo sonst ist ein Fitnessstudio so nah wie auf einem Kreuzfahrtschiff“ ist ein weiterer Satz, den Meier häufig sagt. Im Sportbereich des Schiffs können Gäste nicht nur mit Blick aufs Meer Hanteln heben, sondern auch ihren Bizeps mit Elektrosensoren stimulieren oder eine 3-D-Brille aufsetzen und sich in eine Vorrichtung knien. Das wirkt dann, als würden sie fliegen, und trainiert nebenbei die Bauchmuskeln.

Die blaue Laufstrecke ist 438 Meter lang und führt fast einmal um das ganze Schiff herum. „Wenn man will, kann man hier auch einen Marathon laufen“, sagt Meier. „Das wären 96 Runden.“ Damit die Läufer den anderen Gästen aber nicht in die Quere kommen, ist die Strecke jeweils nur morgens und nachmittags für zwei Stunden geöffnet. Selbst der Weltrekord liegt knapp darüber.

Tui-Cruises-Chefin Wybcke Meier und Kapitän Kjell Holm
Tui-Cruises-Chefin Wybcke Meier und Kapitän Kjell Holm © Andreas Laible | Andreas Laible

Die Menschen wollen aber nicht nur Sport machen, sondern auch essen. Viel essen. 15 Bars und zwölf Restaurants gibt es, das Büfettrestaurant ist länger als 100 Meter. Das meiste davon ist „all inclusive“, die einzige Option, die Buchende haben. Aber manches kostet extra.

„Premium All Inclusive“ – weil es nur Markengetränke gibt

Eine Frau mit Kleid und Brille steht am Nachmittag vor der Taufzeremonie auf Deck fünf, das den Namen „Pier“ trägt und zwischen den Decks „Seestern“ und „Boje“ liegt. Die Hacken ihrer Schuhe versinken fast im dunkelgrauen Teppichboden. Sie zeigt nach rechts, dort ist das Surf’n’Turf, ein Steakrestaurant, für das die Gäste bezahlen müssen und das es auch auf den anderen Schiffen von TUI Cruises gibt.

„Ich glaube, wenn wir das irgendwann mal weglassen würden, gäbe es einen riesigen Aufschrei bei unseren Gästen“, sagt sie. Hinter ihr balanciert ein Mann mit Jeans und Hemd ein Tablett. Vor ihm stehen zwei Gäste, das Essen interessiert sie. „Barschfilet auf Couscous, oder Schulterstück vom Iberico-Schwein?“, fragt er. Die beiden greifen sich ein Stück Schulter.

Essen mit Ausblick: Gäste bei der Tauffahrt
Essen mit Ausblick: Gäste bei der Tauffahrt © Andreas Laible | Andreas Laible

Für die beiden, das Ehepaar Haudapp, ist es schon die zehnte Kreuzfahrt. Auch auf der Taufe eines anderen TUI-Schiffes waren sie schon. Diese Tauffahrt führt Richtung Helgoland. Was sie so fasziniert? „Wir haben immer unser Zimmer dabei“, sagt Roland Haudapp. „Und der Luxus.“ Luxus mögen die Kreuzfahrtgäste, selbst die günstigste Buchoption auf der „Mein Schiff 1“ heißt nicht „All Inclu­sive“, sondern „Premium All Inclusive“. Eine Mitarbeiterin sagt, wieso: „Weil wir nur Markengetränke verwenden.“

2,19 Millionen Deutsche waren 2017 auf Kreuzfahrt

Laut Wybcke Meier gibt es aber auch etwas, das speziell die deutschen Gäste bei Kreuzfahrten wollen: „Balkone.“ 80 Prozent der Kabinen auf der „Mein Schiff 1“ haben einen Außenbereich. Noch vor wenigen Wochen lag die „Mein Schiff 1“, in der Meyer-Werft im finnischen Turku. Dort wurde sie gebaut. Am 25. April machte sie sich auf nach Kiel, von wo sie zu einer kurzen Fahrt mit Freunden und Verwandten des Personals startete.

Am 29. April sammelte sie in Kiel die ersten Gäste ein: „Vorfreude-Fahrt“ nennt TUI das, die Gäste schipperten durch die Ostsee. Vom 4. Mai bis vergangenen Sonntag nahm TUI Cruises dann Mitarbeiter von Reisebüros mit auf eine Reise. Seitdem ist die „Mein Schiff 1“ in Hamburg.

Die Deutschen wollen Balkone, heißt es bei Tui Cruises
Die Deutschen wollen Balkone, heißt es bei Tui Cruises © Andreas Laible | Andreas Laible

Leerfahrten wollen die Kreuzfahrtgesellschaften vermeiden. Sie müssen wissen, was die Gäste wollen. All das müssen sie heute penibel planen, denn jedes Jahr kommen mehr: 2,19 Millionen Deutsche waren es laut dem Deutschen Reiseverband im vergangenen Jahr. Ein weltweiter Trend.

Wenn man Kjell Holm fragt, was sein schönster Moment auf einem Kreuzfahrtschiff war, hat seine Antwort nichts mit Planung zu tun. Sondern mit Zufall. Holm ist seit 1977 Kapitän. Der Finne steuert die „Mein Schiff 1“. „Auf einer Rückfahrt von Spitzbergen im Jahr 2009 hatten wir zu viel Zeit und fuhren zu einem Fjord. Dort war alles nebelig, im Wasser lag Polareis. Das haben wir mit einem Gummiboot an Bord geholt und in die Gläser gelegt. Weil Polareis so dicht ist, hat es im Glas so schön geknackt. Das wäre heute nicht mehr möglich“, sagt Holm.